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Für Patta soll Brunetti diesmal nur pro forma in einem Kavaliersdelikt ermitteln: Er soll den Ruf des Bürgermeisters schützen, dessen künftige Schwiegertochter die Gesetze übertreten hat. Paola hingegen ist unerbittlich: Sie möchte wissen, was für ein Mensch der Tote war, der bei den Brunettis in der Nachbarschaft umgekommen ist. Dabei sieht alles zunächst nach einem Unfall aus: Die Schlaftabletten waren bunt wie Bonbons und der Junge nicht ganz richtig im Kopf.

Doch tatsächlich: Je mehr Brunetti sich umhört, desto mehr Widersprüche kommen ans Licht, ja am Ende gar ein Mord. Niemand will etwas gewusst haben. Doch auch Nichtstun kann zum Verhängnis führen. Brunettis privatester Fall. 

 

Das goldene Ei HB 

Originaltitel: The Golden Egg
Autor: Donna Leon
Übersetzer: Werner Schmitz
Sprecher: Joachim Schönfeld
Verlag: Diogenes Hörbuch
Erschienen: 05/2014
ISBN: 978-3-257-80341-9
Spieldauer: 536 Minuten, 7 CDs; ungekürzte Lesung


Die Grundidee der Handlung
Alles beginnt so friedlich. Die Brunettis sind beim Essen und genießen offenbar ihre Fabulierfreude. Auch als Brunetti am kommenden Morgen zu seinem Vorgesetzten Vice-Questore Patta ins Büro gerufen wird und dieser ihn ziemlich umständlich bittet, in einem Fall, der so recht keiner zu sein scheint, etwas zu überprüfen, deutet nichts auf etwas Kompliziertes hin. Da bleibt genug Zeit, sich um eine Herzensangelegenheit von Paola zu kümmern: Sie informiert ihren Mann, dass der "taube Junge aus der Nachbarschaft", der in der Reinigung gearbeitet hat, wo die Brunettis ihre Kleider hinbringen, gestorben ist und bittet den Commissario, sich doch mal etwas umzuhören. Und der Gerichtsmediziner berichtet Überraschendes. Der "Junge", war allem Anschein nach physisch gesund und etwa 40 Jahre alt. Jedenfalls gab es "keine Anzeichen für organische Schäden, die Taubheit erklären würden oder die Stummheit herbeiführen könnten". Und obwohl Brunetti eigentlich nur die Identität des Toten durch ein amtliches Dokument bestätigen muss, wird der Fall zunehmend bizarrer. Denn Davide, wie der Tote hieß, war nirgendwo gemeldet und „schien, was die Bürokratie betraf, erst durch sein Ableben lebendig geworden zu sein.“ Es ergibt sich lediglich eine "Litanei der Nicht-Information", Schließlich führt eine Strafakte der Mutter aus längst vergangener Zeit Brunetti auf die Spur eines verstorbenen Industriellen und eines Familienlebens und Familiengeheimnisses, das selbst Brunettis düsterste Fantasien nicht hätten erzeugen können ...

Donna Leons Idee ist brilliant. Den Commissario in diesem Fall gleich "doppelt auf leisen Sohlen" ermitteln zu lassen und im Fall des verstorbenen Davide zusätzlich noch auf eine Mauer des Schweigens und des Wegsehens treffen zu lassen, wo lediglich Fakten als "Mini-Salami" serviert werden, macht den Hörer aufmerksam und bereit für die Zwischentöne, die diesmal, neben der gewohnten, mahnenden, Gesellschaftsbeobachtung auch die besondere Grausamkeit des (Ab-)Lebens von Davide auf beklemmende und doch stets lebensbejahende Weise darstellen. Mit gradezu beängstigender Präzision entwickelt Leon einen Plot, der ganz ohne Gewalt, Blut und sonstige Details echte Gänsehaut erzeugt. Die Charaktere dieses Romans haben alle ihre Geheimnisse, lassen sich kaum in die klassischen Rollen von "Gut" und "Böse" unterteilen, sind aber dennoch schlüssig in Handlung und Überzeugung. 


Darstellung des Hörbuchs
Commissario Brunetti hat in Joachim Schönfeld eine neue Stimme bekommen. Erfreulicherweise ist die Umgewöhnung hier nicht so groß, wie bei anderen Sprecherwechseln. Auch Herr Schönfeld hat eine weiche, sanfte Stimme, sie wirkt vielleicht etwas jung für einen Commissario, der bereits in seinem 22. Fall ermittelt. Insgesamt trifft Herr Schönfeld aber stets den richtigen, wunderbar leisen Ton, der diesen Fall auszeichnet. Sprachlich ist dieser Roman großartig. Es wirkt fast, als wollten Frau Leon und Joachim Schönfeld einen wohltuenden Kontrast zur Stummheit Davides setzen. Unfassbar bildgewaltig und metaphorisch und dennoch mit den wirklichen Stärken zwischen den Zeilen. Das vermittelt Herr Schönfeld meisterlich, da sehe ich ihm nach, dass er einige italienische Worte anders ausspricht als sein Vorgänger, ohne dass damit in irgendeiner Form ein Urteil über die Qualität verbunden sein soll. Herr Schönfeld darf gern weitere Fälle des Commissarios interpretieren, ein gelungenes Debüt. 


Aufmachung des Hörbuchs
Das Cover des Hörbuchs zeigt den Canal Grande und auch die Widersprüche Venedigs. Während der Palazzo links von dem im Kanal liegenden Boot dringend renovierungsbedürftig und stark vom Wasser angegriffen aussieht, sehen zumindest Teile des hinter ihm liegenden Palazzos bereits modernisiert und strahlend renoviert aus. Es handelt sich um das identische Cover der Buchversion. Allerdings nimmt das Bild nur 2/3 des Platzes ein. Links davon finden sich ergänzende Angaben zum Hörbuch, wie Sprecher und Anzahl der CDs sowie ein Textauszug aus einer Rezension aus einer großen deutschen Online-Redaktion. Die CDs kommen in einem stabilen, gut gearbeiteten Pappschuber daher. Oben auf findet sich ein mehrseitiges Booklet, darin Kurzbiografien der Autorin sowie des Sprechers. Außerdem findet sich eine Übersicht über die Buchkapitel und ihre Aufteilung auf die CDs. Die CDs selbst kommen auch in einzelnen stabilen Pappen daher, die ebenfalls das Cover-Motiv aufgreifen. 


Fazit
Der beste Brunetti seit langem. Zwei Fälle, die eigentlich keine sind und trotzdem derart fesseln, dass man nicht aufhören kann zu hören. Fälle, die die wirklich existenziellen Fragen des Lebens stellen und die den Leser nachdenken lassen, mit einer Schlusspointe, mit der so nicht zu rechnen war. Diesen Roman muss man hören. 


5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Teil 17: Das Mädchen seiner Träume
Teil 18: Schöner Schein
Teil 19: Auf Treu und Glauben
Teil 20: Reiches Erbe
Teil 21: Tierische Profite

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