Die Dreißiger Jahre in Frankreich … der Klerus diktiert noch immer die Amtsgeschäfte. Mächtige Geheimgesellschaften, die mit dem Heiligen Gral verbunden sind, haben einen Krieg entfacht, der die ganze Welt zu verschlingen droht.
Der Arzt Julien Saunière sucht weiter nach dem Heiligen Gral und wird dabei von brutalen Agenten der Heiligen Inquisition und dem gnadenlosen Herzog von Lorraine gejagt. Er entdeckt die schreckliche Verbindung zwischen dem Gral und dem sich ausweitenden Konflikt, aber das neue Wissen birgt zugleich neue Gefahren.
Sauniére lässt sich nicht von seiner Spur abbringen, doch er ahnt, dass seine Freundin Genevieve ihn für Lorraine ausspioniert und dadurch zugleich beschützt. Früher oder später muss sie sich zwischen den beiden Männern entscheiden …
Autor: Arvid Nelson Illustration: Juan Ferreyra Verlag: Ehapa Comic Collection Erschienen: 06/2008 ISBN: 978-3-7704-3202-8 Seitenzahl: 192 Seiten Altersgruppe: ab 15 Jahren |
Die Grundidee der Handlung
Die Zusammenfassung des Buchrückens ist so ausführlich, dass ich an dieser Stelle nichts mehr hinzufügen möchte, denn ich will von den Handlungen keine weiteren Einzelheiten verraten. Arvid Nelson treibt seine Geschichte unerbittlich voran, mit zunehmender Dramatik nimmt sie immer mehr Tempo auf, der Leser wird in den Strudeln der Ereignisse mitgerissen und legt den Comicband kaum noch aus der Hand, bevor er ihn abgeschlossen hat. Mystisch und geheimnisvoll, spannend und erschütternd nimmt die Szenerie ihren Lauf …
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Ab Band 4 der Comicserie gehört die grafische Umsetzung alleine Juan Ferreyra. Auf der ersten Kapitelseite – in der Nummerierung des Gesamtwerks Kapitel 19 – zeigt sie in ihrem Portrait des Erzbischofs von Sens direkt ihr volles Können, das Bildnis ist von bestechender Genauigkeit und Schärfe, die markanten Züge und der ernste Ausdruck des Portraitierten kommen hervorragend zur Geltung. Aber bei weitem nicht jede Kapitelseite kann auf diese Weise überzeugen.
Die Darstellung des Herzogs von Lorraine auf der 22. Kapitelseite erinnert durch die braune Uniform, die Armbinde mit dem Lothringerkreuz und der Pose ganz klar an Adolf Hitler. Ähnlich schaut es mit seinen Schergen zum Ende dieses Bandes aus, schwarzgekleidet und mit Totenschädeln auf den Mützen ist die Assoziation gezielt auf die SS gesetzt worden. Was man davon zu halten hat, muss jeder Leser für sich entscheiden - auch wenn Lorraines Verhalten zu diesem Eindruck passt, halte ich die gezielt ähnliche Gestaltung für bedenklich.
Des öfteren können die Zeichnungen der Figuren, z.B. Lady Isabelle vor Genevieves Wohnung, aber auch manch französischer Pöbel, den Leser für sich gewinnen. Mit hoher Detailgenauigkeit, viel Aufwand und realistischer Darstellung setzt die Illustratorin die Gestalten dann um. Endlich erfährt der Leser, welches Gesicht sich hinter der Maske des Großinquisitors Moricant verbirgt – das zum Ende des 21. Kapitels eingefügte und hervorragend ausgearbeitete Portrait ist inhaltlich erschreckend. Aber die Qualität der Bilder hat einen enorm schwankenden Charakter, Ferreyra ist scheinbar nicht in der Lage oder gewillt, den Stand ihres hohen Könnens durchweg aufrecht zu erhalten. So sind die Figuren mal regelrecht bestechend, mal so fremd, einfach und plump, dass man sie fast nicht mehr als diejenigen erkennen kann, die sie darstellen sollen. Saunière – neben einigen anderen Charakteren hiervon am meisten betroffen – hat mit Schatten in den Augen und gefletschten Zähnen mal Ähnlichkeit mit Wolverine, mal durch seine enorm weiten Augen das Aussehen eines Zombis.
Ähnlich schaut es im architektonischen Bereich aus: die romantisch angehauchte Illustration der Legende von Montsalvat nimmt enorme Anleihen bei Schloss Neuschwanstein, dass die Zeichnerin mit dem gleichen Können umsetzt wie die daneben aufgebaute, fein detaillierte Ritterrüstung. Die Landschaft auf den folgenden Seiten lässt dieses Können jedoch sofort wieder vermissen. Bei der Wiedergabe des Zimmers, in dem Saunière nach der Flucht vom Grundstück des Herzogs erwacht, hat sich Ferreyra viel Mühe gegeben. Opfer der starken Schwankungen sind aber z.B. Notre Dame geworden, im ersten Kapitel sehr grob dargestellt. Auch Versailles und die Parkanlage davor sind sehr einfach, geradezu enttäuschend aufgebaut.
Immer wieder mal sind Bilder hochwertig erstellt, wie z.B. der Wagen, den Genevieve bei der Befreiungsaktion herumreißt. An anderer Stelle erscheint das Artwork dann derart schemenhaft und skizziert, sodass es immer wieder erstaunlich ist, wie niederschwellig manche Arbeiten von Ferreyra ausfallen. Geradezu miserabel gezeichnet – bis auf wenige Panels – erlebt der Leser das geheime Kirchengericht und die Verurteilung Saunières mit. Um es klar zu sagen: mit dem Ausstieg von EricJ und dem Einstieg von Ferreyra hat die Serie „Rex Mundi“ stark an Qualität verloren – ähnlich dürfte es mit nicht wenigen Fans von „Rex Mundi“ ausschauen, hört man sich in manchen Comicforen um.
Die Farbgebung ist mal satt und kräftig, oft aber hell und luftig und mag dann nicht immer zu den Inhalten passen. Ähnlich die Kontraststeuerung, auch hier gibt es Schwankungen zwischen weich und regelrecht flau bis hin zu guter, dreidimensional anmutender Form, aber auch in dieser Hinsicht erreicht die Illustratorin nie das Niveau, wie man es noch von EricJ kannte. Gewöhnungsbedürftig sind manchmal auch die Tonungen, so die gelb-grüne Färbung in den Katakomben von Rennes-de-Chateau. Der Kampf im Kapitel 23 ist farblich auf Rot- und Blautöne reduziert, genau wie die grafische Qualität der Bilder.
Keine Überraschungen gibt es bei der Textgestaltung, die in den jederzeit klar zuzuordnenden Sprechblasen dem comictypischen Standard unterliegen.
Aufmachung des Comics
In dem von den Vorbänden bekannten Format – irgendwo zwischen A5 und A4 – ist auch dieser Comicband, fest gebunden und astrein verarbeitet, vom Verlag gestaltet worden. Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Bill Withcomb, danach folgt eine umfangreiche Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse, was den Wiedereinstieg erleichtert. Vollständig vermisst man mittlerweile die früher groß abgedruckten europäischen Karten. Sie tauchen noch – in klein – gelegentlich im Rahmen der Zeitungsseiten auf, aber von dem Standard der ersten Bände wurde hier klar abgewichen. Die Berichterstattungen in den Zeitungsseiten zum Ende eines jeden Kapitels sind wie echte Reportagen aufgebaut, liefern Hintergrundwissen sowie eine Übersicht der tageweisen Ereignisse, aber die pausenlosen Wiederholungen – wie es zu der aktuellen Situation kam – nerven auf Dauer, spätestens wenn man den Comic in einem Rutsch durchliest, erlebt der Leser doch ohnehin schon viel mit.
Nach Abschluss der Szenerie dieses Bandes findet man eine Galerie mit 10 Seiten, deren Bilder aber so gewöhnungsbedürftig und abstrakt sind, dass mich nur eines überzeugen konnte. Nach einem Kommentar von Arvid Nelson gibt es zuletzt die Kurzgeschichte „Eine Geliebte erschaffen“, die in der Vergangenheit von Saunière und Genevieve spielt.
Fazit
Absolut fesselnd und mitreißend setzt sich die Geschichte, die Arvid Nelson erzählt, fort. Die Ereignisse nehmen eine solche Dynamik an, dass man den Comicband nicht nur in einem Rutsch durchliest, sondern direkt zu Band 5 greifen möchte. Einen völligen Bruch erlebt der eingefleischte Fan mit dem endgültigen Wechsel zur Zeichnerin Juan Ferreyra. Ihre Arbeiten schwanken zwischen einem hervorragenden und einem enttäuschenden Niveau, sie ist scheinbar nicht in der Lage, mit Kontinuität zu zeichnen. Wird man sich an sie auch gewöhnen (müssen), so hat „Rex Mundi“ durch sie doch deutlich verloren.
Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der Wächter des Tempels
Band 2: Der unterirdische Fluss
Band 3: Die verlorenen Könige