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„Die Lichter von Blackpool, heißt es, sind nachts über Meilen zu sehen; bis in die leere Dunkelheit, die das Leben umgibt. Wer sieht sie von dort?“

Joseph Nash, Frauenfreund, Kriegsheld und vom Glück verlassener Herumtreiber, ist dabei, es herauszufinden - ob er es will oder nicht. Als er morgens fröstelnd und ohne einen Penny in der Tasche an einer Blackpooler Straßenbahnhaltestelle aufwacht, sitzt eine fremde Katze auf seiner Brust, die ihn nachdenklich betrachtet. Wenig später taucht sie wieder auf, diesmal auf den Stufen eines wunderlichen alten Hauses, das den Nachbarn in der Straße nicht ganz geheuer ist: "Seacrest House" steht auf dem abgefallenen Schild. Wie es scheint, werden dringend Handwerker gebraucht. Josh findet sich mit einer Werkzeugskiste wieder, aber die Pension ist nicht der sichere Unterschlupf, auf den er gehofft hatte. Eine schaurige Vergangenheit liegt wie ein Spinnennetz über den verstaubten Räumen. Bald ist auch Josh in den unsichtbaren Fäden gefangen.

 

Seacrest House 

Autor: Lilach Mer
Verlag: UBV
Erschienen: Oktober 2013
ISBN: 978-3943378108
Seitenzahl: 150 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Als Josh nach dem Krieg nach Blackpool geht, scheint die Stadt ihm nichts bieten zu können außer Hunger und Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit. Doch dann findet er durch eine Reihe von Zufällen seinen Weg zu einem alten Hotel, „Seacrest House“. Auf den ersten Blick nur ein weiteres heruntergekommenes Haus in der Stadt, doch bald merkt Josh, dass viel mehr hinter den alten Gemäuern steckt und die düstere Vergangenheit nicht nur im Tratsch der Nachbarn noch immer sehr lebendig ist …

Auch wenn der erste Blick es vermuten lässt, ist „Seacrest House“ keine klischeehafte Schauergeschichte. Die gruseligen Momente halten sich in Grenzen, stattdessen bietet Lilach Mer dem Leser eine spannende Handlung, einige Überraschungen und eine düster-stimmungsvolle Atmosphäre.


Stil und Sprache
In „Seacrest House“ wird die Handlung größtenteils in dritter Person aus Joshs Sicht erzählt. Zwischendurch werden auktoriale Passagen genutzt, um die Stimmung zu verdichten. Die dadurch und durch den herausragenden Schreibstil von Lilach Mer geschaffene Atmosphäre war für mich das Highlight der Novelle. Die bildgewaltigen Beschreibungen der Autorin sind teilweise beinahe philosophisch und fangen die Stimmung der Zeit großartig ein. Die schaurigen Vorkommnisse im Hotel gewinnen so zusätzlich an Gewicht und sorgen für Gänsehaut beim Leser.

Ganz so überzeugend wie der Schreibstil war der Inhalt zwar nicht immer, aber die Handlung von „Seacrest House“ ist auf jeden Fall interessant. Die Spannung kommt eher phasenweise auf und das Ende ist nicht mehr ganz so unvorhergesehen wie ich es mir gewünscht hätte. Einige Überraschungen gibt es  aber doch und so folgt man Josh gerne durch die Seiten.


Figuren
Ein wirklicher Sympathieträger ist Josh anfangs nicht. Die Kriegszeit hat deutliche Spuren hinterlassen, als Rumtreiber lässt er sich ziellos durchs Leben treiben und die angedeuteten Frauengeschichten sprechen absolut nicht für ihn. Mit der Zeit lernt man ihn aber besser kennen und kann mitverfolgen, wie er sich immer weiter von diesem ziellosen, unverantwortlichen Wesen entfernt und besonders die Andeutung seiner weiteren Entwicklung zum Schluss der Novelle hat mir sehr gut gefallen. Schon am Anfang schafft Lilach Mer es aber, dass man sich in Josh hinein versetzen kann und ihn zwar nicht unbedingt mag, aber auf jeden Fall versteht. Gleichzeitig erzeugt ihre Beschreibung Mitleid beim Leser.

Nur wenige Nebencharaktere nehmen nennenswerten Anteil an der Handlung – die meisten treten genau einmal auf, tragen ihren Teil bei und verschwinden dann wieder. Für ein so kurzes Büchlein fand ich das sehr angenehm, weil man sich voll auf die eigentliche Handlung fokussieren kann. Näher kennen lernt man eigentlich nur die Leiterin des Hotels und ein paar Charaktere aus der Vergangenheit. Diese sind gut getroffen und insbesondere letzteren wurde die richtige Mischung aus düster, melancholisch und humorvoll mitgegeben.


Aufmachung des Buches
Die Novelle „Seacrest House“ erschien als kleinformatiges Taschenbuch. Auf dem Cover sieht man das namensgebende Haus, das wie eine düstere Vision über einem geöffneten Buch schwebt. Auch die Katze, die eine nicht unerhebliche Rolle in der Handlung spielt, ist neben dem Titel abgebildet. Im Buchinneren tragen kleine Zeichnungen von Spinnen zusätzlich zur bedrohlichen Stimmung bei, auch wenn sie leider ansonsten keinen Bezug zur Handlung haben.


Fazit
Lilach Mer hat mit „Seacrest House“ keine typische Schauergeschichte geschrieben, sondern eine Erzählung, die einen vom Glück verlassenen Rumtreiber auf Umwegen zurück ins Leben führt und sich dafür einer düsteren Stimmung und einiger Schreckmomente bedient. Damit kann das Büchlein auch durchaus von ängstlicheren Lesern gelesen werden und allein für den wunderbar atmosphärischen Schreibstil der Autorin lohnt sich die Lektüre.


3 5 Sterne


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