Zwanzig Selbstmorde in fünf Jahren. Meist sind es junge Frauen, die sich auf bizarre Art das Leben nehmen. Nicht nur die Polizei vermutet, dass irgendetwas an der ehrwürdigen Universität Cambridge nicht mit rechten Dingen zugeht. Nun soll sich DC Lacey Flint im Auftrag ihres Vorgesetzten Mark Joesbury als verletzlich-depressive Studentin ausgeben und den Lockvogel spielen. Als sie schließlich unter denselben Albträumen leidet, von denen die jungen Frauen in den Tod getrieben wurden, weiß Lacey: Sie soll das nächste Opfer sein.
Originaltitel: Dead Scared |
Die Grundidee der Handlung
Lacey Flint soll in den Undercover-Einsatz und das passt ihr überhaupt nicht. Wieder Studentin und noch dazu in Cambridge? Aber ihrem Vorgesetzten zuliebe nimmt sie an und bezieht das Zimmer einer Studentin, die sich kurz zuvor angezündet hat und nun mit schwersten Verbrennungen im Krankenhaus liegt. Sie ist die vorerst letzte in einer Reihe von gehäuft auftretenden Selbstmord(versuch)en, die in ihrer Ausführung derart bizarr sind, dass die Polizei aufmerksam geworden ist. Schnell merkt Lacey, dass etwas ganz und gar nicht stimmt in der ehrwürdigen Universitätsstadt. Trotz des Verbots, selbst zu ermitteln, tut sie genau das und gerät so ins Visier derjenigen, die anscheinend mehr über die geheimnisvollen Selbstmorde wissen.
Die Grundidee dieses Thrillers ist so neu nicht, aber mich hat an der Geschichte vor allem gereizt, dass Sharon Bolton sie geschrieben hat, von der ich bisher nur Gutes gelesen habe. Vor allem Bluternte hat mich seinerzeit begeistert und so fiel es leicht, sich auf diese auf den ersten Blick recht durchschaubare Story einzulassen. Und bis auf wenige Details hat es sich gelohnt, der Plot ist spannend bis zum Schluss und so bietet Dead End ein paar wirklich gute Lesestunden.
Stil und Sprache
Sharon Bolton beginnt diesen Thriller mit einem Paukenschlag, nämlich einem Prolog, der in der Zukunft spielt und Lacey zeigt, wie sie im Begriff ist, sich umzubringen. Dann, nach nur zwei Seiten, springt sie 11 Tage zurück und beginnt eher geruhsam mit Lacey, die in einem Pub mit Mark Joesbury verabredet ist. Lacey erzählt dabei als Einzige in der Ich-Form, was sie einem direkt nahe bringt, alle anderen Figuren verwenden die dritte Person für ihre Erzählparts. Was in einige Szenen etwas schräg wirkt, wenn Lacey zwar vorkommt, aber nicht selbst erzählt und dann auf einmal auch von ihr in der dritten Person geschrieben wird. Aber so gelingt es Sharon Bolton, von Anfang an eine gewisse Dynamik ins Spiel zu bringen und die ganze Geschichte gewinnt recht schnell an Fahrt. Und das, obwohl die Autorin durchaus Sinn für Details entwickelt und etliche Szenen sehr sorgfältig und mit vielen Einzelheiten ausgeschmückt schildert. Gleichzeitig ist sie aber sprachlich nicht so anspruchsvoll, dass man sie nicht leicht und locker lesen könnte, also ziemlich perfekt ausbalanciert.
Die Story wirkt auf den ersten Blick relativ durchschaubar, schnell ist klar, dass die gehäuften Selbstmorde kein Zufall sind und irgendjemand die Betroffenen manipuliert und in den Tod treibt. Was genau aber hinter allem steckt, das erweist sich doch als recht verwickelt und vor allem spannend. Nachdem die Spannung kontinuierlich aufgebaut wurde, löst sich allerdings alles ziemlich plötzlich auf und ich hätte mir erstens ein etwas weniger konstruiert wirkendes Ende gewünscht und zweitens ein paar Antworten auf Fragen, die im Laufe der Geschichte aufgeworfen wurden. Das ist aber auch das einzige, was ich an diesem Thriller zu bemängeln habe.
Figuren
Lacey Flint könnte einigen Sharon Bolton-Fans schon aus Dunkle Gebete bekannt sein, dort hat sie ihren ersten Auftritt und darauf wird auch immer wieder angespielt. So weiß man – ohne Dunkle Gebete zu kennen – nicht allzu viel über sie und muss mit Andeutungen zu ihr und Mark Joesbury leben. Interessant ist dabei besonders ihr Undercover-Einsatz als schüchtern-depressive Studentin, denn dafür muss sie sich sehr verstellen und in Stresssituationen bricht dann die echte Lacey in ihr durch, die allerdings gelegentlich für eine Polizistin erstaunlich naiv agiert.
Spannend ist auch der Auftritt von Dr. Evi Oliver, die bereits in Bluternte eine Hauptrolle hatte und hier auch keinen unwesentlichen Part innehat. Solche Cross-Over-Geschichten gefallen mir ja, zumindest wenn es – wie hier – zur Geschichte passt. Mark Joesbury als Laceys Chef und unerreichbarer Schwarm hat allerdings nur eine Nebenrolle, ebenso wie viele andere auch, aber eines verbindet alle Figuren: Sie sind gut ausgedacht und authentisch dargestellt.
Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover ein typisches Thriller-Motiv: einen Schmetterling, dem ein Flügel ausgerissen wurde. Sowohl der Titel als auch der Schmetterling sind in Spotlack ausgeführt und leicht erhaben geprägt. Innen gibt es zu Beginn eine grob skizzierte Karte vom Zentrum von Cambridge und dann einen kurzen Prolog, der auf das Finale verweist. Die darauf folgenden Kapitel sind dann quasi rückschauend datiert, also „Freitag, 11. Januar (vor 11 Tagen)“ und arbeiten sich so bis zum wirklichen Finale vor.
Fazit
Dead End basiert auf einer spannenden Grundidee, die zwar relativ durchschaubar erscheint, aber dennoch einige Wendungen zu bieten hat. Wegen der nicht ganz befriedigenden Auflösung und dem etwas plötzlichen Schluss gibt es allerdings keine volle Punktzahl von mir. Trotzdem lesenswert!
Hinweise
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Backlist:
Band 1: Dunkle Gebete