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August 1967. In seinem Schloss in Schottland verbrennt der umjubelte Rockstar Jasper Brown. Ungewöhnlich schnell erkennt Scotland Yard auf Selbstmord. Aber Jaspers Freund, der Guru Indranath Ray, und die jamaikanische Fotoreporterin Cassandra Jones fragen nach. Sie stoßen in ein Wespennest aus Korruption, Sexorgien und Satanismus.

 

Swinging_London 

Originaltitel: Swinging London / Dead End Street 1 + 2
Autor: Thomas Bénet, Christian De Metter
Übersetzer: Resel Rebiersch
Illustration: Christian De Metter
Verlag: Schreiber & Leser - noir
Erschienen: März 2011
ISBN: 978-3-941239-62-3
Seitenzahl: 94 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Ende der Sechziger revolutionierten Studentenunruhen, fernöstliche Glaubenseinflüsse sowie ein freizügiger Umgang mit Drogen und Sexualität altherkömmliche festgefahrene Sitten. Dieser unruhigen Zeit bedient sich das Autorenduo Thomas Bénet und Christian De Metter, um daraus eine atmosphärisch dichte Detektivgeschichte zu entspinnen. Schon bald stellt sich heraus, dass das Mordopfer Jasper Brown alles andere als ein Unschuldslamm war und so wird dessen Freund Indra(nath) Ray, der nicht an Selbstmord glaubt und in dem Fall herumschnüffelt, zusammen mit einer jungen schwarzen Journalistin in dunkle Zirkel hineingezogen, deren einflussreiche Mitglieder ihnen schnell gefährlich werden. Auf nicht mal 100 Seiten wird die stimmige Handlung linear, ohne Abschweifungen und nebensächliche Details bis zur unerwarteten Auflösung am Schluss vorangetrieben. Die schnurgerade Konzentration aufs Wesentliche mag vielleicht für den einen oder anderen ein Negativkriterium sein, mir persönlich gefiel dies allerdings ganz gut. Manchmal braucht es eben nicht mehr, um auf den Punkt zu kommen.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Wie wandlungsfähig Christian De Metters Können ist, beweisen seine beiden grundverschiedenen Artworks von Shutter Island und Swinging London. In Schwarz-Weiß-Optik mit weichen Linien- und Farbverläufen präsentierte sich zuletzt Shutter Island, dagegen erscheint Swinging London fast schon bunt - dennoch alles andere als farbenfroh. Es sind gedeckte Nuancen, die hier Verwendung finden und sich großflächig auf dem Untergrund verteilen. Davon heben sich die Zeichnungen mit stark ausgeprägter Linienführung in schwarzer Tusche ab. Doch nicht nur die Umrisslinien betont De Metter mit Tusche, auch viele Flächen füllt er damit großzügig aus, so dass Schwarz die hervorstechende, dominante Farbe ist, was wiederum perfekt die düstere, geheimnisvolle Grundstimmung der Kriminalhandlung unterstreicht. Es ist insgesamt ein hart wirkender, skizzenhafter Zeichenstil, der vor allem bei den Figuren an Karikaturen erinnert. Nur die surrealen Visionen, die Indra immer wieder heimsuchen, weiß De Metter mit einem anderen Stil nicht nur inhaltlich, sondern auch fürs Auge sofort abzugrenzen. In dem Fall wendet er ein weiches Artwork mit ineinanderfließenden Farbverläufen an, welches dem in Shutter Island ähnelt.

Die Figuren sind im Wesentlichen ihrem Charakter nach treffend ausgeführt und gut voneinander zu unterscheiden. Hauptfigur Indra beispielsweise mit wilder Zottelmähne und Ziegenbärtchen ist ein wortkarger, undurchsichtiger Typ, der aber nichtsdestotrotz einen spröden Charme versprüht, so dass man ihm als Leser gerne überallhin folgt. Bei der Darstellung seiner weiblichen Personen hat De Metter für meinen Geschmack nicht immer ein sensibles Händchen bewiesen. Die Gesichtszüge mehrerer Frauen in diesem Comic unterscheiden sich im Grunde genommen kaum von denen der männlichen Protagonisten. Zu eckig und schroff ist ihr Ausdruck, als dass in ihnen auf den ersten Blick eine Frau erkennbar wäre.

In den Hintergründen sind sowohl der zeitliche Rahmen mit authentischen Autos, Kleidung und Frisuren als auch die Settings London und Schottland durch typische Sehenswürdigkeiten und Baustile ganz gut wahrnehmbar. Als zusätzliche Orientierungshilfe sind alle Szenen- und Ortswechsel mit der genauen Angabe von Ort und Datum im jeweils ersten Szenenbild gekennzeichnet.

Abgesehen von zwei Stellen, wo vielversprechende Anspielungen ins Leere führen (S. 52 und S. 86), ist die textliche Darstellung in dem Krimi rundum gelungen. Sie kommt ohne Erzähltext aus und bedient sich ausschließlich der wörtlichen Rede, die comictypisch mit Großbuchstaben in rechteckige Blasen gesetzt wurde. Kurze bis mittellange Dialoge und nonverbale Szenen wechseln sich geschickt ab, so dass die Geschichte flüssig zu lesen ist und gleichzeitig viel Atmosphäre durch die Bilder transportiert wird, obwohl letztere meist kleinformatig daherkommen – die  größten unter ihnen füllen gerade mal ein Drittel der Seite.


Aufmachung des Comics
In stabiler, schön aufgemachter Hardcover-Bindung präsentiert sich diese Graphic Novel mit matten, harten Umschlagdeckeln und einer sehr guten, festen Papierqualität im Innenteil. Ansonsten weist sie aber keine Extras auf, der Anhang besteht lediglich aus einer Übersicht mit allen noir-Titeln bei Schreiber & Leser. Die patchworkartige Coverillustration vermittelt auf perfekte Weise, was einen im Innenteil erwartet: ein Krimi in düsterer Atmosphäre und künstlerisch anspruchsvollem Artwork. Von dem dunklen Untergrund heben sich Titel und Künstlernamen vorteilhaft in Weiß ab. Die dezent gestaltete Rückseite des Buches hat einen schwarzen Untergrund, auf dem die Inhaltsangabe in weißer Schrift abgedruckt ist, ebenso ziert sie eine kleinformatige Illustration aus dem Innenteil.


Fazit
Dieser Krimi aus der noir-Reihe bei Schreiber & Leser hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Mit einem künstlerisch anspruchsvollen Artwork und dichter Erzählatmosphäre hält er den Leser bis zur überraschenden Auflösung bei der Stange. Eine klare Empfehlung von mir!


4 Sterne


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