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Eine große Geschichte über einen kleinen Jungen mit einem besonderen Blick auf die Welt.

Der neunjährige Milo leidet unter Retinitis pigmentosa: Sein Sehvermögen lässt immer stärker nach, und irgendwann wird er vollständig erblinden. Aber noch sieht er die Welt – wenn auch nur wie durch ein Nadelöhr. Doch so bemerkt er Kleinigkeiten, die anderen entgehen. Als seine 92-jährige Großmutter dement wird und in ein Altersheim umziehen muss, fallen Milo dort seltsame Vorgänge auf. Die Erwachsenen interessieren sich für Milos Erkenntnisse nicht, und so bleiben ihm nur der Koch Tripi und sein Ferkel Hamlet, um ihm bei seiner Mission zu helfen. Milo ist nämlich entschlossen, seine Großmutter wieder nach Hause zu holen, die Machenschaften der Heimleiterin offenzulegen und – vielleicht – seine Eltern zu versöhnen.

 

Der Junge der mit dem Herzen sah 

Originaltitel: What Milo saw
Autorin: Virginia Macgregor
Übersetzerin: Wibke Kuhn
Verlag: Manhattan
Erschienen: 31.08.2015
ISBN: 978-3-442-54749-4
Seitenzahl: 416 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die Kurzbeschreibung des Verlags ist bereits recht ausführlich, sodass es dieser nichts hinzuzufügen gibt, ohne zu viel zu verraten – und das wäre schade, denn es lohnt sich allemal, gemeinsam mit Milo die Geschichte zu entdecken, die er zu erzählen hat. Virginia Macgregor bezaubert mit einem eindringlichen Stil und einem liebevoll ausgearbeiteten Roman.


Stil und Sprache
Dezente Andeutung, die wie nebenbei in die 70 Kapitel umfassende Handlung eingeflochten sind, wecken von Anfang an die Neugier des Lesers; zudem macht es die Autorin ihren Figuren alles andere als leicht und lässt sie immer wieder stolpern. Milos herzerwärmende Art, mit der er den Leser innerhalb weniger Seiten für sich einnimmt, tut sein übriges dazu, dass man das Buch schon bald nicht mehr aus der Hand legen mag. Milo ist es auch, aus dessen Sicht ein Großteil der Geschichte erzählt wird, und obwohl sich Virginia Macgregor für die 3. Person entschieden hat, scheint kaum eine Distanz zu ihm zu bestehen. Neben Milo kommen seine Mutter Sandy, seine Gran Lou und Tripi zu Wort – und allen ist man dabei dank des intensiven Schreibstils unheimlich nahe.

Der Erzählstil ist einfach wunderschön und enorm bildreich: „Der Himmel war jetzt schon ein bisschen heller geworden, ein tintiges Grau, durch das langsam das Sonnenlicht sickerte wie Tau, tröpfchenweise und zäh“ (Seite 34). Gerade Milos Sicht auf die Welt ist spannend zu verfolgen und der detaillierte Stil passt perfekt zu ihm. Er nimmt mehr wahr, als die meisten Menschen um ihn herum: „Es ging um Dad und sie, und dass sie ohne ihn irgendwie nicht besonders gut zurechtkam. Als hätte Dad bei seinem Verschwinden ein paar von den Schrauben mitgenommen, die Mum zusammenhielten, und jetzt konnte sie nur noch wacklig gehen und drohte ständig komplett auseinanderzufallen“ (Seite 327).

Das Ende ist traurig und schön zugleich und mag vielleicht ein wenig dick aufgetragen sein, passt jedoch zur kindlichen Vorstellungskraft Milos. Und wünschen wir uns nicht selbst, dass alle glücklich und zufrieden sind?


Figuren
Sandy ist bereits in jungen Jahren schwanger geworden, denn mit ihren gerade einmal 27 Jahren hat sie mit Milo einen fast schon 10 Jahre alten Sohn. Seit ihr Mann mit einer Anderen durchgebrannt ist, schlägt sie sich mehr schlecht als recht durch, leidet unter Depressionen und chronischem Geldmangel. Sie versucht die Probleme vor Milo zu verstecken, doch er sieht mehr, als ihm die meisten aufgrund seines Alters und seiner Augenkrankheit zutrauen. Milo hat nicht unbedingt das beste Verhältnis zu seiner Mutter, dafür eine umso tiefere Bindung zu seiner Urgroßmutter Lou – der Mutter seines Vaters –, die bei ihnen wohnt und um die er sich liebevoll kümmert. Allerdings wird sie immer verwirrter und baut auch körperlich rapide ab, sodass es unumgänglich ist, dass sie in ein Heim kommt. Dort lernt Milo Tripi kennen und freundet sich mit dem tollpatschigen, gutmütigen jungen Mann an, der im Vergissmeinnicht-Heim in der Küche arbeitet.
All diese Figuren sind unheimlich vielschichtig und authentisch ausgearbeitet, doch am faszinierendsten ist Milo. Er wirkt so viel erwachsener, als es seine gerade einmal neun Jahre vermuten lassen. Er ist hilfsbereit, selbstlos und man muss ihn einfach gern haben. Seine kindliche Naivität gepaart mit seiner Intelligenz und klugen Weltsicht ist einfach herzerwärmend und macht durchaus nachdenklich. Dieser kleine Junge, der früher oder später erblinden wird, öffnet einem die Augen: „Er [Milo] war es leid, immer nur unschöne Dinge zu sehen, wenn er auf die Welt blickte. Manchmal wünschte er sich geradezu, seine Augen würden sich beeilen und endlich ihre ganze Sehkraft verlieren.“ (Seite 226)


Aufmachung des Buches
Das Buch erscheint als Klappenbroschur im Manhattan-Verlag und vereint auf dem Cover wichtige Elemente aus der Geschichte. Doch auch ohne diese zu kennen ist es ansprechend gestaltet und weckt die Neugier des Betrachters.


Fazit
Ein bewegendes Buch. Man sollte sich unbedingt von Milo an die Hand nehmen lassen und versuchen, die Welt durch (s)ein Nadelöhr zu betrachten.


4 5 Sterne


Hinweise
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