Dies ist das Buch von Lewig. Ich habe es bei Mériadecs Mutter gefunden. Lewig war ein Druide und seine Schriften erzählen von Ereignissen, die sich im 5. Jahrhundert zugetragen haben. Die Details sind unwichtig, aber er erwähnt die Karte der Welten von Sidh. Eine Karte, geschrieben mit magischer Tinte, die unsichtbar ist. Sie kann nur gelesen werden, wenn man den Stein der Gaëldenn besitzt. Dieser Stein hat ein Loch in seiner Mitte und wird zum Lesen wie eine Lupe verwendet.
Also glaubt Mériadec, dass er die Karte mit diesem Stein lesen kann?
Richtig.
Ihr scheint Zweifel zu haben, Mallert. Aber das Einzige, was zählt, ist, dass er an diese Legende glaubt.
Wisst Ihr, wo sich dieser Stein befindet?
Bei Morlaix. In der Bucht von Dourdu …
Autor: Jean-Luc Istin Illustration: Guy Michel Verlag: Bunte Dimensionen Erschienen: 07/2008 ISBN: 978-3-938698-05-1 Seitenzahl: 48 Seiten Altersgruppe: ab 14 Jahren (Empfehlung des Rezensenten) |
Die Grundidee der Handlung
Dank Hannibal Mèriadecs vorausschauender Planung gelingt dem Kapitän und seiner Piratencrew die Flucht aus der Gefangenschaft. Gemeinsam machen sie sich auf zur Bucht von Dourdu, wo sie den Stein der Gaëldenn zu finden hoffen. Doch der Stein wird von dunklen Mächten bewacht, die auch nach der restlichen Mannschaft greifen und sie zu entzweien drohen, als sich der Kapitän mit einigen wenigen auf die Expedition macht. Und dies ist nicht die einzige Gefahr, die ihnen gegenübersteht, denn Leutnant Mallert und der Graf von Cagliostro nehmen die Verfolgung der flüchtigen Crew auf…
Nicht umsonst ist Jean-Luc Istin ein Meister der Comicszenerien – dies spürt man auch in diesem Werk. Er schürt nicht nur gekonnt die Spannung, sondern fesselt den Leser auch mit mythischen Orten und faszinierenden Charakteren. In Band 2 lernt man den Kapitän Hannibal Mèriadec besser kennen und erhält erste Einblicke in die Ereignisse seiner Jugend und seiner Ausbildung für weiße und schwarze Magie, die er durch seine Mutter erhielt. Aber diese Rückblicke bringen so viele neue Geheimnisse mit sich, wie sie lüften.
Nur eine Frage viel mir auf, die nicht beantwortet wurde: der Leser erfährt, warum der Kapitän wusste, dass er sein Schiff aufgeben und seiner Mannschaft befehlen musste, sich zu ergeben (Ende Band 1) – aber nicht, warum er sein stolzes Schiff opferte. Es bleibt abzuwarten, ob diese Frage in den kommenden Bänden noch geklärt wird …
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Liegt der Fokus nicht auf einer oder zwei bestimmten Personen, werden sie also nicht als Portrait hervorgehoben, sondern als Gruppe dargestellt, sind sie eher grob bzw. nur über die Kleidung und dadurch, dass man sie bereits kennengelernt hat, zu erkennen. Diese Reduzierung, bei der teilweise die Gesichter nur als leere, eingefärbte Felder ohne Zeichnung erstellt wurden, trifft man immer wieder mal an, beginnend mit der Geschichte Igilts, aber u.a. auch bei der Befreiung der Piraten durch Lady Elween. Die halbnackte Elfe kämpft bei der Befreiung ihrer Kameraden zunächst wie eine Raubkatze, bevor Guy Michel sie mit entblößtem Oberkörper im Portrait darstellt. Nimmt sich der Zeichner dann aber die Persönlichkeiten richtig vor, fallen sie beeindruckend und faszinierend aus, auch wenn die Art der Darstellung etwas ins comictypische abdriftet. Trotzdem sind sie dann exakt bis in die Narben, Falten und andere Merkmale erstellt, die Gesichtszüge spiegeln zumeist die Gefühle und auch einen Teil des Charakters wieder und machen ihren besonderen Charme aus. Gerne hebt der Illustrator die Augenpartien hervor, die teils gütigen, teils stechenden Blicke tragen dazu bei, die jeweilige Stimmung – nicht selten Dramatik – zu unterstreichen.
Allerdings ist die Vereinfachung der Figuren ob der zumeist eher schmalen und kleinen Bildkästchen auch kaum anders möglich. Die Bildkästchen fallen auf den ersten 29 Seiten fast durchweg und bis auf wenige Ausnahmen als recht schmale Streifen aus, entweder in Folge vertikaler oder horizontaler Ausrichtung. Erst danach wird von dieser Form der Darstellung überwiegend abgewichen. Auf Seite 38/39 erstrecken sich die Bildkästchen z.B. über beide Seiten, ohne auf diese Trennung Rücksicht zu nehmen.
Städtepanoramen und Landschaften fallen reichhaltig und interessant mit vielen Einzelheiten aus, aber besonders die Wetterstimmungen – allen voran die Wolkenbänke und -türme – sind Michel besonders gut gelungen. Die Festungsanlagen werden ebenfalls eher mehr als weniger exakt, stellenweise bis in die einzelnen Bruchsteine genau dargestellt, viel Mühe hat sich Michel zudem mit Schiffen wie der „Mary Morgane“ gemacht, ob es nun filigran in seine Umgebung eingebettet oder ein Ausschnitt hervorgehoben ist. Die Räumlichkeiten von Hannibals Mutter sind mit vielen Details wie Büchern, reich verzierten Spiegeln, einigen wenigen Möbelstücken und alchemistischen Gerätschaften sorgfältig aufgebaut worden. Wir begegnen ihnen in den Erinnerungen Hannibals, die sich in deutlich erkennbarer Form durch eine herabgesetzte Farbsättigung von der übrigen Geschichte mit ihren kräftigen und satten, aber nie überzogenen Farben absetzen.
Mit schaurigen Elementen wie dichtem, bösen Nebel oder einem wie ein riesiger Totenschädel geformter Felsen geht es zu Igilts Grab, das unter einer gewaltigen Steilklippe zu liegen scheint – die Atmosphäre passt sich perfekt der Geschichte an. Das Grab selbst gestaltet der Grafiker romantisch-schön aus und widmet ihm und dem Umfeld gar eine Doppelseite – wieder eine Zeichnung der Art, in der man sich verlieren könnte, zumindest für eine Weile…
Aufmachung des Comics
Die Covergestaltung des A4 großen und als Hardcover vertriebenen Comics hat einen starken Wiedererkennungswert und lässt sich sofort als Teil der Serie „Drachenblut“ erkennen. Dominiert wird das Cover von einer der Hauptfiguren, hier der dämonischen, aber wunderschönen Igilt, die – vermutlich von Jacques Lamontagne – astrein erstellt wurde. Den oberen Teil der Gestaltung bildet eine Szene aus dem vorliegenden Comic, hier rudert Kapitän Mèdiadec mit einigen Mitgliedern seiner Crew auf den Eingang zu Igilts Grab zu – entsprechend dem zur Verfügung stehenden Platz trifft man wieder auf die bereits erläuterte Reduzierung der Details, so dass sich der Leser aus dem Mix dieser beiden Illustrationen einen guten Eindruck über die zeichnerische Qualität machen kann, die ihn im Inneren erwartet. Getrennt werden die beiden Grafiken durch die Schriftzüge des Titels und der Beteiligten. Die Art, wie die Cover dieser Serie aufgemacht sind, hat mich sofort angesprochen.
Auf den Vorsatzpapieren findet sich wieder die Szene aus dem ersten Band mit der Stadt Mont-Saint-Michel in monochromer Form, aber diesmal mit stark orangefarbener Tönung. Vor Beginn des zweiten Teils findet sich eine kurze Zusammenfassung mit den bisherigen Ereignissen, die es dem Leser ermöglicht, schneller wieder in die Geschichte zurückzufinden.
Fazit
Der zweite Band der Serie beschert dem Leser den Ausbruch der Piraten aus der Gefangenschaft und die Reise zu dem düsteren und so gruseligen wie mystischen Grab von Igilt, aber man lernt auch die Figuren – allen voran den Kapitän, aber auch seine Widersacher – deutlich besser kennen. Unterlegt ist die Szenerie von zumeist überzeugenden Zeichnungen von Guy Michel, die sich farbenfroh präsentieren und immer in der Lage sind, die aktuelle Atmosphäre punktgenau für den Leser präsent zu machen.
Hinweise
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Backlist:
Band 1: Jenseits des Nebels