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Kategorie: Mythen und Historik

Der Tod umgibt den Schützen John Francis Clayton. Für einen neuen Soldaten in Vietnam lauern Gefahren hinter jeder Ecke. Sei es durch den Vietcong, der sich im Dschungel versteckt, oder durch seine Waffenbrüder, die in ihm nicht mehr als Frischfleisch sehen.

Aber so schlimm Soldat Claytons Dienstzeit bisher auch gewesen sein mag, es ist noch gar nichts im Vergleich zu dem, was ihm noch bevorsteht.
Bei einem Hinterhalt wird sein kompletter Zug niedergemetzelt. Vom Feind umzingelt bleibt er als einziger Überlebender, völlig auf sich allein gestellt, zurück. Er glaubt, dass die Lage aussichtslos ist, ohne zu wissen, dass Rettung naht. Rettung in Form von einem Haufen Schimpansen. Bis an die Zähne bewaffnete, Zigarre paffende, militärisch ausgebildete Schimpansen.

Schütze Clayton schließt sich jetzt einer neuen Einheit an und kämpft mit dieser geheimnisvollen Truppe ums Überleben. In einem der seltsamsten Kriege in dem je ein Soldat gekämpft hat.

 

Guerillas 1 

Originaltitel: Guerillas Volume 1
Autor: Brahm Revel
Übersetzer: Peter Liehr
Illustration: Brahm Revel
Verlag: All Verlag
Erschienen: September 2013
ISBN: 978-3-926970-40-4
Seitenzahl: 148 Seiten + Bonusteil
Altersgruppe: ab 16 Jahre (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Die Inhaltsangabe klingt reichlich absurd, gibt den Plot aber treffend wieder. Obwohl es nur schwer vorstellbar scheint, was diese bewaffneten Schimpansen im vietnamesischen Dschungel verloren haben sollen, erschließt sich im zweiten Teil des Bandes die Logik dahinter. Es ist eine Parallelwelt, die Revel hier erschafft mit einer aus wissenschaftlichen Experimenten entstammenden Ersatzarmee, die während des Vietnamkriegs zum Einsatz kommt.

Ich gebe zu, die aberwitzige Idee hinter dem Ganzen war für mich der eigentliche Anreiz diesen Comic zu lesen. Trotzdem wurden meine Vorstellungen weit übertroffen, denn neben blutiger Kriegsaction und der paffenden Schimpansenarmee, warten ernste, nachdenklich stimmende Passagen ebenso auf den Leser wie ein ganz spezieller trockener Humor, der einen immer wieder ganz unvermittelt trifft und laut auflachen lässt. Beispielhaft zwei Textauszüge; Seite 98: „Sie (die Schimpansen) haben wohl beschlossen, mich mitzunehmen … ob ich will oder nicht. Schnell wusste ich auch, wieso. Sie brauchten jemanden, der ihnen die Zigaretten anzündet.“ Richtig gedacht, Soldat Clayton, doch von einem Menschen abhängig zu sein, finden die cleveren Schimpansen auch nicht das Wahre, deshalb hat ihr „Doc“ eine Idee. Seite 105: „Ich denke, wenn wir sein Gehirn fressen, lernen wir das Geheimnis des Feuers“.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Brahm Revels Zeichenstil in schwarz-weiß mit Grauunterlegungen kann ich weniger dem amerikanischen Comic zuordnen, vielmehr erinnert er mich an japanische Erwachsenen-Mangas wie etwa die des Seinen-Genres. Sein Strich ist einfach, aber expressiv und ausdrucksstark. Durch die großflächigen, gezielt eingesetzten Grauunterlegungen erhalten seine Bilder zusätzlich Schliff. Die Panels sind linear und voneinander abgetrennt auf weißem Untergrund angeordnet, was ein flüssiges Lesen erlaubt, nicht zuletzt auch weil sich der Umfang von Erzähl- und Sprechtext stark in Grenzen hält. Stilistisch gliedert sich der Band (ebenso wie nach Kapiteln) in drei Teile:

Im ersten Teil lernen wir Soldat Clayton erst einmal kennen. Während er von sich, von zu Hause, vor allem aber von seinem Vater (Held im 2. Weltkrieg) in den eckigen Textblöcken erzählt, ziehen parallel in den Bildern die brutalen und blutigen Kampfhandlungen mit dem Vietkong vorbei, in die der noch kriegsunerfahrene junge Mann mit seiner Truppe gerät. Man fragt sich, wie ein so introvertierter und schüchterner Junge nur in diesem schrecklichen Krieg landen konnte. Im Gegensatz zum Vater ist John Francis Clayton kein Held, und alles an ihm drückt dies aus: sein unscheinbares Allerweltsgesicht mit sensiblen Zügen, die Unfähigkeit sich den dummen Scherzen seiner Kameraden und Vorgesetzten zu erwehren, das nach Vietnam mitgebrachte, ausgeschnittene Bild der Schulschönheit, die er nur aus der Ferne anhimmelt.  

Der zweite Teil lebt vom skurrilen Humor. Schon allein das Auftauchen der Ketten-rauchenden Schimpansen, die nicht nur unheimlich intelligent sind, sondern obendrein auch noch sprechen können, sorgt naturgemäß für etliche Pointen, doch als in ihrer Mitte plötzlich eine langbeinige blonde Schönheit in Leoprint-Unterwäsche und Strapsen namens Jane auftaucht (Seiten 116), konnte ich mich vor Lachen nicht mehr halten. Ein paar Seiten weiter trifft man auf eine ziemlich üble Kreatur, ein Pavian namens Adolf, der absolut nicht zufällig diesen Namen trägt.

Der dritte und letzte Teil ist der ernsthafteste und tiefsinnigste. Mit Anspielung auf die Experimente an Mensch und Tier im 3. Reich gleitet die Handlung zunehmend in Richtung Science-Fiction ab und wirft ethische Fragen auf. Als die Hintergründe um die ungewöhnliche Schimpansenzucht aufkommen (Seite 144 ff.), sind die umrandeten Panels plötzlich schräggestellt, wie Fotos in einem Fotoalbum, was dem Leser den Zeitsprung in die Vergangenheit sehr schön bildhaft vor Augen führt.


Aufmachung des Comics
Der Hardcoverband hat feste, hochglänzende Buchdeckel und ist im Graphic Novel-Format verlegt. Die Papierqualität ist ebenso wie die der handelsüblichen Graphic Novels: etwas dicker und damit schön griffig, rau und rohweiß. Im Anhang finden sich noch ein paar Extras, die da wären: Glossar, Foto und Kurzbiografie von Brahm Revel, Covergalerie und diverse Skizzen. Dies alles in schwarz-weiß, leider auch die im Original farbigen Covers.

Die dezent farbige Covergestaltung gefällt mir an sich sehr gut, auch wenn sie damit über den schwarz-weißen Inhalt hinwegtäuscht. Man sieht darauf einen Soldaten aus der Schimpansentruppe in lässiger Hockstellung vor weißem Hintergrund.


Fazit
Es kommt nur äußerst selten vor, dass ich einen Comic in einem Rutsch lese – hier war es der Fall. Die Inhaltsangabe gibt schon eine erste Vorstellung, was einen erwartet, doch Achtung, es lauern noch viel mehr Überraschungen im vietnamesischen Busch! Das Ganze hat der Amerikaner Brahm Revel mit einem schlichten, aber nicht minder ausdrucksstarken Zeichenstil in Schwarzweiß bebildert. Ein absoluter Geheimtipp!


4 5 Sterne


Hinweise
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