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„Takeo zog sie dicht an sich und küsste sie hinten auf den Nacken, der nach all den Jahren immer noch vernarbt war und den er immer noch schön fand. Kaede schmiegte sich an ihn und sie atmeten im Gleichtakt. `Ich wünschte, es wäre für immer so wie jetzt´, sagte sie leise. `Jetzt bin ich vollkommen glücklich. Aber ich habe Angst vor dem, was die Zukunft bringt.´“

 

  Originaltitel: The Harsh Cry of the Heron
Autor:
Lian Hearn
Übersetzer: Henning Ahrens
Verlag: Carlsen
Erschienen: 01/2007
ISBN: 978-3-551-58160-0
Seitenzahl: 800 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Takeo könnte glücklicher nicht sein. Seine Ehe mit Kaede ist voller Liebe und Harmonie und mit drei gesunden und schönen Töchtern gesegnet. Auch wenn die Zwillinge von Kaede nicht so sehr geliebt werden wie von ihm, so ist er dennoch überglücklich, sie zu haben. Er hat den Wohlstand und den Frieden in die Drei Länder gebracht und das Volk dankt es ihm mit Liebe, Loyalität und Vertrauen. Seit der Schlacht mit Lord Arai, die ein Erdbeben vor rund sechzehn Jahren entschieden hat, hat es keinen Krieg mehr gegeben und Takeo hat die Feuerwaffen verbieten lassen, auch wenn er insgeheim daran weiterentwickeln ließ. Sein Bündnis mit den ehemaligen Piraten sichert ihm die Küsten der Drei Länder, und er hat die Schwestern seiner Frau Kaede mit Männern verheiratet, um die einzelnen Domänen mit diesen und ihren Ehemännern gut zu regieren und zu sichern. Doch die Idylle ist von Neid, Hass, Eifersucht und Missgunst bedroht. In der eigenen Familie, aber auch im fernen Miyako, wo der Kaiser lebt. Sein Schwager Zenko, der neue Lord Arai, und seine Frau Hana, die Schwester von Kaede, spinnen ihre Intrigen gegen Takeo und seine Macht. Sie wollen sie nicht nur an sich reißen, sondern auch den Stamm endlich wieder vereinen. Alle Familien des Stammes, bis auf die der Kikuta, sind Takeo treu ergeben, doch der Meister der Kikuta hegt nach wie vor Rachepläne und es vergeht kein Jahr, in dem er nicht einen seiner Stammesmitglieder losschickt, um Takeo zu töten. Als Muto Kenji, Vertrauter und Berater von Takeo und Vermittler zwischen den einzelnen Familien des Stammes, von den Kikuta getötet wird, sieht sein Schwager Zenko endlich seine Zeit gekommen. Takeo sieht keine andere Möglichkeit, als die weite Reise nach Miyako zum Kaiser anzutreten, in der Hoffnung, dessen Segen zu bekommen und so weiter die Drei Länder in Wohlstand und Frieden regieren zu können. Doch sein größtes Geheimnis gerät in die falschen Hände und sein Wunsch, mit Diplomatie die Gefahr eines drohenden Krieges zu umgehen, bringt ihn direkt in das Zentrum der Intrigen und des Verrats, und mit einem Schlag sieht Takeo all das, wofür er die letzten sechzehn Jahre gekämpft und gearbeitet hat, in größter Gefahr, zerstört zu werden.


Stil und Sprache
Ursprünglich war die Reihe „Der Clan der Otori“ als Trilogie gedacht. Am Ende des dritten Teiles, „Der Glanz des Mondes“, kündigte Lian Hearn im Epilog aber schon an, dass es noch eine Geschichte geben könnte, denn die Prophezeiung, die Takeo einst gemacht wurde, hat sich noch nicht ganz erfüllt. Der letzte Teil der Prophezeiung ist bislang nicht eingetreten. Die Autorin schreibt darüber im Epilog aber auch, dass dies eine andere Geschichte der Otori ist und zudem eine, die Takeo nicht selbst erzählen kann. Und tatsächlich, der vierte Teil dieser schönen, wenn auch melancholischen Reihe wird diesmal im personalen Erzählstil er, sie, es erzählt. Sie handelt hauptsächlich in den Drei Ländern bei den Otori, und der Leser erfährt auch, was die anderen Figuren so denken und erleben. Lian Hearn hat das so geschrieben, dass der Leser erfährt, was ein anderes Familienmitglied zur gleichen Zeit erlebt wie Takeo, wenn auch an einem anderen Ort. Es gibt kein Vorwort mehr und der Leser erfährt jetzt direkt aus der Handlung, wo er sich gerade befindet, da über jedem Kapitel nur noch ein Wappen, das der Otori, abgebildet ist.
Die Geschichte ist abwechslungsreich, wenn auch für meine Begriffe etwas zu lang gezogen, und liest sich streckenweise etwas zu gemütlich. Daran ändern auch die relativ kurzen Kapitel nichts. Das Buch „Der Ruf des Reihers“ ist ohne Zweifel schön und fantasievoll geschrieben, aber so richtige Spannung will sich trotz der teilweise grausamen und intriganten Ereignisse nicht aufbauen. Sicher, ich war neugierig, wie es mit Takeo und seiner Familie bzw. den Drei Ländern weitergeht, aber eher auf die entspannte, gemütliche Art.
Mit dem Ende der Handlung war ich nur bedingt einverstanden, auch wenn die Autorin das einzig logische gemacht hat, was Takeo angeht. Aber die Reaktion von Kaede auf eine Intrige von ihrer Schwester Hana hin, und die Folgen daraus, das musste in meinen Augen nicht unbedingt sein. Das fand ich zu krass.

Handlungsmäßig beginnt das Buch etwa sechzehn Jahre nach dem Ende des dritten Teiles („Der Glanz des Mondes“) und der Leser wird sofort mitten in die Handlung hineingeworfen. Takeo regiert seit rund fünfzehn Jahren die Drei Länder zusammen mit Kaede, und hat drei Töchter mit ihr. Die Älteste, Shigeko, die bald fünfzehn wird und nach dem Ziehvater von Takeo benannt ist, und die Zwillinge Maya und Miki, die dreizehn Jahre alt sind. Ein scheinbares Familienidyll möchte man meinen, doch dem ist nicht so.

Lian Hearn ist ihrem Sprach- und Schreibstil auch in diesem vierten Band der Reihe treu geblieben. Ihre Beschreibungen und Szenen sind oftmals sehr blumig, immer voller Farben und lesen sich klangvoll.


Figuren
In diesem Band zeigen einige Figuren ihr wahres Gesicht, und Takeo hat eine starke Veränderung durchgemacht. Hat er früher mit dem Schwert Jato seine Gegner und diejenigen, die ihm Böses wollten, kurzerhand getötet, so zögert er heute, einen Menschen zu töten oder es ihm zu befehlen, selbst wenn ihm sein erster Gedanke dazu rät. Auf diese Weise hat sein Schwager Zenko praktisch überlebt und kam in die glückliche Lage, sich gegen Takeo zu stellen. Aber auch die Schwester von Kaede, Hana, hat sich gewandelt. Seitdem Takeo all ihre Versuche ihn zu verführen bzw. sie zur Konkubine zu nehmen bestimmt aber freundlich abgewiesen hat, wächst und gedeiht in ihr der Hass auf ihn und die Eifersucht auf ihre Schwester Kaede. Irritierenderweise lebt Hana aber in Reichtum und Luxus, hat drei gesunde Söhne und einen Mann, der sie liebt und achtet. Eigentlich alles Gründe, um glücklich zu sein.
Lian Hearn hat gekonnt verschiedene Charaktereigenschaften und Charakterzüge in den einzelnen Figuren vereint und bringt diese durch dementsprechende Taten der jeweiligen Figur geschickt zum Ausdruck. Und gerade diese vielen verschiedenen Eigenschaften und Wesen innerhalb einer Figur machen Lian Hearns Charaktere überzeugend und sehr wirkungsvoll. Einzig die Figur der Maya und deren Fähigkeiten fand ich ein kleines bisschen übertrieben. Da steckte mir dann zu viel an Fantasie der Autorin drin.


Aufmachung des Buches
Das schwarz gebundene Buch ist, was den Schutzumschlag angeht, genauso gestaltet wie schon seine Vorgänger. Diesmal in Orange und Gelb, kombiniert mit Kupfer. Auf dem Cover des Schutzumschlags ist das Schwert Jato der Mittelpunkt, daneben sind im Hintergrund ein Mann und eine Frau zu sehen. Auch hier steht „Der Clan der Otori“ senkrecht von oben nach unten am linken Rand in Kupfer, und der Buchtitel „Der Ruf des Reihers“ waagerecht unterhalb des Schwertes, ebenfalls in Kupfer.
Der Buchrücken ist oben mit einem hellen Reiher geschmückt, und darunter steht in senkrechter Schreibweise wieder „Der Clan der Otori“ und waagerecht darunter der Buchtitel an sich. Die Buchrückseite zeigt zwei junge Frauen als Hintergrundmotiv für einen kleinen Textausschnitt, und ist auf der linken Seite mit einer schönen kupfernen Blumenranke geschmückt, die sich von unten nach oben zieht.

Die Aufmachung hat mich vom ersten Moment an fasziniert, obwohl Orange und Gelb nicht unbedingt meine Farben sind, aber durch die schöne Gestaltung sieht das ganze edel und melancholisch zu gleich aus, und passt zudem noch sehr gut zum Buchinhalt. Ein schwarzes Leseband rundet die schöne Aufmachung ab und ersetzt das Lesezeichen, auch wenn ich diesmal eins benutzt habe.

Die Gestaltung im Inneren des Buches ist diesmal anders als bei seinen Vorgängern. Die Karte der Drei Länder gibt es nicht mehr, es sind keine Clanwappen mehr am Beginn des Buches aufgeführt, und auch das Gedicht bzw. die Textsstelle in Japanischer Schreibweise ist nicht mehr vorhanden. Nur noch eine Deutsche Übersetzung davon zu Beginn des Buches. Auf ein Vorwort oder einen Epilog hat die Autorin zwar verzichtet, aber die Auflistung aller Figuren am Ende des Buches hat sie bestehen lassen. Und noch etwas ist geblieben: neben jedem Wort „Kapitel“, welches noch immer senkrecht von oben nach unten steht, ist das Clanwappen der Otori abgebildet, und gibt dem Buch so etwas besonderes.


Fazit
Ein sehr melancholisches aber schön geschriebenes Buch, in dem viel passiert und das sich trotzdem gemütlich lesen lässt, auch wenn auf einigen Seite wieder viel Blut fließt. Und obwohl ich an zwei Punkten ein bisschen was zu kritisieren habe, das Buch ist trotzdem vier Sterne wert, da es dem Leser vergnügliche Stunden beschert.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Das Schwert in der Stille
Band 2. Der Pfad im Schnee
Band 3: Der Glanz des Mondes

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