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Er nennt sie Rotkäppchen, als er sie mit einem Korb am Fahrradlenker den Berg hinabfahren sieht. Rotkäppchen – weil in dem Korb Wein und Essen sind für den Großvater sind, dessen Einsamkeit nur ein Vorwand ist. Rotkäppchen – weil der Weg aus dem Wald dunkel und steinig ist. Rotkäppchen – weil der Wolf sie längst in seiner Gewalt hat...
Beate Teresa Hanika erzählt einfühlsam und sensibel die Geschichte von einem Mädchen in größter Not – aber auch von einer Freundschaft so weit wie der Himmel und von einer ersten Liebe so zart wie Schneeflockenfedern.

  Autor: Beate Teresa Hanika
Verlag: S. Fischer
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-596-85336-6
Seitenzahl: 222 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Zu Beginn des Buches ist Malvina fast vierzehn. Sie hat zwei Wochen Ferien, in denen ihre beste Freundin Lizzy weg ist. Täglich muss sie den Großvater besuchen, der seit dem Tod der Großmutter immer mehr vereinsamt. Malvina ist unglücklich, denn seit vielen Jahren hütet sie ein Geheimnis. Sie wird seit ihrer Kindheit von ihrem Großvater missbraucht und ist nicht in der Lage, sich zu wehren. Bei ihrer Familie findet sie keinen Rückhalt. Zum Glück gibt es aber noch Klatsche, Frau Bitschek und natürlich Lizzy.
Der Autorin ist hier eine ungeheuer intensive und gefühlvolle Auseinandersetzung mit dem Thema Missbrauch gelungen. Selten habe ich ein psychologisch derart tiefgehendes Buch gelesen.


Stil und Sprache
Beate Teresa Hanikas Stil ist wundervoll. Die Sprache ist poetisch und doch punktgenau. Die Geschichte, die aus der Sicht der Jugendlichen erzählt wird, wirkt zu jedem Zeitpunkt authentisch. Die Autorin trifft den Ton einer verstörten jungen Frau so perfekt, dass es einem bisweilen eiskalt den Rücken herunterläuft. Obwohl die Geschichte in einem ruhigen Ton erzählt wird, kommt von Beginn an Spannung auf. Wie lange wird das Mädchen den Großvater ertragen? Wie wird sich die Beziehung zu Klatsche entwickeln? Welche Rolle spielt Frau Bitschek?
Der entscheidende Wendepunkt kommt relativ spät. Kann man als Leser endlich aufatmen? Wird Malvina es schaffen, sich aus der Seifenblase zu befreien?


Figuren
Die Figuren sind alle sehr glaubwürdig herausgearbeitet. Malvinas Familie wirkt durchgehend authentisch. Der aggressive Vater, der einfach nur überfordert ist. Die Mutter, die dauernd in die Migräne flüchtet, die große Schwester Anne, mit der Malvina sich zunächst überhaupt nicht versteht und der Bruder, der bereits studiert und keinerlei Verständnis für die Probleme seiner jüngsten Schwester aufbringt. Sie alle verschließen beständig die Augen vor dem Offensichtlichen. Nur Anne schafft es, sich Malvina wieder etwas anzunähern. Auch die Großmutter, die bis zu ihrem Tod – und noch darüber hinaus – das Verhalten des Großvaters verheimlichen will, wirkt stets überzeugend.
Malvina und Lizzy, zwei Mädchen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch die besten Freundinnen sind, Klatsche, der in seiner Art manchmal wie ein etwas tollpatschiger junger Hund mit langen Beinen wirkt, die mütterliche polnische Nachbarin Frau Bitschek und natürlich der Großvater, der „böse Geist“, sind Figuren, die der Geschichte eine Menge Leben und einen ungeheuren Tiefgang verleihen.


Aufmachung des Buches
„Rotkäppchen muss weinen“ ist ein fest gebundenes Buch. Auf dem Cover sind scharfe und unscharfe Blüten abgebildet. Das Cover passt zum Thema und zum Stil, greift es doch die poetische Sprache sehr gelungen auf. Ich finde die Gestaltung auf alle Fälle ansprechend.


Fazit
„Rotkäppchen muss weinen“ ist ein starkes Buch. Es greift ein schwieriges Thema auf, dem die Erzählerin stets gewachsen ist. Ein großartiges Debüt einer jungen Autorin. Ich bin gespannt auf weitere Bücher von Beate Teresa Hanika.
Sehr zu empfehlen!



Hinweise
Rezension von Sigrid Grün
Herzlichen Dank an den S. Fischer-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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