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Eine Frau reist zum Begräbnis ihrer Brüder in die Toskana – und verschwindet spurlos. Ein berühmter Maler wird vermisst – und sein dubioser Abschiedsbrief legt eine falsche Fährte. Eine Privatdetektivin und ein Kommissar erkennen, dass die Fälle auf äußerst perfide und blutige Weise zusammenhängen – und sie ihnen auch gemeinsam kaum gewachsen sind…

Wenn Liebe zur Obsession wird und Rache zum blutigen Wahn

 

Herzgrab 

Autor: Andreas Gruber
Verlag: Goldmann
Erschienen: 11/2013
ISBN: 978-3442480173
Seitenzahl: 544 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Elena Gerink ist Privatdetektivin und auf Vermisstenfälle spezialisiert. Als eine junge Italienerin sie mit der Suche nach ihrem Vater, einem berühmten Maler, beauftragt, nimmt Elena den Fall an und reist gemeinsam mit ihrer Klientin Monica nach Italien. Gleichzeitig ist Elenas Mann, den sie nach einem Seitensprung vor kurzem verlassen hat, als Polizist ebenfalls in Italien unterwegs, um das Verschwinden von Monicas Tante Teresa zu untersuchen. Und das mit dem Mann, der mit seiner Frau geschlafen hat … seinem Kollegen Dino Scatozza.

Wenn man diese kurze Beschreibung unbefangen liest, klingt sie schon etwas weit hergeholt. Und das ist sie auch, genau wie der Rest dieses Thrillers, der mit blutigen und grausamen Szenen nicht geizt und insgesamt sehr konstruiert und zusammengewürfelt wirkt. Abgesehen davon, dass es auch 100 Seiten weniger getan hätten, reiht sich hier ein Klischee an das nächste und am Ende legt man das Buch nur noch kopfschüttelnd zur Seite, fast ein bisschen froh, dass es vorbei ist.


Stil und Sprache
Der Epilog beginnt mit Teresas Verschwinden und dem ersten Mord, danach erzählen abwechselnd Elena und Peter Gerink ihren Teil der Geschichte in der dritten Person. Und hier beginnt schon gleich das große Problem dieses Thrillers: Andreas Gruber verstrickt sich immer wieder in Nebensächlichkeiten, lässt Elena zuerst einen gänzlich anderen Fall lösen, der nur am Rande mit dem „richtigen“ Fall zu tun hat und dessen Zusammenhang man sicher auch anders hätte herstellen können. Auch Peter Gerink muss sich zuerst stundenlang mit seinem Partner streiten, bevor es richtig losgeht. Als es dann für die beiden nach Italien geht, greift der Autor dermaßen tief in die Klischeekiste, dass es schon in Richtung Fremdschämen geht: Sämtliche italienischen Polizisten und Behördenvertreter sind arrogant, korrupt und gleichzeitig strunzdumm, Das Hotel ist natürlich eine Bruchbude und so weiter. So macht Krimi keinen Spaß!

Auch spannungsmäßig hält sich das Ganze arg in Grenzen. Erst passiert ewig lange gar nichts, man sitzt im Auto und fährt und fährt, es werden Ebay-Auktionen beobachtet und Vermutungen angestellt, die beiden Kommissare ermitteln ohne Ermächtigung und mit Einbrüchen und Diebstählen von Ermittlungsunterlagen. Elena und Monica hingegen folgen einer Spur und finden einen Toten nach dem anderen, bis alle Beteiligten irgendwann im großen Finale aufeinandertreffen. Dann gipfelt das Ganze in einem derart blutigen und gleichzeitig unrealistischen Szenario, dass man als Leser nur noch den Kopf schütteln kann. Nur als Beispiel: Wie kann es sein, dass eine seit Wochen ohne Nahrung und nur mit wenig Wasser am Leben gehaltene und an einen Tisch gefesselte Frau es schafft, sich zu befreien und trotz erheblichen Blutverlusts aus einem Keller zu fliehen, ohne dass sie jemand aufhält?

Bereits Andreas Grubers letzter Thriller wurde von verschiedenen Kritikern als zu unrealistisch abgestempelt, jetzt wird es auch mir zu viel des Guten…


Figuren
Die oben beschriebene Konstellation von Elena Gerink, die ihren Mann mit dessen Kollegen betrogen hat und jetzt zufällig am gleichen Fall mit ihm arbeitet, geht ja noch wilder: Elenas Schwester ist die Chefin ihres Mannes, und ihr Klient aus dem ersten Fall hat auch über Umwege mit dem aktuellen Fall zu tun.

Elena selbst ist gar nicht mal unsympathisch und man nimmt ihr die Privatdetektivin mit Verbindungen zur Polizei durchaus ab. Gerade zu Beginn muss man aber etwas über die heldinnenhafte Darstellung hinwegsehen, später wird sie „normaler“. Peter Gerink ist ein typischer Polizist, er versucht Dinge zunächst einmal auf direktem Wege anzugehen, nur wenn das nicht klappt, ist er bereit, mit Dino Scatozza etwas abseits der Legalität zu agieren. Dino ist der typisch italienische Draufgänger und Frauenheld, angefangen bei seiner machohaften Kleidung und endend bei der Selbsteinschätzung, dass ihm keine Frau widerstehen kann und er außerdem nie Fehler macht. Klischee pur, auch wenn er am Ende einsehen muss, dass seine Einschätzung falsch ist.

Auf die Nebenfiguren bin ich schon kurz eingegangen, besonders leid getan haben mir die als dumm und bestechlich dargestellten italienischen Polizisten, aber auch der ostdeutsche Ex-Stasi-Mann mit dem harten Dialekt und ohne Skrupel kommt vor. Etwas mehr Sensibilität in Bezug auf die Figuren hätte diesem Thriller sicher gut zu Gesicht gestanden.


Aufmachung des Buches
Das Cover des in Klappbroschur aufgemachten Taschenbuchs zeigt ein Gefäß mit verschiedenen Malutensilien und einem Skalpell, allesamt mit roter Flüssigkeit (Farbe, Blut?) benetzt. Auf der grauen Fläche, auf der das Gefäß steht, findet sich außerdem eine große Menge ebendieser Farbe, was nahelegt, dass es sich um Blut handelt. Eine Aufmachung, die erstens einen Blickfang darstellt, zweitens aber auch auf den extrem blutigen Inhalt der Geschichte hinweist. Innen gibt es zwischen Prolog und Epilog insgesamt fünf Teile, die mit dem jeweiligen Tag der Handlung überschrieben sind.


Fazit
Ein doch sehr wild konstruierter Plot und schablonenhafte Protagonisten sorgen nur dann für Lesevergnügen, wenn man sein Gehirn weitgehend abschaltet und sich von den blutigen Details mitreißen lässt. Hier ist Andreas Gruber zu weit gegangen und strapaziert seine Leser zu sehr. Unterer Durchschnitt, mehr leider nicht.


2 5 Sterne


Hinweise
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