Die 20-jährige Amira lebt in einem eurasischen Dorf im 19. Jahrhundert zusammen mit der Familie ihres Ehemannes. Mit dem acht Jahre jüngeren Karluk wurde sie auf Wunsch ihrer Familie verheiratet. Doch sie fügt sich schnell in ihre neue Rolle. Aber ihr ruhiges Leben hält nicht lange an, denn sie wird zum Spielball im Kampf um Besitz und Macht …
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Originaltitel: Otoyome-gatari |
Die Grundidee der Handlung
Die Verlagsinhaltsangabe bezieht sich auf den Anfang der Serie und tangiert Band 3 so gut wie gar nicht, denn wie schon angekündigt, vernachlässigt die Mangaka Amiras und Karluks Ehe- und Familienleben, um Mr. Smith auf seiner Reise nach Ankara zu begleiten, womit plötzlich eine bis dato unscheinbare Nebenperson in den Mittelpunkt des Geschehens rückt.
Ob diese Entscheidung nun klug war, ist nicht so einfach zu beantworten. Denn obwohl der Engländer seither mit nur wenigen Szenen bedacht, eine für die Handlung eher unbedeutende Rolle einnahm, war er doch ein angenehmer Nebencharakter, dem man als Wissenschaftler fern der Heimat einen interessanten Background zutraute. Somit bot der neue Handlungsstrang eine gute Möglichkeit, diese Lücke zu schließen und gleichzeitig der Serie mal andere Seiten abzugewinnen. Kaoru Mori begeht jedoch den Fehler, Mr. Smith genauso zu belassen, wie man ihn seither kennenlernen durfte: zwar nicht unsympathisch, aber verstockt, wortkarg und distanziert. In seiner Funktion als Nebencharakter passten diese Eigenschaften noch ganz gut ins Bild, doch für seine neue Rolle war mir dies zu wenig. Und so wundert es nicht, dass er von allen anderen Personen um sich herum, die deutlich mehr Profil beweisen, an die Wand gespielt wird.
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Graphisch bleibt die Mangaka ihrem Stil treu, obwohl die Hauptcharaktere wechseln und das gesamte Setting „auf Reisen“ geht. Ruhige, atmosphärische Bilder, die viel über das Leben und die Traditionen der Nomadenvölker Zentralasiens im 19. Jahrhundert preisgeben, stehen im ständigen Wechsel mit handlungsreichen und spannungsgeladenen Szenen, so dass sich der Band wieder unheimlich flüssig und mitreißend liest.
Schon gleich zu Beginn seiner Reise trifft Mr. Smith auf Taras, eine junge Frau, die in diesem Band Amiras Stelle der weiblichen Hauptperson übernimmt. Taras versteht es vom ersten Moment an, mit ihrer ruhigen, liebenswürdigen Art den Leser für sich einzunehmen. Sie ist ebenso wie Amira, Pariya und alle anderen Frauen dieser Gegend mit dicken, reich gemusterten oder liebevoll bestickten Webstoffen gekleidet, die den Körper vollständig verhüllen. Sogar das Leder ihrer Stiefel ist bestickt. Um ihren Kopf hat sie ein gestreiftes Tuch wie einen Turban gewickelt, das ihre wunderschönen, langen Haare verbirgt. Besonders ausdrucksstark zeichnete die Mangaka Taras‘ dunkle Augen, so dass sich alle Gefühlsregungen daraus leicht ablesen lassen.
Was die Ausdrucksfähigkeit anbelangt, trifft bei Mr. Smith das genaue Gegenteil zu. Als Brillenträger sind seine Augen fast immer verdeckt, weil die Mangaka die Gläser weiß statt transparent zeichnet. Im Zusammenspiel mit seiner Verstocktheit, die viel zu oft in nerviger Einsilbigkeit wie Hä?, Was?, Wie?, Äh? mündet, fand ich seinen Charakter vergleichsweise blass und ausdruckslos, hart an der Grenze zu dümmlich dargestellt. Schade, einem Intellektuellen wie ihm, hätte ich für die Hauptrolle mehr zugetraut.
Neben Taras kommen zwei weitere neue Nebenpersonen (Taras‘ Schwiegermutter und Mr. Smiths Führer) hinzu, die die Handlung entscheidend mittragen. Und es gibt ein freudiges Wiedersehen mit den altvertrauten Gesichtern von Amira, Karluk und Pariya, die hier aber nur kleine Gastrollen einnehmen.
Zu den besonderen Highlights des Bandes zählen natürlich wieder die langen, atmosphärischen Bildstrecken ohne Text, die die Augen des Lesers wie mit Zauberhand auf die Panels bannen, so dass man sich nur mit allergrößter Mühe davon losreißen kann.
Wenn Taras‘ Schwiegermutter Mr. Smith etwas erzählt oder er sich Notizen über seine Beobachtungen des Alltagslebens macht, sind die Szenen mit eckig umrandeten Erzähl-/Notiztext versehen und in kleinen Panels nicht ganz so sauber gearbeitet wie die Szenenfolgen der normalen Handlung.
Aufmachung des Manga
Im Mai ging die Erstauflage leider fehlerhaft gebunden an den Handel raus. Tokyopop versicherte seinen Fans zwar, dass sie ihr fehlerhaftes Exemplar problemlos gegen eines aus dem Nachdruck umtauschen können, doch ein konsequenter, sofortiger Verkaufsstopp erfolgte nicht überall. So wurde z.B. beim buch.de-Konzern kein einziges Exemplar der fehlerhaften Bände verkauft, bei Amazon dagegen lief der Verkauf die ganze Zeit ununterbrochen weiter. Wie sollen Fans bei Online-Bestellungen nun wissen, aus welcher Auflage ihr Exemplar stammt? Lobenswert ist allerdings, dass der Nachdruck nur einen Monat später vorlag.
Die Coverillustration des 3. Bandes zeigt die neu eingeführte Hauptperson Taras, eingehüllt von Kopf bis Fuß in die traditionelle Kleidung der Völker des zentralasiatischen Hochlands. Ihr Anblick ist ein schönes Beispiel, mit wie viel Aufwand und Detailverliebtheit Kaoru Mori zeichnet. Im Hintergrund sieht man ein paar Jurten stehen. Die Rückseite zeigt Taras mit ihrer Schafherde in Begleitung von Mr. Smith.
Im Anhang warten „das Nachwort in Form eines lustigen Mangas“ und eine kurze Vorschau auf den nächsten Band. Ansonsten ist die Aufmachung des Taschenbuchs wie gehabt.
Fazit
Nach einer fehlerhaften Erstauflage liegt nun im zweiten Anlauf Band 3 der Reihe vor. Mit dem englischen Wissenschaftler Mr. Smith in der Hauptrolle wird allerdings Potenzial verschenkt. Er ist nett und verschroben, taugt aber nicht zum tragenden Charakter. Dafür erfreut man sich umso mehr an den anderen Figuren (allen voran Taras), dem guten Handlungsaufbau und nicht zuletzt dem hochkarätigen Artwork, die das Manko um Mr. Smiths Person abfangen.
Hinweise
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