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Kategorie: Krimis

Hochwasser am Po: Die Dörfer werden evakuiert. Nur die Alten harren aus und sehen zu, wie der Lastkahn des alten Tonna führungslos den Fluss hinuntertreibt. Als kurz darauf dessen Bruder zu Tode kommt, mag Commissario Soneri aus Parma nicht an Zufall glauben. Aber bei seinen Ermittlungen stößt er auf eine Mauer des Schweigens: Alle im Dorf kannten die Brüder, doch niemand möchte über sie sprechen …

 

  Autor: Valerio Varesi
Verlag: Rowohlt
Erschienen: 2008
ISBN: 978-3-499-23780-5
Seitenzahl: 283 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Barigazzi gibt gerade im Circolo Nautico die neue Meldung über den Wasserstand durch als er merkt, dass der Kahn vom Alten Tonna ablegt. Er kennt den Fluss, er kennt die Leute und merkt sofort, dass an dem Manöver etwas nicht stimmen kann. So würde Anteo Tonna niemals losfahren. Während der Kahn den Fluss hinunter treibt, steigt das Hochwasser unaufhörlich weiter. Als die Carabinieri versuchen, die Gegend um den inneren Deich zu evakuieren, beobachten die Posten am Fluss, wie Tonnas Kahn scheinbar steuerlos durch die Fluten treibt und schließlich auf das nahe Ufer aufläuft. Doch es ist niemand an Bord. Zur selben Zeit ist Commissario Soneri aus Parma bereits damit beschäftigt, den Tod eines Alten Mannes im Klinikum aufzuklären. Er hatte sich offensichtlich aus dem Fenster gestürzt. Doch die Verletzungen der Leiche und der scheinbare Absprungort sprechen eine andere Sprache. Nanetti von der Spurensicherung und Soneri sind sich einig: es war Mord. Als der Commissario herausfindet, dass der ermordete Selbstmörder Tonna genauso heißt wie der vermisste Flussschiffer, zieht in der Po-Ebene ein dichter Nebel auf, der genauso undurchsichtig ist wie die Rätsel um die beiden Tonna-Brüder. Soneri ist sich sicher, die Lösung des Falles muss in der Faschistischen Vergangenheit der Tonnas liegen. Doch wird sich die Verschwiegenheit der Leute am Po, die genauso dick ist wie der Nebel, der die Flussauen umwabert, auflösen? Soneri weiß, nur wenn er den Zugang zu den Leuten und ihren Erinnerungen aufbauen kann, wird er den Fall lösen.


Stil und Sprache
Valerio Varesi hat seiner Geschichte eine extrem stimmungsvolle Aura verpasst. Er lässt seinen Commissario Soneri, der aus Parma stammt, in der Po-Ebene, dem Herzen der Emiglia Romagna, ermitteln. Hier hat sich alles dem Lauf des Stroms - der Po ist der längste Fluss Italiens - untergeordnet. Wetterextreme wie Hochwasser und Starknebel aber auch extreme Hitze bestimmen das Leben der Bewohner dieser Region. Varesi macht sich dies zunutze und entführt den Leser förmlich in eine Traumwelt, die durch seine ausführlichen und detailverliebten Beschreibungen der Orte und Szenen vor dem inneren Auge zur Realität wird. Durch die Verwendung von einfachen, leichtverständlichen Worten sorgt er zusammen mit der spannenden atmosphärischen Geschichte für einen flotten Lesespaß. Er schafft es nahezu perfekt die düstere alles erdrückende Stimmung des Nebels zu malen. Man spürt förmlich die Kälte des Regens, den alles umschließenden Nebel, der mit seiner Feuchtigkeit überall eindringt und an der Seele nagt. Die geschichtlichen Fakten baut er informativ, aber ohne den Leser damit zu quälen, in seinen Kriminalfall ein.


Figuren
Genauso bildlich wie seine Szenen in der nebligen Po-Ebene stellt er seine Charaktere dar. Verschlossen, krautig, knorrig, am harten Leben gealtert, von den Widrigkeiten des Flusses gezeichnet. Alles passt zu dem Gesamtbild und wenn man diese Gegend schon mal bereist hat, findet man diese Personen an jeder Ecke wieder. Da ist nichts erfunden, alles wirkt echt und authentisch. Auch Commissario Soneri selbst ist als Mann mitten im Leben dargestellt. Launisch wie das Wetter ist er sehr facettenreich, eben nicht nur Schwarz/Weiß. Er handelt sehr überlegt, lässt sich oft von seinen Bauchgefühlen leiten und eckt so nicht selten bei seinen Vorgesetzten an. Im klaren Gegensatz zu seiner ruhigen Ermittlungsart im Beruf steht seine Beziehung zu Angela. Sie ist wild, oft ungezügelt, er lässt sich von ihr regelrecht unterdrücken, scheint sich aber dabei wohl zu fühlen. Ganz klar ein Mann, ein Pärchen, von dem der Leser mehr erfahren möchte.


Aufmachung des Buches
Das in Blautönen gehaltene Cover zeigt eine düstere Nebelstimmung und passt so perfekt zum Bühnenbild der Geschichte. Zum leichteren Verständnis wurde dem Buch eine Übersichtsskizze der Po-Region vorangestellt. So kann der Leser immer nachvollziehen, wo sich die einzelnen Szenen gerade abspielen. Am Ende gibt es noch eine Leseprobe zu Soneris 2. Fall.


Fazit
Eher durch Zufall habe ich Valerio Varesi entdeckt und muss nun sagen, dass ich seit langem keinen so guten italienischen Krimi mehr gelesen habe. Das Buch ist so gut, dass man sich während des Lesens schon auf den nächsten Fall freut. Wer atmosphärische, stimmungsgeladenen Krimis mit einer guten Portion Spannung mag, wird hier seine wahre Freude haben. Vorsicht: Suchtgefahr!


5 Sterne


Hinweise
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