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Einmal angenommen …
… dein Mann hat sich aus dem Staub gemacht. Du schaffst es kaum, deine Familie über Wasser zu halten. Deine hochbegabte Tochter bekommt eine einmalige Chance. Und du bist zu arm, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Plötzlich liegt da ein Bündel Geldscheine. Du weißt, dass es falsch ist. Aber auf einen Schlag wäre dein Leben so viel einfacher…
Und einmal angenommen, du strandest mitten in der Nacht mit deinen Kindern am Straßenrand – und genau der Mann, dem das Geld gehört, bietet an, euch mitzunehmen. Würdest du einsteigen? Würdest du ihm irgendwann während eures verrückten Roadtrips gestehen, was du getan hast?
Und kann das gutgehen, wenn du dich ausgerechnet in diesen Mann verliebst? 

 

Weit weg und ganz nah 

Originaltitel: The One Plus One
Autor: Jojo Moyes
Übersetzer: Karolina Fell
Verlag: rowohlt
Erschienen: Mai 2014
ISBN: 978-3499267369
Seitenzahl: 508 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Jess hat in ihrem Leben schon viel Pech gehabt. Der Traummann entpuppte sich am Ende als unnützer Lügner, die Jobs als Putzfrau und Bardame halten sie und ihre zwei Kinder kaum über Wasser und ihr Sohn wird in der Schule langsam von Schlägern aufgerieben. Trotzdem glaubt sie weiterhin an das Gute in der Welt und kämpft für ihre Lieben. Als ihre Tochter ein Stipendium für eine Elite-Schule erhält, scheint dieser Kampf sich endlich zu lohnen. Doch dann geht alles schief und Jess muss sich entscheiden: zwischen ihren Idealen und der sicheren Zukunft ihrer Kinder. Zwischen gefundenem Geld, das ihre Probleme lösen könnte, und dem Mann, der sie ihre Probleme endlich vergessen lässt …

Nach „Ein ganzes halbes Jahr“ und „Eine Handvoll Worte“ ist „Weit weg und ganz nah“ nun der dritte auf Deutsch erschienene Roman von Jojo Moyes. Wieder hat die Handlung nichts mit den bisherigen Büchern gemein, sondern schildert eine Art Roadmovie rund um eine Familie, die bis zum Hals in Problemen steckt, und einem jungen Mann, der ebenfalls sein Päckchen zu tragen hat. Wer also nur wegen der vorangegangenen Bücher zu „Weit weg und ganz nah“ greift, wird möglicherweise enttäuscht werden. Aber wer sich offen auf Jess‘ Geschichte einlässt, wird einen Gegenwartsroman vorfinden, der ein weiteres Mal zeigt, was für bewegende Charaktere die Autorin erschaffen kann.


Stil und Sprache
Die Handlung wird aus wechselnden Perspektiven jeweils in der dritten Person erzählt. Dabei kommen neben Ed und Jess auch Jess‘ beide Kinder immer mal wieder zu Wort. Zwischen den einzelnen Perspektiven lassen sich leichte Veränderungen im Schreibstil der Autorin feststellen, die mit liebevollen Details den Charakteren eine eigene Stimme verleihen. So wird in Tanzies Texten z.B. in Anspielung auf ihre Mathebegeisterung mit besonders vielen Zahlen gearbeitet. Mir persönlich waren die Unterschiede noch nicht markant genug – ich kenne von Autorinnen wie z.B. Maggie Stiefvater bessere Umsetzungen – aber im Vergleich zu vielen anderen Büchern war es schon sehr gut. Unabhängig davon liest sich der Schreibstil der Autorin gewohnt angenehm und wartet mit genau der richtigen Menge Details auf. Sie arbeitet viel mit anschaulichen Beschreibungen, die die Situation im Auto für den Leser geradezu fühlbar machen und ihren Roman so lebendig wirken lassen.

„Weit weg und ganz nah“ ist kein sonderlich spannungsgeladenes Buch. Tatsächlich dauert es eine Weile, bis die Handlung überhaupt Schwung aufnimmt, und besonders die langen Stunden, die die vier gemeinsam im Auto verbringen, haben auch durchaus ein paar Längen. Einen klar identifizierbaren Spannungsbogen im eigentlichen Sinne gibt es nicht; die Spannung des Lesens kommt vielmehr über die sympathischen Charaktere und die Verbundenheit des Lesers mit ihnen auf. Man verfolgt den Fortlauf der Handlung nicht unbedingt um der Handlung willen, sondern primär, weil man unbedingt wissen möchte, was diesen wunderbaren Menschen weiter passiert und ob sie ihr Glück finden. Das Ende löst dabei schließlich alle im Vorhinein aufgebauten Handlungsstränge und bringt den Roman zu einem zufriedenstellenden Abschluss. Diese Art von Roman wird sicherlich nicht jedem Leser zusagen, aber mir hat es sehr gut gefallen, mal ein Buch zu lesen, bei dem ich vor allem von den Figuren berührt werde und nicht einfach nur von einer fesselnden Szene zur nächsten hetze. Keine Form von Roman, die ich immer lesen könnte, aber ab und zu mal sehr angenehm.


Figuren
Die Handlung von „Weit weg und ganz nah“ dreht sich um vier Hauptpersonen: Jess, ihre Kinder Nicky und Tanzie, und Ed. Diese vier sind es, die gemeinsam einen Roadtrip nach Schottland unternehmen und die der Leser auf dieser Reise, die jeden einzelnen neu formt und verändert, begleitet. Alle vier werden dabei sehr lebensnah und authentisch von der Autorin charakterisiert. Sie haben ihre Päckchen zu tragen und wurden mit glaubwürdigen Hintergrundgeschichten ausgestattet, so dass man das Gefühl hat, echten Menschen bei einer Reise zuzusehen.

Jess ist der zentrale Punkt der Familie und vom ersten Moment an vollkommen sympathisch. Das Leben hat sie schon oft zu Boden geworfen, aber sie steht mit einer unglaublichen Beharrlichkeit immer wieder auf und kämpft weiter. Dass sie dabei weder die Hoffnung, noch den Glauben an das Gute im Menschen verloren hat, macht sie zugleich zu einer bewundernswerten Person wie zu einem Vorbild. Sich sofort vorzunehmen, ein bisschen mehr wie Jess zu denken, ist da beinahe unvermeidbar und lässt den Leser nur noch mehr die Daumen drücken für diese starke Persönlichkeit.

Ed kommt aus völlig anderen Verhältnissen als Jess, genauer gesagt lebt er so ziemlich die gegenteilige Lebenssituation. Er hat nicht nur genug Geld, sondern mehr als genug. Eine Wohnung in London, ein Ferienhaus und mehrere Autos sind sein Eigentum. Dass allein die unterschiedliche Wertung des Geldes da zu einigem Zündstoff führt, ist nicht schwer zu erraten. Ed bleibt aber trotz seines Reichtums sehr sympathisch. Zum einen, weil er auf dem Boden geblieben ist, zum anderen, weil er ein wunderbares Beispiel dafür ist, dass Geld alleine eben doch nicht glücklich macht. Der einzige Kritikpunkt hier ist für mich lediglich, dass nicht glaubwürdig klar wurde, warum Ed die Familie eigentlich so weit unterstützt. Völlig Fremden würde ich mit Sicherheit nicht auf diese persönliche Art unter die Arme greifen, zumal nicht, wenn sie sich so abweisend verhalten. Aber davon abgesehen war auch seine Figur durchaus glaubwürdig.

Nebenfiguren, wie die Ex-Partner von Ed und Jess, treten nur am Rand auf und sind ihren kleinen Rollen entsprechend weniger detailliert, aber doch authentisch ausgearbeitet.


Aufmachung des Buches
Die Gestaltung des Romans passt sehr gut zu den bisherigen Veröffentlichungen von Jojo Moyes im Rowohlt Verlag. Es handelt sich ebenfalls um ein broschiertes Buch und das Cover ist schlicht gestaltet: es zeigt Jess und Tanzie mit dem Hund Norman neben einem Auto. Der Titel, um den einige Vögel fliegen, ist leicht erhoben geprägt. Damit passt das Cover wunderbar zum Inhalt des Romans, ist aber kein sonderlich auffälliges Bild und wird im Buchladen sicher leicht übersehen. Viel mehr Auffälligkeit hätte aber auch nicht zur sanften Handlung gepasst.

Im Buchinneren ist jedem neuen Kapitel der Name des jeweiligen Erzählers vorangestellt, was die Orientierung des Lesers sehr unterstützt. Im Anschluss an den Roman findet man noch die Danksagung der Autorin.


Fazit
„Weit weg und ganz nah“ beschreibt einen abenteuerlichen Roadtrip und die Geschichte einer sympathischen Familie, die versucht, nach einigen Schicksalsschlägen irgendwie auf die Füße zu kommen. Jojo Moyes macht aus dieser Geschichte einen bewegenden Roman, der mit liebenswerten Charakteren und einem wunderschönen Schreibstil überzeugt.


4 Sterne


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