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Nerds sind wie Rock’n’Roller – nur ohne Musik, Ruhm und Sex.

Was ist überhaupt ein Nerd und worin unterscheidet er sich vom Geek? Wozu sind Hexadezimalzahlen und Binärcodes gut, wie klingt Nerdcore und wieso verehren Geeks und Nerds Yoda, Mr Spock und ? Weshalb tragen Nerds Hornbrille und Rollkragenpullover, während Geeks auf T-Shirts mit unverständlichen Aufdrucken stehen? Und was zum Teufel hat Zoidberg aus FUTURAMA mit diesem Cthulhu zu tun?

Stefanie Mühlsteph hat während ihres Studiums der Elektro- und Informationstechnik die Bekanntschaft zahlreicher Exemplare der Nerd- und Geek-Spezies gemacht. Die Autorin kennt sich also bestens aus in der Welt der Streber.
Mit dem Nerdikon will sie zu einem besseren Verständnis jener etwas sonderbaren, aber durchaus liebenswerten Form Mensch, die wir gemeinhin Nerd nennen, beitragen. So werden hier nicht nur die wichtigsten Fachbegriffe erklärt, sondern auch zahlreiche Hintergrundinformationen und witzige Anekdoten geliefert. Höchst amüsant und erhellend – ein Muss für alle Normalbegabten! 

 

Nerdikon 

Autor: Stefanie Mühlsteph
Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf
Erschienen: 15. Januar 2014
ISBN: 978-3862653041
Seitenzahl: 224 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Klappentexte sind nicht immer sehr aussagekräftig, aber dieser eignet sich als Inhaltsangabe prächtig. Ähnlich wie in Sachbüchern zu Wildbienen oder Heilkräutern, werden erst mal allgemeine Informationen gegeben, bevor man sich dem lexikalischen "Nerdikon" widmen kann, das viele technische und "nerdige" Begriffe erklärt. In der Regel schreibt die Autorin in einem heiteren und zum Teil selbstironischen Stil, aber manches ist durchaus auch ernst gemeint.
Allerdings wurde mir der Unterschied zwischen Nerd und Geek nicht so wirklich klar, was wohl daran liegt, dass die Grenzen fließend sind. Bei diesen Begriffen denkt man meist an männliche Computerfreaks, die das Tageslicht selten bis gar nicht zu Gesicht bekommen, aber Mühlsteph stell klar, dass es auch die weibliche Variante gibt – Nerdine und Geek-Girl; das Nerdikon beleuchtet folgerichtig auch die weiblichen Interessen wie z.B. bei den TV-Serien Sailor Moon und nicht nur Dragonball Z. Die Autorin spielt mit den Klischees, auch um diese als solche zu entlarven. Nicht immer klappt dieser Balanceakt; eines ihrer Anliegen ist es, die Leistungen und Erfindungen hochbegabter Frauen einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, nennt aber wenig später die hochbegabte Lisa Simpson "überintelligent" (Seite 174). Hier greifen dann doch wieder die üblichen Vorurteile, was ich sehr schade finde.

Bei der Auswahl der Lexikon-Artikel überwiegen subjektiv gesehen die zu TV-Serien und Computerspielen. Nicht ganz fehlerfrei sind die Erklärungen zu "Der Herr der Ringe" / "Der Hobbit" und "Harry Potter". Beispiele: Sindarin und Quenya (Seite 99) sind nicht beides Sprachen der Grauelben; Quenya ist nur die Sprache der Noldor und Vanyar. Die Zwergennamen stammen nicht aus der "Snorra-Edda" (Seite (101) sondern aus der "Lieder-Edda". Solche Fehler, finde ich, sollten nicht vorkommen, da sie so leicht zu überprüfen sind und den nerdigen Fans geläufig. Nach anderen Fehlern hab ich jetzt nicht explizit gesucht, wären aber durchaus als "Nerd-Projekt" geeignet, wobei ich hier nun wieder bei den Klischees angekommen bin.

Wieso nun aber nur eine 3 ½ Sterne Bewertung? Die Autorin beschränkt sich bei der Porträtierung auf Nerds und Geeks, die den MINT-Fächern zuzurechnen sind, obwohl sie nebenbei auch von "Buch-Nerds" spricht. Darüber hinaus fehlt mir einfach eine Beleuchtung der Gründe, wieso ein Nerd zum Nerd wird – dass er einfach von Geburt an ein solcher ist und gerne im Keller hockt, erscheint mir zumindest unbewiesen. Nerds sind belächelte Sonderlinge, harmlos, so die Autorin, aber im letzten Kapitel weist sie daraufhin, welche technische Errungenschaften wir ihnen zu verdanken haben. Das wirft bei mir Fragen auf: Ist das "www" nun Segen oder Fluch? Braucht jeder einen PC zu Hause, den er nicht beherrscht? "Brot und Spiele" – ist das bereits Realität oder nur eine Verschwörungstheorie von Leuten, die Technik verabscheuen? Der Chef der NSA soll ein Nerd sein – wird der Überwachungswahn der NSA dadurch schon zu einem nerdigen Projekt oder nicht?  Solche Dinge diskutiert sie nicht. Ein Kapitel hätten ihr diese Fragen schon wert sein können. Aber, auch das sei erwähnt, sie widmet wikileaks und dem ChaosComputerClub immerhin eigene Einträge in ihrem Lexikon. Außerdem kann man am Ende des Buches testen, wie nerdig man selbst ist. 


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch hat das übliche Format und eine ebensolche Ausstattung. Mit dem Cover und seinen Anspielungen auf Computer und Spiele weiß man sofort, worum es geht. Das Layout zeigt sich abwechslungsreich und erscheint von leichter Hand gemacht. Etliche Karikaturen lassen den Leser schmunzeln, nicht zuletzt die Zeichnungen des weiblichen und männlichn Nerds, die einen durch das Buch begleiten. Sammlungen von Trivias zu Serien etc. und Erklärungen technischer Natur sind in Grau hinterlegten Kästen zu finden. Mit dem Quellenverzeichnis und den Anmerkungen schließt das Buch.


Fazit
In erster Linie möchte die Autorin unterhalten und für den gemeinen Nerd und Geek werben, das ist ihr im Wesentlichen gelungen. Ein Buch für Zwischendurch – oder, sollte man mal per Anhalter durch die Galaxis reisen, als nette Urlaubslektüre geeignet.

3 5 Sterne


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