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Der junge Archäologe Tyen entdeckt ein Buch, in dem seit vielen Jahrhunderten das Bewusstsein einer Frau gefangen ist: Vella war einst eine talentierte Buchbinderin, bis ein mächtiger Magier sie mit einem Zauber belegte und dazu verfluchte, für alle Zeit das Wissen der Welt in sich aufzunehmen. Und so weiß Vella, dass Tyens Heimat und allen, die ihm am Herzen liegen, eine schreckliche Katastrophe droht. Allerdings kann sie Tyen nur helfen, wenn es ihm gelingt, den Fluch des Buches zu brechen. Und tatsächlich hat Tyen keinen dringlicheren Wunsch, als Vella zu befreien – der längst seine Liebe gehört …

 

Die Begabte 

Originaltitel: Thief´s Magic. Book One of Millenium´s Rule
Autor: Trudi Canavan
Übersetzer: Michaela Link
Verlag: Penhaligon
Erschienen: 11/2014
ISBN: 978-3-7645-3105-8
Seitenzahl: 672 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Auf einer Expedition findet der junge Student Tyen ein magisches Buch – und weiß sofort, dass er da einen Schatz in der Hand hält. Doch bevor er es an die Akademie aushändigt, will er seinen Fund noch ein wenig studieren. Ein Fehler mit ungeahnten Folgen, wie er einige Zeit später bitter erkennen muss. Sein Professor versucht ihn des Diebstahls anzuklagen und von einer Minute auf die andere befindet sich Tyen auf der Flucht vor der Akademie und der Polizei. Eine Flucht, die ihn nicht nur an die Grenzen seines Landes und darüber hinaus bringt, sondern ihm auch die Erkenntnis beschert, dass der Lehrplan der Akademie nicht ohne Fehler ist.

Rielle ist die brave und gehorsame Tochter einer respektierten Färberfamilie. Sie besucht den Tempel am Ende der Stadt und soll eine gute Partie machen, um die Familie in der Gesellschaft noch weiter nach oben zu bringen. Doch ein einziger Gang vom Tempel nach Hause ändert Rielles Leben für immer, als sie etwas sieht, was in ihrem Land verboten ist. Von da an gleicht ihr Leben einer außer Kontrolle geratenen Achterbahn, an deren Ende der Abschied von ihrer Familie steht.

Sehr gediegen und mit einer ebenso detaillierten Fantasie hat Trudi Canavan diesen Fantasy-Roman in Szene gesetzt.


Stil und Sprache
Trudi Canavan hat einen etwas gewöhnungsbedürftigen Sprach- und Schreibstil. Ihre Fantasie ist klasse, daran besteht kein Zweifel. Es fällt nur schwer, in den oftmals langen Ergüssen sich die Dinge dann auch so vorzustellen, wie die Autorin diese sieht. Bei den Luftwagen kann man ihr noch einigermaßen folgen, doch bei so manch anderem steigt man nach nur wenigen Sätzen geistig aus – und die eigene Fantasie ist gefragt. Im Grunde nicht schlimm, nur erwartet ein Leser von einer High-Fantasy-Autorin (und Trudi Canavan zählt zweifelsohne dazu), dass solche Ausrutscher nicht passieren. Dabei hat sie einige wunderschöne Erfindungen des Industriezeitalters für ihre Handlung grandios modifiziert und sogar mit einem gewissen Charme versehen. Und ihre Landschaftsbeschreibungen sind einfach nur klasse. Mit wenigen Worten zaubert sie da Wüstenbilder in den Kopf des Lesers, lässt die faszinierende Schönheit der Meere erstrahlen und zeigt dem Leser den Zauber und die majestätische Erhabenheit der Berge.
Die Handlung selbst hat so ihre Schwachstellen. Die Idee mit dem magischen Buch ist einfach gut, keine Frage. Nur die Umsetzung ist etwas misslungen. Es dauert lange bis Schwung in die Geschichte kommt und Trudi Canavan eine Art Schema erkennen lässt. Der Leser beginnt sich in die Ereignisse einzufinden, wird mit den Charakteren vertraut und lernt eine völlig andere Welt kennen. Aber nach einigen Kapiteln kommt die Frage auf, was die beiden Figuren Tyen und Rielle denn miteinander zu tun haben, wo eine Verbindung ihrer Leben besteht. Allerdings geht die Autorin darauf nicht wirklich ein. Der unsichtbare Erzähler erzählt in zwei unterschiedlichen Handlungssträngen von deren Leben. Über elf Teile hinweg gibt es keinerlei Kreuzungen oder gar eine Zusammenführung der beiden Stränge. Nur ganz am Ende bekommt man eine Ahnung davon, inwieweit die beiden vielleicht miteinander zu tun haben könnten, doch das ist nur ein Gefühl – sicher ist es nicht.  

Zugegeben, der Roman kann mit einigen unerwarteten Wendungen und so manch unerfreuliche Überraschung etwas punkten, doch wie das alles zusammenhängt, das wird bis zum Schluss nicht klar. Im Gegenteil, der verunglückte Cliffhanger sorgt eher für noch mehr Verwirrung. 


Figuren
Trudi Canavan scheint ein Faible für eine antiquierte Gesellschaft zu haben. Ihre weiblichen Charaktere haben kein leichtes Spiel, dürfen so gut wie nichts und müssen sich strengen Regeln und Verboten unterwerfen. Gelegentliche Ausbrüche werden bestraft und entsprechend geahndet. In den Kapiteln um Tyen erlebt der Leser das durch die Augen eines Mannes. In denen um Rielle aus der Sicht einer Frau. Einerseits war es sehr interessant und spannend diese unterschiedlichen Perspektiven zu erleben, die inneren Stärken der Frauen und Männer zu erfahren und miterleben zu können, wie diese an den Dingen wachsen. Gleichzeitig gibt es aber auch Stellen, wo man sich als weiblicher Leser unwillkürlich denkt: Musste das sein? Die Autorin bringt die unterschiedlichsten Schichten der menschlichen Gesellschaft zusammen, zeigt deren Stärken und Schwächen und macht deutlich, dass Freiheit und Selbstbestimmung nicht selbstverständlich sind. Eigenes Denken ist nicht erwünscht, und dass Frauen genauso einen Luftwagen fliegen können, wie Männer, ist ein absolutes Unding in diesem Roman.


Aufmachung des Buches
Das schwarz gebundene Buch hat einen Schutzumschlag, dessen optische Aufmachung mich sofort fasziniert hat. Komplett in Schwarz gehalten, sticht die weiß gekleidete Frauengestalt aus dem dunklen Hintergrund herrlich hervor. Die goldene Lichtkugel, die sie auf ihrer linken Hand hält, gibt dem Ganzen einen magisch geheimnisvollen Touch. Der Buchtitel ist in silbernen glänzenden Buchstaben hervorgehoben. Der Buchrücken zeigt nur den Buchtitel und Autorennamen. Auf der Rückseite ist das Covermotiv in klein nochmals unten links zu sehen. Ein weißer Text zeigt dem Interessierten, wovon der Roman handelt. Absolut klasse gelungen.

Es wäre vielleicht besser gewesen, dem Roman seinen Originaltitel zu lassen. Der deutsche sorgt doch für so einiges an Verwirrung – was die Handlung angeht.


Fazit
Keine Frage, die Autorin hat eine fantastische Fantasie, doch in der Ausführung hapert es und so reicht es nur zum Durchschnittsroman. Hoffentlich wird der zweite Teil besser.


3 Sterne


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