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Indiana. 1863 … Mit der kleinen Gemeinde „New Fraternity“ hat ein reicher Visionär eine soziale Utopie geschaffen. Als in einem nahen Wald der verwilderte Junge Emilio entdeckt wird, beginnen dramatische Ereignisse: Versprengte Soldaten des Sezessionskrieges bedrohen den inneren Frieden des Dorfes und eine seltsame Kreatur streicht um das Dorf, die Zweifel und viele Fragen sät …

 

Fraternity 01 

Originaltitel: Fraternity 1 - Livre 1/2
Autor: Juan Diaz Canales
Übersetzer: Uwe Löhmann
Illustration: José Luis Munuera
Verlag: Ehapa Comic Collections
Erschienen: Juni 2013
ISBN: 978-3-7704-3699-6
Seitenzahl: 56 Seiten


Die Grundidee der Handlung
„New Fraternity“ ist eine Art kommunistische Kolonie mitten in Amerika zur Zeit des Sezessionskriegs. Die Bürger dieser Siedlung mischen sich nicht in die Belange der kriegführenden Parteien ein und halten sich aus allen politischen Dingen heraus. Eigentlich hätten die Menschen von New Fraternity allen Grund, zufrieden zu sein und in einem harmonischen Miteinander, fernab der Kriegswirren, zu leben. Viele sind jedoch unzufrieden, sie möchten keine Nahrung für andere Menschen aus der Gemeinschaft anbauen, ohne das jene dafür bezahlen müssen. Ihr Unmut über ihre Rolle wächst von Tag zu Tag, denn nicht jeder profitiert von der Abschaffung des Privateigentums. Als dann im Wald ein völlig verwilderter Junge gefunden wird, der von einem der Räte von New Fraternity aufgenommen wird, verhärten sich die Fronten zusehends. Viele haben Angst vor diesem Jungen, der niemals spricht und sich oft wie ein Tier benimmt. Sie sehen in ihm ein dämonisches Wesen … aber auch die Religion wurde in New Fraternity offiziell abgeschafft. Eine Saat, die dereinst tief in die Herzen und den Geist eines Menschen eingepflanzt wurde, kann jedoch nicht so ohne weiteres getilgt werden …

Ein Comicband, der philosophische Fragen um die menschliche Koexistenz mit einer emotional sehr stark aufgeladenen, spannenden Geschichte verknüpft. Leider ist die Handlung nur sehr schwer zugänglich und es fällt dem Leser nicht leicht, alle Handlungsfäden in einen Kontext zu bringen. Zu viele Gruppierungen mit unterschiedlichen Interessen und Zielen treffen aufeinander, so das für den einzelnen zu wenig Zeit bleibt, um ein klares Gesamtbild zu erzeugen. Es bleibt jedoch abzuwarten wie sich die Geschichte im zweiten und zugleich letzten Band der Miniserie weiter entwickelt. Gelingt es, die losen Handlungsfäden im zweiten Band logisch miteinander zu verknüpfen, so wird mit „Fraternity“ ein sehr tiefgründiger und emotional bewegender Comic vorliegen. Für sich alleine betrachtet, ist noch zu vieles zusammenhanglos und konfus.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Grafisch ist „Fraternity“ schon jetzt ein Werk mit besonders ausdrucksvollen Illustrationen. Stilistisch handelt es sich um einen typischen Munuera Comic in seinem neueren Zeichenstil. Munuera, der zunächst mit einigen Spirou & Fantasio Bänden Bekanntheit erlangte, legt nunmehr seine dritte Comicreihe vor, in welchem er einen gänzlich anderen Zeichenstil zeigt als in seinen früheren Werken. Die Panels strahlen eine gewisse Melancholie, gepaart mit einem ruhigen und sehr klaren Bildaufbau, aus. 

Bei der Darstellung seiner Figuren gibt es zwei typische Gruppen. Die einen wirken zart, zerbrechlich und sehr sensibel, die anderen sind grimmig, verschlossen und neigen zu aggressivem Verhalten. Ihr Charakter steht den Figuren regelrecht ins Gesicht geschrieben. Solche typischen Charaktereigenschaften mit wenigen ausdrucksstarken Strichen zu Papier bringen, beherrscht Munuera ausnehmend gut. Auch bei der Darstellung von Landschaften und insbesondere von Bäumen besitzt er großes Talent. Mysthisch angehauchte, nebelverhangene Wälder, mit grandiosen Lichtstimmungen, die zugleich grafisch auf das Wesentlichste reduziert wurden, liegen ihm ganz besonders.
Koloriert wurden die Panels mit ausgesprochen zartem Einsatz von Farbe. Viele der Panels sind nahezu monchrom in einem Farbton gestaltet. Mal in Sepiatönen, mal in zarten Blautönen. Rot kommt meist zum Einsatz, um Blut darzustellen, und gleichzeitig handelt es sich dabei um den kräftigsten Farbton des gesamten Comics.

Die geradezu überragende Ausdruckskraft, welche die Grafiken in „Das Zeichen des Mondes“ verströmten, erreicht Munuera in „Fraternity“ indes bei weitem nicht. Die Figuren sind viel gröber und weniger detailliert ausgearbeitet. Die Settings sind überwiegend Häuser und kahle Felslandschaften, die zwar auch sehr schön dargestellt wurden, dabei aber längst nicht die pittoreske Schönheit der Landschaften in „Das Zeichen des Mondes“ erreichen. Diese Unterschiede sind nicht himmelweit, aber sie sind deutlich erkennbar. Es ist schon ein Fluch, wenn man sich selbst eine Messlatte setzt, die man in späteren Werken nicht mehr erreicht. Lässt man frühere Werke ausser Acht, ist „Fraternity“ dennoch ein wunderschön gezeichneter Comic, der grafisch einen ganz eigenen, sehr markanten Stil aufweist.


Aufmachung des Comics
Der großformatige Comicband ist hochwertig gebunden. Die Seiten sind aufwendig fadengeheftet. Die Qualität des Drucks auf dem seidenmatten Papier ist ausgezeichnet. Die Farbwiedergabe ist ausgezeichnet, die Konturen sind gestochen scharf und die Betrachtbarkeit der Panels ist nahezu reflexionsfrei. Bonusinhalte gibt es leider keine.


Fazit
Ein vielversprechender Comic, bei dem noch unklar ist, ob er halten kann was er verspricht. Bislang auf jeden Fall einen Blick wert.


3 5 Sterne


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