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Als 1677 in Sizilien der Vizekönig an Elephantiasis stirbt, reiben sich die königlichen Räte die Hände: Endlich können sie sich nach Herzenslust bereichern! Doch sie haben nicht mit der jungen Witwe gerechnet, der unfassbar schönen Eleonora di Mora. Zielstrebig besteigt sie den Thron, und einen Monat lang lehrt sie die Höflinge, die korrupten Adeligen und Pfaffen das Fürchten.

 

Die Revolution des Mondes 

Originaltitel: La rivoluzione della luna
Autor: Andrea Camilleri
Übersetzer: Karin Krieger
Verlag: Nagel & Kimche
Erschienen: 24. Februar 2014
ISBN: 978-3-312-00602-1
Seitenzahl: 288 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die Insel Sizilien war in der Vergangenheit lange Zeit im Besitz Spaniens, das natürlich bestrebt war, wenig zu investieren und zum eigenen Vorteil Land und Leute auszubeuten. Regiert wurde die Insel von „Vizekönigen“, die als Stellvertreter der spanischen Krone am Hof in Palermo lebten und regierten.

In seinem historischen Roman hat sich der bekannte sizilianische Schriftsteller Andrea Camilleri eine faszinierende, kaum bekannte aber dennoch wahre Begebenheit aus Siziliens bewegter Vergangenheit herausgegriffen – die kurze Regentschaft der längst vergessenen Vizekönigin und bemerkenswerten Revolutionärin Donna Eleonora di Mori in Palermo im Jahre 1677. Herausgekommen ist dabei eine äußerst unterhaltsame und vielschichtig angelegte Geschichte, mit nachdenklich stimmenden menschlichen Schicksalen, einer packenden Handlung, die sich immer mehr zu einem spannenden Krimi entwickelt, sowie politischen Verwicklungen und Intrigen, die einen unweigerlich Parallelen zu aktuellen Geschehnissen ziehen lassen.


Stil und Sprache
Bereits mit den Schilderungen um den bizarren Tod des Vizekönigs Don Angel Guzmán während einer recht skurril ablaufenden Ratssitzung zu Beginn seiner Geschichte gelingt es Camilleri, beim Leser Neugier zu wecken und Spannung zu erzeugen. In weiser Voraussicht hat der an Fettsucht leidende Don Angel seine Gemahlin Donna Eleonora di Mori testamentarisch als Regierungsnachfolgerin benannt – selbstverständlich ein Unding in Augen der sechs Ratsmitglieder. So dauert es auch nicht lange, bis man ein amüsantes Katz- und Mausspiel zwischen ihnen und der cleveren Vizekönigin miterleben kann. Sehr fesselnd wird geschildert, wie sich mit der wachsenden Beliebtheit Eleonoras beim Volk der anfängliche Unmut der machtgierigen Herren immer mehr zu einem erbitterten Machtkampf auswächst, bei dem die unliebsame Regentin mit allen Mitteln zu Sturz gebracht werden soll. Denn die Vizekönigin erweist sich als eine geschickte und unnachgiebige Strategin, die der Korruption beherzt den Kampf angesagt hat und sich mit dringend notwendigen Reformen für die Schwachen der Gesellschaft einsetzt. 

Camilleris Erzählstil ist sehr abwechslungsreich und emphatisch. Der Autor versteht es hervorragend, die schockierende Dekadenz und Verlogenheit des prunkvollen höfischen Lebens humorvoll, leicht spöttisch und dennoch schonungslos auf den Punkt zu bringen. Sehr bildhaft und anschaulich beschreibt er die Atmosphäre und unterschiedlichen Schauplätze, so dass man als heimlicher Beobachter der Ereignisse alles sehr lebendig vor Augen hat und in eine faszinierende Welt abtauchen kann. Man merkt, dass der Autor die historischen Ereignisse und Begebenheiten sehr gut recherchiert hat. So hat er die damaligen Zustände auf Sizilien höchst glaubwürdig und authentisch dargestellt. Hierbei deckt er allmählich einen erschütternden Sumpf aus Skrupellosigkeit, kriminellen Machenschaften und menschlichen Abgründen der herrschenden Oberschicht und des Klerus auf.

Camilleri verwendet eine sehr schöne, leicht altertümlich anmutende Sprache, die der damaligen Zeit angemessen erscheint und sich dennoch flüssig lesen lässt. Als Besonderheit finden sich in Donna Eleonoras wörtlicher Rede immer wieder spanische Einschübe, denn die spanische Vizekönigin mit sizilianischen Wurzeln hatte die Angewohnheit, in einem amüsanten Kauderwelsch aus sizilianischem Dialekt und Spanisch zu reden.


Figuren
Obwohl der Leser die Protagonistin Donna Eleonora ausschließlich aus der Außenperspektive erlebt, gelingt es Camilleri, ihre schillernde Persönlichkeit sehr plastisch auszuarbeiten. Sie ist nicht nur atemberaubend schön, sondern eine für jene Zeit äußerst mutige und selbstbewusste Frau mit herausragendem Intellekt und bemerkenswerter Durchsetzungskraft. Besonnen und zielstrebig nutzt sie als Vizekönigin ihre Macht, um ihre korrupten Gegner auszuschalten und erste Reformen auf den Weg zu bringen. Viel zu früh endet ihre viel versprechende Regentschaft bereits nach 27 Tagen mit dem Abberufungsschreiben des spanischen Königs, denn als Frau könne sie nicht die zugleich mit dem Titel des Vizekönigs verbundene Würde eines geborenen päpstlichen Legaten tragen.
Auch wenn in Wirklichkeit nur sehr wenige historische Eckdaten über diese außergewöhnliche und längst in Vergessenheit geratene Revolutionärin überliefert sind, hat Camilleri ihren Charakter anhand der während ihrer Amtszeit umgesetzten Reformen sehr glaubwürdig nachgezeichnet. So gehen beispielsweise die Senkung des Brotpreises, Einführung einer Gewerbeverwaltung und zahlreiche karitative Initiativen wie die Gründung von Asylen für vom Laster bedrohte Jungfrauen und ältere Dirnen nachweislich auf ihr Konto.

Neben der Hauptfigur sind auch die meisten Nebenfiguren sehr lebendig und vielschichtig ausgearbeitet. Vor allem die Mitglieder des Heiligen Königlichen Rats in Palermo, die den mächtigen Adel und Klerus repräsentieren, und ihr scheinheiliges, arrogantes und intrigantes Wirken am Hofe sind von Camilleri unglaublich treffend und plastisch beschrieben. Machtlüstern, habgierig und voller Neid schrecken sie allesamt nicht vor Korruption, Amtsmissbrauch, persönlicher Bereicherung und Gewalttätigkeiten zurück. Im Verlauf der Handlung erhält man immer tiefere Einblicke in die schockierenden Abgründe ihres Charakters und so ist es nicht verwunderlich, dass einige sogar in Kindesmissbrauch, Erpressung und Mordintrigen verwickelt sind. Eine wohltuende Ausnahme stellt der rechtschaffene, schüchterne Leibarzt des Vizekönigs Don Serafino dar, der Donna Eleonora in tiefster Bewunderung treu und ergeben zur Seite steht.


Aufmachung des Buches
Der Schutzumschlag des gebundenen Buchs ist in einer dunkelblauen Grundfarbe gehalten. Das vordere Cover zeigt im unteren Teil ein kleines Portrait einer jungen, sehr prunkvoll gekleideten Dame, das einen Ausschnitt eines historischen Gemäldes von Francesco Montemezzano darstellt. Als Anspielung auf den Inhalt und Titel des Buchs „Die Revolution des Mondes“ wurden in den Hintergrund Sterne und ein sichelförmiger Mond eingefügt.
Am Ende des in 18 Kapiteln gegliederten Romans finden sich in der Nachbemerkung des Autors einige aufschlussreiche Erläuterungen zu den historischen Hintergründen, den von ihm verwendeten Quellen und den künstlerischen Freiheiten, die er sich erlaubt hat.


Fazit
In seinem vielschichtig angelegten Roman erzählt Andrea Camilleri sehr mitreißend und humorvoll von der viel zu kurzen Regentschaft der bemerkenswerten Revolutionärin Donna Eleonora di Mora, die als Vizekönigin einer durch und durch korrupten Männergesellschaft das Fürchten lehrte.

Ein äußerst unterhaltsames und lesenswertes Buch für alle Liebhaber des historischen Genres, das mit den geschilderten Begebenheiten und Intrigen dennoch sehr aktuell erscheint!


4 Sterne


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