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Marco zitterte am ganzen Körper. Er zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Ihre Schritte kamen immer näher, er konnte hören, wie sie fluchten. Aber so wütend sie auch klangen, Marco hörte vor allem eines heraus: Angst.

Ein Teufel in Menschengestalt. Ein obdachloser Teenager, der um sein Leben kämpft. Der fünfte Fall für Carl Mørck.

 

Erwartung 

Originaltitel: Marco effekten
Autor: Jussi Adler-Olsen
Übersetzer: Hannes Thiess
Verlag: dtv
Erschienen: 10/2013
ISBN: 9783423280204
Seitenzahl: 576 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Als Carl Mørcks Chef relativ spontan in den Ruhestand geht, sieht dieser sein meistens recht geruhsames Sonderdezernat „Q“ schon dem Rotstift zum Opfer fallen. Aber es kommt noch schlimmer: Er bekommt einen weiteren Mitarbeiter zugewiesen. Gordon scheint eher ein Spion als ein Untergebener zu sein und Carl muss ein bisschen Einsatz zeigen. Widerwillig lässt er sich daher auf einen alten Fall ein, bei dem es um einen Verschwundenen geht. Rose und Assad sind davon überzeugt, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist und beginnen im Umfeld des Mannes zu ermitteln. Im Verlauf der Ermittlungen treffen sie auf einen Jungen, der offenbar etwas über den Fall weiß, sich gleichzeitig aber immer wieder geschickt einem Zugriff entzieht. Aber Carl und seine Kollegen denken nicht daran, aufzugeben. Stück für Stück kommen sie der Wahrheit näher.

Wieder einmal erzählt Jussi Adler-Olsen einen wahrhaft komplexen Fall, in dem er verschiedene Handlungsstränge scheinbar unabhängig voneinander entwickelt, sie dann aber rasant aufeinander zurasen lässt, bis sich am Ende alles zusammenfügt. Dabei dringt er in ein Milieu vor, über das die meisten Leser sicher kaum etwas wissen: durch Europa ziehende, straff organisierte Diebes- und Bettlerbanden. Das ist so nah an der Realität, dass einem so manches Mal beim Lesen ein Schauer den Rücken herunterläuft.


Stil und Sprache
Wie fast immer bei Jussi Adler-Olsen hat man als Leser zu Beginn keine Ahnung, worauf man sich da eigentlich einlässt. Auch dieses Mal beginnt die Handlung nicht mit Carl Mørck, sondern entführt den Leser ins ländliche Afrika und gleichzeitig ein paar Jahre zurück in die Vergangenheit. Erst etliche Seiten später steigt man in Kopenhagen ein und bekommt sofort wieder Carls vielfältige Probleme um die Ohren gehauen. Seine Exfrau nervt, seine Freundin Mona serviert ihn ab und dann ist da noch die schräge WG in seinem Haus. Ein neuer Fall passt da eigentlich nicht auch noch hinein und so kann man Carls brummige Reaktion schon vorausahnen. Jussi Adler-Olsen hat hier wieder Großes geleistet und schildert die Dinge mit so viel augenzwinkerndem Humor aus Carls Sicht, dass nicht nur der Krimi sich spannend liest, sondern auch das Drumherum unglaublichen Spaß macht.

Der dritte große Erzählstrang ist dem von Carl fast ebenbürtig und erzählt die spannende Geschichte von Marco, einem Jungen von unbekannter Nationalität, der mit einem großen, familienähnlichen Clan auf Betteltour gehen muss und das eines Tages satt hat. Er flieht vor dem Clanboss und dessen Schergen, dummerweise findet er auf der Flucht einen Toten. Wer das ist, dazu braucht man als aufmerksamer Leser keinen Tipp mehr und es ist auch schnell klar, wer den Mann ermordet hat und warum. Aber wie die Geschichte tatsächlich zusammenhängt und wie es Carl und seinem Team gelingt, alles doch noch aufzuklären, das ist das wirklich Spannende an diesem fünften Fall.

Man muss kaum noch erwähnen, dass nebenbei immer mal wieder Szenen aus dem Privatleben der Ermittler einfließen, soweit diese denn eins haben (Assad hat offenbar keins). Auch die Dialoge untereinander, Assads unerschöpfliche Kamel-Vergleiche und überhaupt das ganze Drumherum sorgen für ein außergewöhnliches Lesevergnügen.


Figuren
Carl ist ja nun schon ein alter Bekannter für alle Fans der Serie, seine immer etwas muffelige Art und sein Phlegma bildet einen herben Kontrast zu Assads meist heiterem Gemüt. Nimmt man dann noch die oft völlig unvorhersehbar agierende, auch optisch aus dem Rahmen fallende Rose hinzu, hat man das wohl ungewöhnlichste, aber auch das witzigste Ermittlerteam des zeitgenössischen Krimi- und Thrillergenres. Diese drei sind einfach unbeschreiblich! Insgesamt haben aber alle Beteiligten nicht nur eine (witzige) Seite, sondern warten mit vielen Facetten auf, die auch in diesem Band der Reihe nicht völlig aufgeklärt werden. Hingegen bleibt der neu hinzukommende Gordon noch etwas blass, ich bin aber zuversichtlich, dass sich das noch ändern wird.

Gut gefallen hat mir auch Marco, dieser gewitzte, zwar ungebildete, aber hochintelligente Junge, der es immer wieder schafft, sich mit Mut und Geschick aus einer brenzligen Situation zu retten. Dabei zeigt er dennoch immer wieder einen starken Charakter und wirkt lebendig bis in die Haarspitzen. Das gilt auch für andere Nebenfiguren, die reichlich vorhanden sind und sämtlich einen authentischen Eindruck hinterlassen.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch betont den Reihencharakter mit dem in großen Lettern gedruckten Autorennamen über einem einzigen Wort als Titel. Sonst ist auf dem dunkelbauen Cover nur noch eine rotgolden schimmernde Feder zu sehen. Innen gibt es zwischen Prolog und Epilog 43 nummerierte Kapitel, die teilweise mit Zeitangaben versehen sind.


Fazit
Ein neuer spannender Fall für das Ermittlerteam um Carl Mørck, perfekt inszeniert und fantastisch geschrieben. Ganz klare Leseempfehlung!


5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Erbarmen
Band 2: Schändung
Band 3: Erlösung
Band 4: Verachtung

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