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Pierre Arthens, ein maßloser Gourmet und renommierter Restaurantkritiker, liegt im Sterben. Seine letzten Lebenskräfte verwendet er für die Suche nach dem absoluten Geschmack. Seine Lebensgefährtinnen, seine Freunde, seine Neider und Untergebenen erinnern sich an Begegnungen und Gespräche mit dem Monarchen der Kritik. Er selbst unternimmt eine Reise zurück in Küchen, in Kräutergärten und Weinkeller, zu Gerüchen und Geschmäckern - immer auf der Suche nach der wahren und letzten Delikatesse seines Lebens. Muriel Barbery inszeniert in ihrem ersten Roman das vielstimmige Porträt eines Genussmenschen. Fein verwoben erzählt sie die empfindsame Geschichte einer Liebe, die von der Opulenz zurück zur Ursprünglichkeit führt. Ein Lesevergnügen nicht nur für Feinschmecker!

 

  Autor: Muriel Barbery
Verlag: dtv
Erschienen: 05/2009
ISBN: 978-3-423-13759-1
Seitenzahl: 156 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Pierre Arthens, erfolgreicher Restaurantkritiker, ist dabei, seine letzten Atemzüge zu machen. Das Herz des Achtundsechzigjährigen macht nicht mehr mit. Anstatt sich von dem Leben und seinen Wegbegleitern zu verabschieden, jagt er in Gedanken der letzten vollkommenen Delikatesse hinterher, dem besten Geschmack seines Lebens. Dafür bleiben ihm 48 Stunden Zeit. Der Leser wird mitgenommen auf die Erinnerungsreise des Gourmets zum Kräutergarten seiner Tante, zu den Köstlichkeiten der großmütterlichen Küche, auf alte Bauernhöfe und in Restaurants.


Stil und Sprache
Pierre Arthens schwelgt als Ich-Erzähler vom Geschmack des Whiskys, des Eis‘, der Mayonnaise und erinnert sich an den einfachen aber erhabenen Genuss des Brotes. Neben diesen Sequenzen aus der Sicht des Restaurantkritikers kommen - ebenfalls in der ersten Person - die Menschen zu Wort, die Arthens Leben begleitet haben. Seine Kinder, seine Frau Anna, sein Arzt und Freund, seine Geliebte, sein Kritikerzögling, seine Concierge.
Jeweils in abgetrennten Kapiteln wechselt die Perspektive von Pierre Arthens zu einem anderen Erzähler. Durch die klar strukturierte kapitelweise Trennung, gelingt es dem Leser mühelos, von einer Erzählperspektive in die nächste zu springen. Zudem ist vor jedem Kapitel der Ort des Geschehens angegeben, was ebenfalls zur leichteren Orientierung beiträgt.
Durch dieses Springen zwischen dem Rückblick des Sterbenden und den Personen, die ihn gekannt, geliebt oder gehasst haben, gelingt es der Autorin, die unterschiedlichsten Blickwinkel auf den Hauptprotagonisten zuzulassen. Dies macht die Hauptfigur, sowie den ganzen Roman unheimlich vielschichtig und interessant.

Muriel Barberys Sprachstil ist opulent, gespickt mit Adjektiven und langen Passagen der Beschreibung. Detailversessen und minutiös wird dem Leser vom Schlemmen und Kochen berichtet. Der Roman erinnert an das Buch "Das Parfum", entgegen diesem Meisterwerk, in dem ausführlich der Geruch beschrieben wird, wird hier der Geschmack von Gerichten dargestellt, dass man meinen könnte, man koste gerade eben diese Delikatesse selbst auf der Zunge. Dies ist der Autorin grandios gelungen. Ihre Sätze ziehen sich dabei schon einmal über eine halbe Seite hin, ohne dass die Sprache oder der klare Ausdruck darunter leiden würde. Im Gegenteil, dieser schwere, getragene Schreibstil passt ganz vorzüglich zu dem Ambiente, das ein französisches Mahl mit sich bringt.


Figuren
Der ganze Aufbau des Romas trägt - wie bereits angedeutet - dazu bei, dass der Leser vielschichtige Eindrücke der Hauptfigur erhält. Daneben bleibt dem Leser allerdings genügend Raum, eigene Interpretationen über diesen schwierigen Mann anzustellen. Großartig gelingt es der Autorin dabei, den Leser "bei der Stange zu halten", obwohl der ganze Roman von dem Leben einer Hauptfigur handelt, die man nicht gerade als Symphatieträger bezeichnen kann. Pierre Arthens wird von seinen Kindern wegen seiner Gleichgültigkeit, Nichtbeachtung und Arroganz gehasst, von seiner Frau trotz aller Demütigungen und aller Kommunikationslosigkeit aufopferungsvoll geliebt. Sogar sein Kater Rick kommt hier zu Wort, einer der wenigen Nebenprotagonisten, die dem alten Herrn angenehme Gefühle entgegenbringt.
Auch alle diese Nebenfiguren sind überzeugend skizziert, obwohl sie teilweise nur auf ein paar Romanseiten in Erscheinung treten. Sie dienen dazu, über ihre Beziehung zu dem Kritikerpapst und kleine Anekdoten, weitere Charakterisierungen des Protagonisten zu liefern.
Spätestens an der Stelle, an der Pierre Arthens von sich sagt: "Die einzige Vaterschaft, zu der ich mich bekenne, ist das Werk" und damit die Gleichgültigkeit zu seinen drei Kindern zum Ausdruck bringt, scheint der Leser endgültig das Richtbeil über Arthens gefällt zu haben. Dennoch, dies tut der Spannung keinen Abbruch, will man doch erfahren, was dieser kaltherzige Mensch und Familiendespot als den vollkommenen Genuss bezeichnet.


Aufmachung des Buches
Das dtv-Taschenbuch ist schön gestaltet. Auf dem rosé-farbenen Buch sieht man den schwarzen Schatten eines festlich gedeckten Tisches, der wie ein Scherenschnitt wirkt. Diese Aufmachung passt gut zum Titel des Romans und bringt den Leser auf den ersten Blick mit dem Thema des Buches in Berührung.


Fazit
Wie Barberys zweiter Roman, "Die Eleganz des Igels", ist dieses Buch ein literarisches Meisterwerk. Auch hier ist absoluter Hochgenuss garantiert. Allerdings sollte man sich nur gut gesättigt an die Lektüre machen. Die ausführlichen, fein nuancierten Beschreibungen der überwiegend französischen Küche lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen.
Eine Charakterstudie vom Feinsten, gewürzt mit einer wundervoll literarischen Sprache. Einfach einzigartig.


5 Sterne


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