In der siebten Nacht in der Wüste träumte ich von Tian. Er saß im Schneidersitz auf dem Bett, mit dem Rücken zu mir. Mit einem Aufschrei stürzte ich zu ihm, kroch über das Prunkbett und umarmte ihn von hinten.
„Den Sternen sei Dank!“, flüsterte ich. „Ich habe dich gesucht. Wo hattest du dich versteckt?“ Er drehte sich um und zog mich in die Arme. Ohne Atem zu holen, fiel ich in seinen Kuss und war völlig überwältigt von einer Leidenschaft, die mich verwirrte. Noch nie hatte Tian mich so geküsst, wild und fordernd, fast wütend. Aber ich umklammerte ihn, fuhr mit den Händen über seinen Rücken zu seinem Nacken – und griff in glattes langes Haar. Im Kuss riss ich die Augen auf. Es war ein fremder Mann.
„Endlich hast du mich gefunden“, flüsterte er. Er lächelte mir zärtlich zu. Dann stieß er mir meinen eigenen Dolch ins Herz.
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Autor: Nina Blazon |
Die Grundidee der Handlung
Canda steht kurz vor ihrer Hochzeit und steckt mitten in den traditionellen Zeremonien, als etwas Mysteriöses passiert und ihr Leben von einer Minute zur anderen komplett aus den Fugen bringt. Bald wird klar, dass die Pläne der Familie nicht mehr so umgesetzt werden können, wie geplant – und Canda sieht sich gezwungen, einen mehr als ungewöhnlichen Weg zu gehen, um sich und ihre Liebe zu retten. Ein Weg, der ihr am Ende eine schreckliche Wahrheit offenbart und eine schmerzliche Erkenntnis bringt.
Abwechslungsreich in der Handlung und etwas gedämpft – was den Schreibstil angeht –, hat Nina Blazon ihren Roman auf Papier gebannt.
Stil und Sprache
Die Autorin entführt den Leser mit Der dunkle Kuss der Sterne in eine beinahe sterile Welt aus Glas, Stahl und starren Regeln. Die Stadt Ghan liegt hoch oben und beherrscht ein Gebiet, das gigantische Ausmaße hat. Egal ob im Gebirge, an der Küste oder in der Wüste – überall ist die Macht der Herrscher der Stadt zu spüren. Aus der Ich-Perspektive von Canda Moreno erlebt der Leser, durch die Vergangenheitsform, was es heißt eben eine solche zu sein. Da breitet sich vor dem Leserauge eine Welt des unglaublichen Luxus, des eiskalten Kalküls und der Strenge aus, die zunächst etwas konfus und nur wenig verständlich erscheint. Träume gelten als Krankheit, die es zu eliminieren gilt und erst sehr viel später findet Canda den wahren Grund dafür heraus. Bis dahin schickt die Autorin ihre Protagonistin durch ein abwechslungsreiches, gefährliches und sehr packendes Abenteuer, in dem es viele Vergleiche zur heutigen realen Welt gibt. Die lebhafte Fantasie von Nina Blazon bringt nicht nur die unglaublichsten Geschöpfe zu Papier, sie stellt diese dem Leser auch auf eine tolle Art und Weise vor. Trotzdem bleibt noch genug Raum für die eigene Fantasie. Es wird keine Minute langweilig, auch wenn das Lesetempo zu Beginn eher zögerlich ist und sich noch kein wirklicher Sinn in der Geschichte erkennen lässt. Doch das ändert sich schon nach wenigen Kapiteln und ab da geht es in einem einzigen Rausch aus Farben, Geschehnissen und Herausforderungen einem Ende entgegen, das sich mit einer gewaltigen Höhepunktszene vom Leser verabschiedet.
Figuren
Nina Blazon erspart ihren Figuren nichts. In ihrem Roman gibt es viel Leid, viel Qual und jede Menge Schmerz. Ein Jahrhunderte altes, wohlgehütetes Geheimnis und ein ebenso langer Kampf gegen eine fremde Welt zeigt die Autorin in einem sehr packenden Aufeinandertreffen unterschiedlicher Charaktere. Charaktere, die auf den ersten Blick fast harmlos erscheinen, im Laufe der Handlung dann aber ihr wahres Gesicht zeigen.
Canda ist die älteste Tochter der Morenos und stammt aus einer der fünf höchsten Familien von Ghan. Ihr weiterer Lebensweg liegt so klar vor ihr, dass Unvorhergesehenes keinen Platz hat. Ihr Zahlengenie, ihre überirdische Schönheit, ihr glasklarer Verstand und ihre Gabe - stets den Weg zu wissen -, machen ihre Chance, die nächste Mégana zu werden, mehr als nur wahrscheinlich. Und Canda stellt das nicht in Frage. Die sterile, vorgeplante und absolut kontrollierte Welt von Ghan ist ihre Welt – sie kennt es nicht anders. Auf den Gedanken, dass es auch etwas Lebendigeres als ihre Heimat geben könnte, darauf kommt sie keinen Augenblick. Doch dann ist sie gezwungen, sich von ihrer heilen Welt zu verabschieden und erlebt plötzlich all das, was sie bislang nur aus den Büchern kennt, in der Realität.
Juniper ist ein helles Köpfchen. Ihr frecher Kurzhaarschnitt, ihr verschmitzter Charme und ihre wilde Zähigkeit machen sie zum glatten Gegenteil von Canda. Ihre Welt ist hart, aber lebendig und voller Freude. Sie sieht mehr als andere, plappert nahezu in einer Tour, hat das Herz am rechten Fleck und sprüht nur so vor Leben. Wer einmal ihre Freundschaft gewonnen hat, der hat in ihr eine treue Seele an der Seite. Die beiden lernen sich auf etwas ungewöhnliche Weise kennen, fällt Canda doch praktisch mitten hinein in die Welt von Juniper – wortwörtlich gesehen. Eine Freundschaft entwickelt sich, die Canda zeigt, dass es noch mehr im Leben gibt, als Stahl, Glas und Zwänge. Junipers Lebendigkeit und ihre ständige Suche nach Neuem, ohne dabei das Alte ganz aufzugeben, macht sie zur idealen Begleiterin für Canda. Sie bewahrt die neue Freundin mehr als nur einmal vor den Gefahren und Tücken des Lebens.
Aufmachung des Buches
Das petrolgebundene Buch hat auf seinem Buchrücken in glänzender Schrift den Autorenname und Titel sowie ein schönes Symbol eingeprägt. Auf dem sehr wirkungsvoll gestalteten Schutzumschlag ist nur der Buchtitel glänzend aufgedruckt. Was aber die Wirkung der Gestaltung in keinster Weise mindert. Das Cover ist äußerst stimmungsvoll mit den vielen Sternen, den Petrol- und Beigetönen und der Bergkette im Hintergrund. Ein Gesicht, das aus der oberen Coverhälfte nach unten blickt, spiegelt sich in einem riesigen See. Auf der Rückseite steht ein kleiner Textausschnitt in heller Schrift – als Hintergrund ein endlos erscheinender Sternenhimmel.
Fazit
Ein schön zu lesender Roman mit einer wunderbaren Fantasiewelt, außergewöhnlichen Charakteren und einer abenteuerlichen Suche nach dem wahren Ich. Spannung, Leidenschaft und ein packendes Abenteuer sind hier garantiert. Empfehlenswert.
Hinweise
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