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Annie sollte glücklich sein: Zusammen mit ihrem Mann William, einem einflussreichen Polizeioffizier, und ihrer Tochter Elizabeth lebt sie ein beschauliches Leben. Aber dennoch – etwas fehlt. Als ihre Jugendliebe Tom aus dem Gefängnis entlassen wird und den Kontakt zu ihr sucht, weiß sie auch, was sie vermisst hat. Kopflos und voller neuer Lebenslust lässt sie sich auf ein Abenteuer ein – nicht ahnend, dass sie bald mit einem schweren Schicksalsschlag dafür bezahlen muss …

 

Das Fluesterhaus 

Originaltitel: Your beautiful lies
Autor: Lesley Turney
Übersetzer: Monika Köpfer
Verlag: Piper
Erschienen: 13.10.2014
ISBN: 978-3492303583
Seitenzahl: 464 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Als im Jahre 1984 in Matlow, South Yorkshire, die Minenarbeiter ihre Arbeit niederlegen und zum Streik aufrufen, steht das Dorf Kopf! Die örtliche Polizei gibt mit unzähligen Überstunden ihr Bestes, um die Aufständischen unter Kontrolle zu bekommen. Unter den Männern des Bergbaus kämpft auch Annies Vater für bessere Bedingungen - sie selbst ist der Arbeiterschicht durch eine Heirat mit dem ranghohen Polizeioffizier William längst entflohen. Als beinahe zeitgleich ihre Jugendliebe Tom nach 10 Jahren Haft wegen Mordes aus dem Gefängnis entlassen wird und den Kontakt zu ihr sucht, hadert Annie zwischen ihren Pflichten als Ehefrau und der Sehnsucht ihres Herzens. Als dann eine Frauenleiche im Moor gefunden wird, die der Protagonistin zum Verwechseln ähnlich sieht, beginnt ein Spießrutenlauf für Tom und für Annie die Zeit für eine folgenschwere Entscheidung.

Lesley Turney hat mit ihrem mittlerweile dritten Roman eine Liebesgeschichte geschaffen, die von der Unwissenheit der Leserschaft, ob Annies Auserwählter tatsächlich ein mehrfacher Mörder ist mit dem sie den Mann des Gesetzes betrügt, lebt. Sie hat damit eine große Portion Widerwillen vor dieser Affäre und insgesamt einen guten Kick eingeflochten.


Stil und Sprache
In der Vergangenheitsform führt uns Lesley Turney mit ruhigen Tönen durch die Handlung, die in den Szenen mit wörtlicher Rede immer von einer beträchtliche Melancholie durchzogen ist, was sie aber optimal an die schweren Zeit in „Das Flüsterhaus“ angepasst hat. Selbst Annies kleines Mädchen strahlt nicht die Unbekümmertheit aus, die ein Kind in dem jungen Alter sonst innehat und fällt in der Schule sogar durch rüpelhaftes Verhalten auf – eine Randerscheinung von Annies eigenem Wirrwarr. Ein kleiner flauschiger Familienzuwachs in Form des Welpen Martha belebt die düstere Stimmung - jedoch auch nur kurz, weil der quirlige Hund krank wird. Es ist wie ein böses Omen, was die Zeilen, ja ganz Everwell, den Familienwohnsitz, umgibt und durch die Nähe zum nebeligen Moor noch verstärkt wird. Die Landschaftsbeschreibungen der rauen Natur, die sich nicht um die menschlichen Abgründe kümmert, sind Stärken des Romans, die uns Leser nach Matlow versetzen, wie es sich hervorragend in die dunkle Jahreszeit einfügt.

Als Wendepunkt ist wohl der Fund der Frauenleiche zu benennen, da dieses Medienspektakel Annie aus ihrer rührseligen Schmetterlingswelt reißt und William auf die Barrikaden setzt, um den offensichtlichen Täter zu fassen. Ich finde diesen Einschlag ziemlich gelungen, da ich nach der Inhaltsangabe nur auf eine Liebesgeschichte tippte, die sich wenig bis gar nicht in der Öffentlichkeit abspielte. Doch durch Annie und Toms Liebescomeback, was durch das unvorsichtige Auftreten der Protagonisten nicht lange geheim blieb, gerät ein ganzes Dorf noch mehr in Aufregung, als es durch den Streik schon ist. Die Auflösung war mir für das recht seitenstarke Buch dann zu schnell abgehakt, dort hätte es für meinen Geschmack noch mehr Worte gebraucht, zumal die Autorin vorher die Spannung so vielversprechend schürte und sich ausführlich dem eigentlichen Nebengeschehen des Bergbaus widmete.


Figuren
Annie war für mich ein Charakter, der sich gewissermaßen selbst als Lamm zur Schlachtbank führte und viel zu wenig auf ihre eigene Intuition hörte. Durch ihre Hochzeit mit dem einflussreichen William ist sie zwar zu einer feinen Lady aufgestiegen, aber in ihrer Art und ihren Gefühlen lebte sie noch weiterhin in der Vergangenheit. Im Verlauf der Handlung schwankt sie nun unablässig zwischen den beiden Welten, wobei sie bei William wohl nur die Bequemlichkeit von Geld und ihre Tochter Lizzy hält. Sympathie konnte ich mit der Fremdgeherin deshalb recht wenig aufbauen, da sie zu feige war, um die Wahl für einen Mann konsequent durchzuziehen. Annie war ein einziges Nervenbündel und immer in Angst, dass sie verfolgt wurde. Sie war für mich das schwächste Glied in der Charakterkette von Matlow.
Was der recht schmucke Tom an dem „Püppchen“ Annie auch Jahre nach deren Abkehr aus Eigennutz findet, bleibt mir ein Rätsel. Er hätte sich woanders ein gutes neues Leben aufbauen können und war ein Mann mit Prinzipien, die ihn auszeichneten – von Ehebruch und dem Verdacht der Tötung abgesehen. Neben Annies seniler Schwiegermutter, die mit ihren seltenen Lichtblicken fast wie ein mysteriöses Liebesorakel sprach, war Tom unter den Top 2 der interessantesten Persönlichkeiten.
William ist durch seinen Job und seine harte Ausstrahlung recht dominant in der Handlung vertreten, obwohl er nur sporadisch zwischen den Einsätzen Zuhause auftaucht und mit seinen Kollegen, allen voran dem treuen Paul, mehr Zeit verbringt. Viel zu kühl ist er im Roman gezeichnet, sodass auch hier keine Sympathie aufkeimen konnte – erst zum Ende reißt die Autorin hier mit einem Paukenschlag das Ruder herum und zeigt sein wahres Ich, abseits der Etikette.


Aufmachung des Buches
Auf dem Cover des Taschenbuchs ist ein Ausschnitt von dem Familienwohnsitz Everwell gewählt worden, was schließlich auch den Hauptschauplatz im Roman darstellt. Es thront friedlich und herrschaftlich über der Küste, deren Wellen kräftig und unheilverkündend gegen die Hänge des Anwesens peitschen und ein Abbild von der angespannten Atmosphäre im Inneren verkörpern.

Unter jeder Kapitelnummerierung befindet sich eine Getreideähre, die entweder nur eine Feinheit in der Layoutgestaltung sein könnte oder eine Anspielung auf die steigende Armut in dem Ort durch den Bergarbeiterstreik.


Fazit
„Das Flüsterhaus“ bietet mit spannenden Krimielementen im Moor, die in ein gut aufgebautes Familiendrama der Oberschicht eingebettet wurden und durch den zusätzlichen historischen Nebenstrang noch eine gewisse Tiefe in der Handlung erhielt, eine gelungene Mischung, welche gut unterhalten kann.


4 Sterne


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