Die junge Effi von Briest heiratet auf Wunsch ihrer Eltern den wesentlich älteren Baron von Innstetten. In dem tristen Provinznest Kessin, wo Innstetten als Landrat amtiert, soll ein Angstapparat die junge, sinnliche Frau disziplinieren. Doch die vereinsamte Effi beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit dem Major von Crampas, die sie jedoch beenden muss, als ihr Ehemann nach Berlin versetzt wird. Jahre später erfährt Baron von Innstetten von der verbotenen Liebe …
Autor: Theodor Fontane Verlag: Weltbild Erschienen: 2005 ISBN: 978-3828989160 Seitenzahl: 577 Seiten |
Die Grundidee der Handlung
Effi, eine wohlbehütete und verwöhnte junge Frau, heiratet auf Wunsch ihrer Eltern den wesentlich älteren Baron von Instetten. Ihre träumerischen Vorstellungen von der Ehe platzen, durch den öden Alltag in Kessin, einem kleinen Dorf, in dem keine gesellschaftlichen Ereignisse stattfinden und das auch sonst keine Abwechslung zu bieten hat, wie Seifenblasen. Gelangweilt und allein gelassen lässt sie sich von einem als Frauenheld bekannten Major verführen.
Als Instetten Jahre später durch einen Zufall die Affäre entdeckt, kommt es zum Eklat.
Fontane hat sich von einer wahren Geschichte inspirieren lassen und mit Effi Briest die Geschehnisse auf seine Weise erzählt. Die Frau, der dies damals wirklich alles passierte, wollte Fontane aber möglichst schützen und hat aus diesem Grund Namen, Alter der Personen, Handlungsorte und viele andere Details geändert. Das Buch wurde schon mehrfach verfilmt und im Frühjahr 2009 soll eine neue Verfilmung mit Julia Jentsch und Sebastian Koch gezeigt werden.
So gut die Filme aber auch sein mögen, dem Buch selbst wird kaum einer gerecht werden.
Stil und Sprache
Scheinbar leicht, fröhlich und im beiläufigen Erzählton präsentiert Fontane eine eigentlich dramatische Geschichte. Nie wertend oder Stellung beziehend lässt er seine Protagonisten über Nebensächlichkeiten wie Mode, Einrichtung oder auch das Wetter plaudern. Fontanes sprachliches Talent, aus einem Wort, einem scheinbar einfachen Satz, eine vielschichtige Aussage mit expliziten Neben- und Schachtelsätzen zu kreieren, gibt der ganzen Erzählung eine nicht fassbare Leichtigkeit.
Den Betrug Effies an ihren Mann zeichnet Fontane - der damaligen scheinheiligen Moral angepasst - ohne einmal ein Gespräch, einen Kuss oder gar eine Berührung zu erwähnen. Und dennoch beschreibt er die Affäre, die Effi mit dem Leutnant hat, über viele Seiten und gewährt dem Leser quasi zwischen den Zeilen Einblick in ihre Seele, die zwischen Abenteuerlust und schlechtem Gewissen pendelt.
Stilistisch und sprachlich durchwandert der Leser mit Fontane ein Paradies, jeden Augenblick mit der Angst im Hintergrund, wieder in die dagegen brutale Realität zurückgeholt zu werden. Das Geniale an Theodor Fontane ist nicht die hochtrabende, intellektuelle und geistig anstrengende Sprache, sondern die schon beinah verblüffende Schlichtheit im Umgang mit Wort- und Satzbau, die er perfektioniert hat.
Figuren
Mit Effi zeichnet Fontane ein junges, 17jähriges Mädchen, das Sympathie und Respekt mit Liebe verwechselt. Verwöhnt, naiv und die Welt noch oberflächlich betrachtend, lädt Fontane den Leser dazu ein, Effis Entwicklung, ihre oft lachhaft wirkenden Ängste, ihr Sehnsucht nach dem sprühenden Leben und die Suche nach Liebe und Erfüllung mitzuerleben. Mit feiner emotionaler Intelligenz führt der Autor durch die Geschichte und jede Figur wird lebendig, da er alle – noch so nebensächlich erscheinenden Darsteller – mit derselben Akribie erweckt wie seine Protagonisten. Instetten, der Effi eigentlich nur als Ersatz heiratet, da ihre Mutter ihn vor Jahren abwies, meint zwar, seine junge Frau zu verstehen und ihr alles zu bieten, übersieht aber in seiner überheblichen Starre und seinem prestigefixierten, bornierten Gehabe, Effis ständige Suche nach Anerkennung, Liebe und Geborgenheit.
Als Major Crampas sich um sie bemüht und ihr seine ganze Aufmerksamkeit schenkt, stößt er bei Effi offene Türen auf.
Als ihr Mann nach vielen Jahren und durch einen dummen Zufall, hinter Effis Geheimnis kommt, kommen die ganzen bornierten gesellschaftlichen Zwänge und grotesken Engstirnigkeiten zum Tragen. Instetten, der eigentlich seiner Frau verzeihen möchte, kann es nicht, da er in seinem Entsetzen – als er hinter den Betrug kommt – einem Menschen, einem Freund (!), davon erzählt. Er steht sich selbst im Weg und zerstört dadurch nicht nur das Leben seiner Frau und seiner Tochter, sondern auch das eigene Glück.
Theodor Fontanes Gabe, eine explosive Geschichte fein und leise zu erzählen und so jede Gefühlsregung, jeden Gedankengang und alle Träume, Sorgen, Wünsche und Ängste der Figuren einzufangen, ohne sich in groß ausschweifenden Beschreibungen zu verirren, geben diesem Buch eine wohl immer aktuelle Note und katapultieren ihn dadurch zu Recht in die höchsten Ränge der Weltliteratur.
Aufmachung des Buches
Die gebundene Weltbild-Ausgabe ist wohl eine der – wenn nicht die – schönsten Ausgabe dieses Romans überhaupt.
In kleinem, handlichem 11cm x 16cm Format wurden vom Verlag mehrere klassisch literarische Werke verlegt. Der kartonierte Umschlag ist mit rotem Leinen bezogen und in derselben Farbe das Lesebändchen erhalten. Auf dem Schutzumschlag in nostalgischem weiß-blau gestreiftem Muster, prangt vorne als Titelbild die Szene eines sich unterhaltenden Paares aus dem 19. Jahrhundert. Das feine Papier ist mit Goldschnitt versehen und macht die wirklich schöne Ausgabe perfekt.
Der Roman selbst umfasst 393 Seiten und die weiteren 184 umfassen ein ausführliches Nachwort mit Erklärung und Zeittafel. Die Erklärung und exakte Analyse im Anhang sind eine nicht zu missende und wunderbare Ergänzung zu diesem Werk.
Fazit
Ein Buch, das jeder einmal gelesen haben sollte. Dabei soll man aber doch so ehrlich sein und anmerken, dass von sehr jungen Menschen die feinen Nuancen des Buches selten aufgenommen und geschätzt werden können. Es ist schade, wenn in der Schule die jungen Leute gezwungen sind, diese Lektüre zu lesen. Sie werden nicht die Freude an der Sprache sehen, sondern diese lediglich als langweilig empfinden.
Nichts desto trotz ändert es nichts daran, dass dieses Werk zu Recht zur Weltliteratur zählt. Eine Bereicherung der Erzählkunst, die an sprachlicher und stilistischer Perfektion schwer zu erreichen ist.
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