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Punpuns Welt steht Kopf:
Er steckt zwischen Männlichkeit und Pubertät. Als sei das nicht schon Herausforderung genug, helfen ihm die Gewaltausbrüche seines Vaters und seine labile Mutter auch nicht weiter. Punpun merkt schnell, dass er sich allein um sein Seelenheil kümmern muss. Seine Unbedarftheit und der Wunsch nach weisem Verständnis lassen Punpun groteske Situationen durchleben.

Ein verstörender und aufwühlender Blick in die Welt eines träumenden Vogels.

 

Gute Nacht Punpun 06  Originaltitel: OYASUMI PUNPUN vol. 6
Autor: Inio Asano
Übersetzer: Sakura Ilgert
Illustration: Inio Asano
Verlag: Tokyopop
Erschienen: Juni 2014
ISBN: 978-3-8420-0692-8
Seitenzahl: 222 Seiten
Altersgruppe: ab 15 Jahre (Verlagsempfehlung)


Die Grundidee der Handlung
Der sechste Band von Gute Nacht, Punpun ist eine Geschichte gegenseitiger Entzweiung von Sohn und Mutter, großer Vereinsamung und Verlorenheit, sowie einer auf- und abbrandenden, komplexen Gefühlswelt. Während Punpuns Mutter im Krankenhaus liegt und sich ihren Depressionen hingibt, versucht Punpun, sich an Kanie heranzumachen. Doch die Zeit der Jugend ist nicht so leicht zu bewältigen …

Inio Asano setzt das von ihm inszenierte Drama unbeirrt und konsequent fort. Dabei scheut er sich weder davor, negative Emotionen – besonders bei Frau Onodera – zu verarbeiten, noch die sexuellen Perspektiven beim Durchleben der Jugend anzusprechen. Eine ehrliche Story, aber auch eine depressiv geprägte, und so nichts für Leser, die eher Zerstreuung und seichte Unterhaltung suchen.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Mit „Was bisher geschah“ und einer Charakterübersicht werden die Erinnerungen des Lesers noch einmal aufgefrischt, dann startet der Manga – wie gewohnt im monochromen Druck – auch schon. Direkt die ersten Seiten visualisieren einmal mehr Asanos präzisen, aber esoterischen und eigenwilligen Stil, der Punpuns Gedankenwelt und Vorstellungskraft widerspiegelt. Diese Bilder verlaufen dann in die Handlungen über. Doch auch hier spielen Punpuns konfuse, pubertäre und von der Nähe zu Kanie bestimmte Gedanken eine große Rolle. Sie heben sich in eigenen Kästchen mit weißer Schrift auf schwarzem Grund deutlich von den gezeichneten Panels ab. Punpun selbst, wie immer grob skizziert umrissen in einer von feinen Details sauber erarbeiteten Umgebung, muss vor allem mit dem Rauswurf aus dem Haus seiner Mutter klar kommen. Die Einsamkeit in den nächtlichen, verlassenen Straßen der Stadt, die ihm keinen Schutz bietet, bringt Asano überaus empathisch zu Papier.

Die Handlungen fließen regelmäßig, aber jederzeit gut zu erkennen, zwischen Punpuns Erlebnissen und denen seiner Mutter, ihrer Affäre und ihrer von Egoismus und Unsicherheit bestimmten Gefühlswelt, sowie ihrem späteren Krankenhausaufenthalt, hin und her. Die Stimmungsschwankungen von Frau Onodera – Lust, urplötzlich aufwallender Zorn und Aggressivität, Schwermut – legt ihr der Mangaka deutlich in die stark vereinfachte Mimik. Besonders enge Bildausschnitte der erschöpften oder mit Tränen gefüllten Augen sind überaus eindringlich. Frau Onodera versteht sich ganz wunderbar darauf, Szenen zu machen, in denen sie Asano verzerrt und wild darstellt – hier wird einmal mehr deutlich, wie hochgradig depressiv sie ist und wie schmal der Grat bei ihr verläuft, den Verstand zu verlieren. Eine deutliche Veränderung – vor allem in ihren Gedankengängen – scheint sie zu durchleben, als sie auf Hasumi trifft. Ihm gegenüber schafft sie es, sich zu öffnen, und ihre Gefühle gegenüber ihrem Sohn erstmals und erschreckend direkt zu artikulieren.

Betrachtet Asano Punpun und seine Mutter aus der Distanz heraus, sind beide wie bekannt als einfach schraffierte Vogelfiguren gezeichnet. Geht er jedoch nah heran, taucht plötzlich Kleidung – T-Shirts, Jeans, BH, etc. – auf, die in der Totalen nicht zu erkennen ist. Einmal mehr stellt man sich die Frage, ob es sich bei ihnen wirklich um humanoide Vogelwesen in einer Menschenwelt, oder nur um einen visuellen Platzhalter handelt, der den Fokus ungewöhnlich stark auf sie richtet und sie aus der Masse der Bevölkerung heraushebt.

Rückblicke in die düstere Vergangenheit der Familiengeschichte der Onoderas grenzen sich durch tiefschwarze Bildränder deutlich von den Ereignissen der Gegenwart ab. Hier finden sich die Wurzeln dessen, was die gegenwärtige Beziehung zwischen Mutter und Sohn so schwierig, so verzweifelnd macht. Nicht zuletzt fängt der Mangaka auch die Atmosphäre der Regenperiode glaubhaft ein, in der Zweifel und Ängste, aber auch positive Gefühle aufzukeimen scheinen. Das emotionale Chaos, dass Frau Onodrea und Punpun ständig durchleben, ist in den Bildern des Mangakas sehr treffend wiedergegeben. Besonders deutlich wird in diesem Teil aber, wie wenig Punpun und seine Mutter füreinander da sind, wie sehr sie aneinander vorbei leben in dieser für beide schweren Zeit.


Aufmachung des Mangas
Die Klappenbroschur ist dieses Mal in einem satten, tiefen Violett eingefärbt, auf deren Cover sich Frau Onodera aus Prägung nach außen hervorhebt – entsprechend ihrer großen und wichtigen Rolle im sechsten Band sehr passend. Auf der hinteren Klappe finden sich Kurzinfos zum Mangaka, ansonsten ist die Gestaltung wie gewohnt überaus schlecht.


Fazit
Die Entzweiung von Mutter und Sohn hat ein neues Level erreicht, aber der Leser erfährt nun, so deutlich wie bisher nicht, aus welchen Gründen. Die Handlungen von Melancholie und Traurigkeit geprägt, die Zeichnungen Asanos einmal mehr bestechend präzise. Gute Nacht, Punpun bleibt schwere Kost und ist keine Massenware.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
- Band 1
- Band 2
- Band 3
- Band 4
- Band 5

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