Unverhofft katapultiert ein Casting Elina in die nächste Runde der Fernsehshow Sing Factory. Doch obwohl ihre neuen Fans sie umjubeln, fühlt sich Elina immer häufiger leer und taub. Und als ihr Luuk, einer der Juroren, auch hinter den Kulissen Aufmerksamkeit schenkt und sich die beiden näherkommen, gelingt es ihr nur durch Selbstverletzungen, mit ihren Zweifeln umzugehen. Denn Elina leidet an Borderline – aber mithilfe echter Freunde findet sie schließlich ihren Weg.
Autor: Jana Frey |
Die Grundidee der Handlung
Elina fühlt sich schon immer einsam, als sei sie in der falschen Familie aufgewachsen. Ihre einzigen Freunde sind Oskar, Selma und ihre Großmutter Signe. Als Oskar sie bei einer Casting-Show für Gesangstalente anmeldet, zögert Elina zunächst, nimmt dann aber – auch ein bisschen aus Trotz, weil alle anderen dagegen sind – doch teil. Und erreicht die nächste Runde. So richtig lebendig fühlt sie sich aber erst, als Luuk, einer der Juroren, sich für sie zu interessieren scheint. Was er wirklich von ihr will, merkt Elina erst viel zu spät …
Der Rückentext ist ein bisschen irreführend, denn Elina weiß gar nicht, dass sie an Borderline leidet und woher ihr Drang kommt, sich selbst zu verletzen. Dennoch zeigt die Autorin sehr einfühlsam die Sorgen und Nöte der jungen Frau, die alles tun würde, um sich selbst zu spüren. Stellt eindrucksvoll dar, wie sich die Krankheit entwickelt und was sie auslöst – bei allen Beteiligten. Dass dann am Ende nicht alles sofort wieder gut ist, sondern Lücken und Probleme bleiben, vermittelt gleichzeitig Hoffnung und Sorge.
Stil und Sprache
Alles beginnt mit einem Sprung aus einem Fenster. Dass es Elina ist, die gesprungen ist, und warum sie es tat, zeigt sich erst später. In den auf diesen Prolog folgenden Kapiteln erzählt Elina in der Ich-Perspektive ihre Geschichte. So kommt man ihr schnell sehr nahe, auch wenn man zunächst etwas hilflos angesichts ihrer Krankheit ist. Denn auch wenn der Titel das Problem ja schon benennt, können sich die wenigsten Menschen in eine Borderline-Betroffene hineinversetzen. Jana Frey gelingt es aber sehr gut, den passenden Ton zu treffen, die Balance zwischen Jugendsprache und einfühlsamen Beschreibungen von Elinas Empfindungen zu halten. Ganz großartig gelungen ist in meinen Augen Elinas Abschied von ihrer sterbenden Großmutter, selten habe ich eine einfühlsamere Schilderung einer letzten Zwiesprache gelesen.
Ich spür mich nicht richtet sich an Leser ab 12 Jahren, so dass Jana Frey natürlich bemüht ist, ihre Geschichte auch und gerade für diese Leserschaft verständlich aufzubereiten. Erwachsene Leser haben dafür manchmal das Gefühl, hier spielt ein bisschen viel Naivität mit, besonders die Szenen zwischen Luuk und Elina lassen einen innerlich aufstöhnen, auch wenn man weiß, dass Elinas Reaktionen auf ihre Erkrankung zurückzuführen sind.
Das Ende kommt dann schnell, höchst dramatisch und für meinen Geschmack zu offen daher, hier hätte ich mir etwas mehr „Aufarbeitung“ der Hintergründe erhofft und einen weiteren Ausblick darauf, wie es weitergehen könnte.
Figuren
Elina ist die zentrale Figur dieser Geschichte und es werden auch allein ihre Empfindungen und ihre Sichtweise der Dinge dargestellt. So ist man ihr einerseits sehr nah, bekommt aber andererseits außerhalb ihres Aktionsradius‘ nur wenig mit. Elina wächst in der „falschen“ Familie auf, zumindest empfindet sie es so, da ihre Mutter sie erst sehr spät bekommen hat und wenig Zeit mit ihr verbringt. Ihre große Schwester ist längst aus dem Haus, ihr Vater hat die Familie verlassen. Die Einzige, mit der sie sich gut versteht, ist ihre Großmutter Signe. Als diese stirbt, bricht Elinas Welt vollends zusammen und auch ihr Schulfreund Oskar dringt nicht mehr zu ihr durch. Dabei ist er – wie sich später herausstellt – die einzige Konstante in Elinas Leben und für sein Alter sehr abgeklärt und erwachsen.
Alle anderen Figuren spielen nur am Rande mit, von Elinas Mutter, ihrer Schwester und auch von Luuk kann man sich nur ein oberflächliches Bild machen, das ausschließlich auf Äußerlichkeiten beruht. Diese knappe Darstellung passt aber gut zur Handlung und ist daher vollkommen in Ordnung.
Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover eine junge Frau, die im Scheinwerferlicht vor Publikum steht und die Arme hochreißt. Innen gibt es nach einem kurzen Prolog insgesamt 15 nummerierte Kapitel und als Anhang verschiedene Adressen von Kinderschutzverbänden.
Fazit
Eine anrührende, aufwühlende Geschichte, die hilft, Borderline und die von der Krankheit Betroffenen zu verstehen. Absolut lesenswert!
Hinweise
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