Smaller Default Larger

Er ist kein Polizist, kein Privatdetektiv – und trotzdem dreht sich in seinem Leben alles um den Tod. Pieter Posthumus arbeitet bei der Stadt Amsterdam im „Büro der einsamen Toten", wo man sich um die vergessenen Toten kümmert – Menschen, die keiner vermisst – und ihnen ein würdiges Begräbnis ausrichtet. Bei seiner Arbeit stößt Posthumus auf manche Ungereimtheit und gerät mitten in seinen ersten Fall: Eine Leiche ist in der Prinzengracht gefunden worden ...

 

Das Buero der einsamen Toten HB  Originaltitel: Heldhaftig
Autor: Britta Bolt
Übersetzer: Kathleen Mallett und Heike Schlatterer
Sprecher: Johannes Steck
Verlag: Hoffmann & Campe
Erschienen: 03/2015
ISBN: 978-3455310269
Spieldauer: 468 Minuten, 1 mp3-CD; gekürzte Lesung

 
Die Grundidee der Handlung
„Unkooperativ und nicht teamfähig" - nicht gerade das, was man in der Personalakte stehen haben möchte. Und doch war genau das der Grund, warum Pieter Posthumus von der "internen Revision" zum Amt für Katastrophenschutz und Bestattungen versetzt worden ist. Da die letzte Katastrophe lange her ist, besteht die Hauptaufgabe des Amtes nun in der Bestattung von Toten, die keine Angehörigen mehr haben, weshalb man es unter "Büro der einsamen Toten" kennt. Eigentlich ist das ein Bürojob, in dem man vielen traurigen Schicksalen begegnet und lästigen Papierkram erledigt und auch die "Hausbesuche" in den Wohnungen der Verstorbenen bieten selten eine angenehme Abwechslung. Doch aufgeben liegt nicht in Posthumus' Natur und so will er versuchen, aus "diesem Job etwas zu machen und auch diesen Toten einen würdigen Abschied zu geben". Und dann kommt dieser Morgen: Gleich drei unbekannte Tote auf einmal: Eine 90-jährige, an Demenz erkrankte Frau ohne Angehörige, ein etwa 40-jähriger Mann, erhängt in einer Mansarde, ohne Abschiedsbrief und ein toter Araber, der in eine Gracht gestürzt war. In der Wohnung des "Mansardenmannes", wie er fortan vorläufig heißt, finden sich widersprüchliche und seltsame Indizien. Die Wohnung ist die eines Messies, der sehr zurückgezogen lebte und kaum das nötigste zum Leben hatte, aber es finden sich ein teurer Füllfederhalter, ein Band mit offenbar selbst geschriebenen Gedichten und ein Sexsspielzeug mit einem seltsamen Symbol. Als dasselbe Symbol bei dem in der Gracht ertrunkenen Mann auftaucht und schließlich ein Verwandter des Mannes Posthumus um Hilfe bittet, weil er - im Gegensatz zur Polizei - weder an Selbstmord noch an Unfall glaubt, beginnt der städtische Angestellte zu ermitteln und gerät nach und nach in einen Fall, der Fragen aufwirft. Fragen nach der Unterschiedlichkeit der Kulturen, Fragen nach der Terrorabwehr und ihren Befugnissen und Fragen nach der Bedeutung von Familie - auch in Posthumus' eigenem Leben ...

Regional-und Städtekrimis scheinen ein stetig wachsendes Genre zu sein. Piether Posthumus ist jedoch ein besonderer Ermittler. Zum einen, weil er eigentlicher gar kein offizieller Ermittler ist, zum anderen, weil er eine Glaubwürdigkeit ausstrahlt, die überzeugend wirkt und das gleich in mehreren Punkten. Man nimmt ihm ab, dass sein Hauptinteresse darin besteht, den verstorbenen Menschen etwas Würde zurückzugeben, man nimmt ihm seine eigene Menschlichkeit ab, mit all seinen eigenen Problemen und Brüchen in der Biografie. Erfreulich ist zudem, dass er sich mit ihnen auseinandersetzt, statt sie mit Substanzen zu betäuben. Die Grundidee wirkt auch deshalb auf mich überzeugend, weil es irgendwie gut tut, zu spüren, dass in einer solch formalen Umgebung aus Aktendeckeln, Fallnummern, völlig unbekannten Toten und formalen Notwendigkeiten noch echte Menschen mit Seele sitzen.

Der erste Fall selbst ergibt sich eher zufällig aus Mitleid mit dem Verwandten, gepaart mit Posthumus' möglicherweise etwas vorschnellem Versprechen zu helfen und seiner "eingebauten Abneigung" gegen die Polizei. Passend. Auch die Art, wie sich nach und nach Zusammenhänge und Verbindungen ergeben wirkt schlüssig und überzeugend. Leider wirkt der große Bogen zu Terrorabwehr, Geheimdienstbefugnissen und Grenzen seines Vorgehens manchmal etwas sehr groß, auch wenn dieses Buch zwischen den Zeilen berechtigte Fragen stellt, über die es sich nachzudenken lohnt.


Darstellung des Hörbuchs
Das Hörbuch wird gelesen von Johannes Steck, der bereits als Sprecher der Bruno-Reihe überzeugt. Auch diesen Krimi liest er mit breiter stimmlicher Varianz, sodass jede handelnde Person eine eigene und unverwechselbare Stimme bekommt. Dabei ist auch klar zwischen Männer-und Frauenstimmen zu unterscheiden, ohne dass die Differenzierung jemals albern wirkt. Stimmliche Eigenschaften wie Anspannung, Befehle oder auch "letzte Ermahnungen" des Vorgesetzen transportiert Herr Steck genauso gekonnt, wie Erschöpfung, Selbstzweifel und Kampfgeist in Posthumus' Stimme. All das, zusammen mit einem Portrait der Stadt Amsterdam und seiner Menschen, das sofort "Kopfkino" entstehen lässt, machen dieses Hörbuch zu einem echten Hörvergnügen. Bleibt den Hörern und der Serie zu wünschen, dass der Sprecher auch für hoffentlich erscheinende Fortsetzungen gewonnen werden kann.


Aufmachung des Hörbuchs
Die einzelne mp3-CD kommt in einer dünnen Pappe zum Aufklappen daher. Das Cover ist dafür ein echter Aha-Effekt. Es zeigt auf der rechten Hälfte eine Waffe mit dazugehörigem Magazin. Beides ist in den typisch niederländischen Mustern für das berühmte Porzellan, in „Delfter Blau" gehalten. Auf der Waffe finden sich Blumen, das Magazin ziert eine Windmühle. Auf der linken Seite findet man Autorenname und Buchtitel in blau beziehungsweise weiß. Klappt man die Hülle auf, so findet man links die Copyright-Angaben zu Buch-und CD-Produktion, rechts kurze Autoren- und Sprecherbiografien mit kleinen Schwarzweiß-Fotos. Die CD selbst entspricht in der Gestaltung der linken Coverhälfte. Ein Booklet oder weitere Informationen gibt es nicht. Schade!


Fazit
Starkes Debüt, überzeugender Ermittler, schlüssige Geschichte trotz etwas zu großem Spannungs-und Handlungsbogen. Posthumus macht definitiv Lust auf weitere Fälle, deshalb


4 Sterne


Hinweise
Dieses Hörbuch kaufen bei: amazon.de oder deinem Buchhändler vor Ort

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo