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Punpuns Leben steht Kopf:
Grundschüler, männlich, vorpubertär. Als sei das nicht schon Herausforderung genug, helfen ihm die Gewaltausbrüche seines Vaters und seine labile Mutter auch nicht weiter. Punpun merkt schnell, dass er sich allein um sein Seelenheil kümmern muss. Seine kindliche Unbefangenheit und der Wunsch nach weisem Verständnis lassen Punpun groteske Situationen durchleben.

Ein verstörender und aufwühlender Blick in die Welt eines träumenden Vogels.

 

Gute Nacht Punpun 2  Originaltitel: Yasumi Punpun vol. 2
Autor: Inio Asano
Übersetzer: Sakura Ilgert
Illustration: Inio Asano
Verlag: Tokyopop
Erschienen: 06/2013
ISBN: 978-3-8420-0688-1
Seitenzahl: 208 Seiten
Altersgruppe: ab 15 Jahre (Verlagsempfehlung)


Die Grundidee der Handlung
Punpun fühlt sich zunehmend allein. Vor seiner Freundin Aiko bekommt er zunehmend Angst und entfremdet sich trotz seiner Liebe von ihr, seine selbstmordgefährdete Mutter macht ihr Desinteresse an ihrem Sohn deutlich, und sein Vater darf sich ihm aufgrund der laufenden Scheidung eigentlich nicht nähern. Für einen jungen Vogel wie Punpun viel zu große Sorgen, die seine Gefühlswelt durcheinander wirbeln und ihn zugleich mehr und mehr isolieren.

Der zweite Band setzt die dramatischen Familienverhältnisse – die in einer Gesellschaft, in der Scheidungen Gang und Gäbe sind, so oder ähnlich sehr viele Kinder betreffen – von Punpun fort. Man leidet und fühlt mit ihm mit, und ob Punpun nun ein humanoid ausgestalteter Vogel in einer Menschenwelt oder vielleicht auch ein Kind mit einer stark verschobenen Selbstwahrnehmung ist, muss jede Leser für sich entscheiden.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Der japanische Manga liest sich – ganz nach asiatischem Stil – von hinten nach vorne. Dabei verzichtet er auf eine Wiedereinführung der Charaktere oder einem Überblick zu Band 1, stattdessen setzt er mit Kapitel 13 nahtlos dort an, wo die Geschichte zuvor geendet ist.

Inio Asano beeindruckt erneut mit seinem sehr klaren, realistischen und extrem detaillierten Stil, mit dem er die Handlungsorte – im Inneren wie Äußeren von Gebäuden – auf dem Papier wiedergibt. Dabei wirken seine Zeichnungen so exakt, dass man nicht selten an Fotografien denken muss, die für den Manga umgearbeitet bzw. überzeichnet wurden. Die alten Stahltreppen, Stahlträger, Kabelbäume oder Maschinenteile in der verlassenen Fabrik wirken jederzeit echt und haben nur noch wenig comicartiges an sich, genauso überzeugend schaut es auch bei Punpuns Schule oder seinem Zuhause aus. Die Wolken über den Orten erscheinen ebenfalls fast schon realistisch.

Dieser klare und sehr an der Wirklichkeit orientierte Zeichenstil findet sich auch bei den Figuren wieder – sie sehen so aus, als könnten sie direkt aus dem wahren Leben stammen. Im Gegensatz zu vielen anderen Mangas erscheinen hier Kinder und Erwachsene nicht mit rundem, glatten Strich und durchweg schönen Gesichtern, sondern zeigen – auf sehr individuelle Art – die Menschen so, wie sie sind: mit teilweise unattraktiven Gesichtszügen, Zahnlücken oder den Falten des Alters, aber auch mit exzentrischen Verhaltensweisen, wie sie sich z.B. bei Onoderas Freund Yugami zeigen. Genauso ist auch schon mal ein Rotzfaden zu sehen, der sich länger und länger aus der Nase eines Kindes schlängelt. Die Charaktere, die Inio Asanos Geschichte bevölkern, sind also nicht immer gefällig, dafür aber umso überzeugender. Hierdurch schürt der Mangaka die bedrückende und deprimierende Atmosphäre noch umso nachhaltiger.
Aus dieser sehr feingliedrigen Form stechen Punpun, sein Onkel Onodera und seine Mutter umso krasser heraus, zumal es sonst keinen wie sie gibt. Mit sehr groben, ja sogar nur gekritzelt erscheinenden Darstellungen werden sie ins Leben gerufen; besonders deutlich wird der Unterschied noch bei Bildausschnitten, beispielsweise der Augenpartie. Hierdurch erhalten diese drei Charaktere – trotz ihrer Freundschaften und Kontakte – auch grafisch einen sozialen Außenseiterstatus, der zudem die Einsamkeit Punpuns betont. Fühlt er sich doch oft mit seinen verwirrenden Gedanken und Empfindungen alleingelassen. Ein weiterer Ausdruck dessen zeigt sich in der Tatsache, dass Punpun nie spricht – seine Gedankengänge und Gefühle werden, neben den Bildern, vor allem durch die Erzähltexte an den Leser weitergegeben. Ganz anders, aber ebenso ausnehmend stark kommen auch die Gefühle von Aiko zum Tragen – ihr Gesicht kann nicht nur Freude, sondern vor allem auch Traurigkeit und Enttäuschung sehr authentisch verdeutlichen.

Zuletzt bleibt noch die emotionale und gedankliche Welt von Punpun, die manchmal sehr verworren und in ihrer Abstraktheit nicht immer ganz einfach zu verstehen ist. Dem trägt der Mangaka in eigenartigen Bildern Rechnung. Punpuns Erinnerungen grenzen sich durch schwarze Randbegrenzungen der Bildflächen von den gegenwärtigen Handlungen ab. Während dieser Etappen folgt ein Bruchstück seiner Erinnerungen auf das nächste und ergeben einen etwas konfusen Ablauf.


Aufmachung des Manga
Der kräftig-türkise Umschlag des als Klappbroschur aufgelegten Taschenbuchs fällt sofort ins Auge – von der Farbgebung einmal abgesehen, ist die Gestaltung schlicht, das auf der Vorderseite nach außen geprägte Gesicht Punpuns fällt erst auf den zweiten Blick auf, was gut zu Punpuns von Einsamkeit geprägtem Selbstbild passt.


Fazit
Wie schon Band 1, bietet „Gute Nacht, Punpun“ keine unbeschwerte Unterhaltung, sondern den ernsten Kontext eines Dramas – eine aufrüttelnde Geschichte, erzählt aus der Perspektive eines mit seinen Problemen alleingelassenen Vogelkindes, die sich bedrückend liest. Inio Asanos realitätsbetonter Zeichenstil wird nicht jedem zusagen, passt aber sehr gut dazu.


4 5 Sterne


Hinweise
Diesen Manga kaufen bei: amazon.de

Backlist:
- Band 1

Gute Nacht, Punpun (Inio Asano); Band 2

 

Punpuns Leben steht Kopf:

Grundschüler, männlich, vorpubertär. Als sei das nicht schon Herausforderung genug, helfen ihm die Gewaltausbrüche seines Vaters und seine labile Mutter auch nicht weiter. Punpun merkt schnell, dass er sich allein um sein Seelenheil kümmern muss. Seine kindliche Unbefangenheit und der Wunsch nach weisem Verständnis lassen Punpun groteske Situationen durchleben.

 

Ein verstörender und aufwühlender Blick in die Welt eines träumenden Vogels.

 

Originaltitel: Yasumi Punpun vol. 2

Autor: Inio Asano

Übersetzer: Sakura Ilgert

Illustration: Inio Asano

Verlag: Tokyopop

Erschienen: 06/2013

ISBN: 978-3-8420-0688-1

Seitenzahl: 208 Seiten

Altersgruppe: ab 15 Jahre (Verlagsempfehlung)

 

Die Grundidee der Handlung

Punpun fühlt sich zunehmend allein. Vor seiner Freundin Aiko bekommt er zunehmend Angst und entfremdet sich trotz seiner Liebe von ihr, seine selbstmordgefährdete Mutter macht ihr Desinteresse an ihrem Sohn deutlich, und sein Vater darf sich ihm aufgrund der laufenden Scheidung eigentlich nicht nähern. Für einen jungen Vogel wie Punpun viel zu große Sorgen, die seine Gefühlswelt durcheinander wirbeln und ihn zugleich mehr und mehr isolieren.

 

Der zweite Band setzt die dramatischen Familienverhältnisse – die in einer Gesellschaft, in der Scheidungen Gang und Gäbe sind, so oder ähnlich sehr viele Kinder betreffen – von Punpun fort. Man leidet und fühlt mit ihm mit, und ob Punpun nun ein humanoid ausgestalteter Vogel in einer Menschenwelt oder vielleicht auch ein Kind mit einer stark verschobenen Selbstwahrnehmung ist, muss jede Leser für sich entscheiden.

 

Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung

Der japanische Manga liest sich – ganz nach asiatischem Stil – von hinten nach vorne. Dabei verzichtet er auf eine Wiedereinführung der Charaktere oder einem Überblick zu Band 1, stattdessen setzt er mit Kapitel 13 nahtlos dort an, wo die Geschichte zuvor geendet ist.

 

Inio Asano beeindruckt erneut mit seinem sehr klaren, realistischen und extrem detaillierten Stil, mit dem er die Handlungsorte – im Inneren wie Äußeren von Gebäuden – auf dem Papier wiedergibt. Dabei wirken seine Zeichnungen so exakt, dass man nicht selten an Fotografien denken muss, die für den Manga umgearbeitet bzw. überzeichnet wurden. Die alten Stahltreppen, Stahlträger, Kabelbäume oder Maschinenteile in der verlassenen Fabrik wirken jederzeit echt und haben nur noch wenig comicartiges an sich, genauso überzeugend schaut es auch bei Punpuns Schule oder seinem Zuhause aus. Die Wolken über den Orten erscheinen ebenfalls fast schon realistisch.

 

Dieser klare und sehr an der Wirklichkeit orientierte Zeichenstil findet sich auch bei den Figuren wieder – sie sehen so aus, als könnten sie direkt aus dem wahren Leben stammen. Im Gegensatz zu vielen anderen Mangas erscheinen hier Kinder und Erwachsene nicht mit rundem, glatten Strich und durchweg schönen Gesichtern, sondern zeigen – auf sehr individuelle Art – die Menschen so, wie sie sind: mit teilweise unattraktiven Gesichtszügen, Zahnlücken oder den Falten des Alters, aber auch mit exzentrischen Verhaltensweisen, wie sie sich z.B. bei Onoderas Freund Yugami zeigen. Genauso ist auch schon mal ein Rotzfaden zu sehen, der sich länger und länger aus der Nase eines Kindes schlängelt. Die Charaktere, die Inio Asanos Geschichte bevölkern, sind also nicht immer gefällig, dafür aber umso überzeugender. Hierdurch schürt der Mangaka die bedrückende und deprimierende Atmosphäre noch umso nachhaltiger.

Aus dieser sehr feingliedrigen Form stechen Punpun, sein Onkel Onodera und seine Mutter umso krasser heraus, zumal es sonst keinen wie sie gibt. Mit sehr groben, ja sogar nur gekritzelt erscheinenden Darstellungen werden sie ins Leben gerufen; besonders deutlich wird der Unterschied noch bei Bildausschnitten beispielsweise der Augenpartie. Hierdurch erhalten diese drei Charaktere – trotz ihrer Freundschaften und Kontakte – auch grafisch einen sozialen Außenseiterstatus, der zudem die Einsamkeit Punpuns betont. Fühlt er sich doch oft mit seinen verwirrenden Gedanken und Empfindungen alleingelassen. Ein weiterer Ausdruck dessen zeigt sich in der Tatsache, dass Punpun nie spricht – seine Gedankengänge und Gefühle werden, neben den Bildern, vor allem durch die Erzähltexte an den Leser weitergegeben. Ganz anders, aber ebenso ausnehmend stark kommen auch die Gefühle von Aiko zum Tragen – ihr Gesicht kann nicht nur Freude, sondern vor allem auch Traurigkeit und Enttäuschung sehr authentisch verdeutlichen.

 

Zuletzt bleibt noch die emotionale und gedankliche Welt von Punpun, die manchmal sehr verworren und in ihrer Abstraktheit nicht immer ganz einfach zu verstehen ist. Dem trägt der Mangaka in eigenartigen Bildern Rechnung. Punpuns Erinnerungen grenzen sich durch schwarze Randbegrenzungen der Bildflächen von den gegenwärtigen Handlungen ab. Während dieser Etappen folgt ein Bruchstück seiner Erinnerungen auf das nächste und ergeben einen etwas konfusen Ablauf.

 

Aufmachung des Manga

Der kräftig-türkise Umschlag des als Klappbroschur aufgelegten Taschenbuchs fällt sofort ins Auge – von der Farbgebung einmal abgesehen, ist die Gestaltung schlicht, das auf der Vorderseite nach außen geprägte Gesicht Punpuns fällt erst auf den zweiten Blick auf, was gut zu Punpuns von Einsamkeit geprägtem Selbstbild passt.

 

Fazit

Wie schon Band 1, bietet „Gute Nacht, Punpun“ keine unbeschwerte Unterhaltung, sondern den ernsten Kontext eines Dramas – eine aufrüttelnde Geschichte, erzählt aus der Perspektive eines mit seinen Problemen alleingelassenen Vogelkindes, die sich bedrückend liest. Inio Asanos realitätsbetonter Zeichenstil wird nicht jedem zusagen, passt aber sehr gut dazu.

 

4,5 Sterne

 

Hinweise

Diesen Manga kaufen bei: amazon.de

http://www.amazon.de/dp/3842006888/ref=nosim?tag=leserwelt-21

 

Backlist:

- Band 1

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