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„Mit 20 Jahren haben sie sich versprochen, die Nacht ihres 40. Geburtstags miteinander zu verbringen.“

Raphael und Sophie leben zusammen. Einige Tage vor seinem Geburtstag erhält Raphael mit der Post eine alte VHS-Kassette. Er schaut sie an und entdeckt sich als Zwanzigjährigen mit seiner großen Liebe wieder. Marie. Beide hatten sich gefilmt und dabei versprochen, was immer auch passiert, die Nacht ihres 40. Geburtstags gemeinsam zu verbringen. In Rom.

Am nächsten Tag, ein Anruf. Marie. Dieselbe Stimme wie vor zwanzig Jahren. Dieselbe Art zu sprechen, dasselbe Lachen …

Natürlich wäre es vollkommen albern, alles aufzugeben und sie in Italien wiederzutreffen. Es wäre dumm und unreif.

Aber wie soll man einem solch dummen und unreifen Versprechen widerstehen?

 

Eine Nacht in Rom 

Originaltitel: Une nuit à Rome, tome 1
Autor: Jim
Übersetzer: Tanja Krämling
Illustration: Jim
Verlag: Splitter
Erschienen: April 2013
ISBN: 978-3-86869-593-9
Seitenzahl: 119 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Vor zwanzig Jahren gaben sich zwei Verliebte das Versprechen, sich – egal wie die Zukunft für sie aussehen mag – an ihrem 40. Geburtstag in Rom zu treffen. Was für Raphael längst vergessen schien, wird von Marie nun eingefordert.

Der auf den ersten Blick nach reiner Liebesgeschichte ausschauende Plot entfaltet beim Lesen eine tiefgründige Thematik. In der Mitte seines Lebens angekommen, sieht sich Raphael an einem Wendepunkt stehen, der ihm weitreichende Entscheidungen abverlangt. In Sophie hat er endlich die ideale Frau zum Heiraten und Familie Gründen gefunden. Zumindest sind sich Raphaels Freunde in dem Punkt einig, doch wieso zögert er plötzlich? Was ist nur mit ihm los? Und so wird das überraschende Lebenszeichen einer längst verflossenen Ex-Geliebten für Raphael zum willkommenen Anlass, seine Situation zu überdenken. Der Leser beginnt sich allmählich zu fragen, ob es wirklich die große Liebe ist, die Raphael zu Marie hinzieht und ihn verführt, für einen Neuanfang alle Brücken hinter sich abzureißen. Schließlich bringen die Erinnerungen an sie gleichzeitig Raphaels verlorene Jugend und mit ihr all die verpassten Chancen und unerfüllten Sehnsüchte aufs Tapet …

Wie das Zusammentreffen der beiden in Rom verlaufen wird bleibt offen, so dass man Band 2 mit Spannung entgegensieht.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Jims Zeichnungen im sauber ausgeführten franko-belgischen Stil kann man als handwerklich solide, jedoch ohne individuelle künstlerische Note bezeichnen. Was sein nichtsdestotrotz sehr ansprechendes Artwork ausmacht, ist die realistische Wiedergabe alles Dargestellten, die unglaubliche Nähe zu den Hauptfiguren und die stimmungsvolle Kolorierung. In den Details könnte man penibler zeichnen, so sind Jims Landschaftsdarstellungen in den Tiefen oft nur vage umrissen und flächig, doch macht er dies wieder wett durch die starke Präsenz seiner Protagonisten, die den Leser mit authentischem Handeln vollkommen gefangen nehmen. An ihren Gesten und Ausdrücken lässt sich jede Emotion ablesen – und genau das ist es doch, auf was es bei dieser Art Plot ankommt.
Interessant finde ich dessen Aufbau, wo man im Wechsel mal Raphael und mal Marie über jeweils längere Erzählstrecken hinweg folgt und sie allmählich kennenlernt. Die Handlung spitzt sich mit jeder gelesenen Seite stärker auf ihr Wiedersehen zu, das – wie schon erwähnt – in diesem Band noch nicht stattfindet. Dabei gelingt Jim die altersgerechte Darstellung von Marie und Raphael in den zwei verschiedenen Zeitebenen sehr schön.

Eine gute Portion Erotik wartet ebenfalls auf den Leser, denn Raphaels Frauen haben Sexappeal – und der wird von Zeichner Jim nicht zu knapp in Szene gesetzt. Sophie ist der pflegeleichte, sportliche Typ: schmal, durchtrainiert, fransiger Pagenschnitt und immer ein offenes, breites Lachen im Gesicht. Marie dagegen hat dunkelbraune lange Haare, breite sinnliche Lippen, Sommersprossen um die Nase und grüne Katzenaugen. Geschmeidig wie die einer Katze sind auch ihre lasziven Bewegungen, die nur in Unterwäsche gekleidet oder im Bikini besonders zur Schau gestellt werden. Jede Faser ihres Körpers strahlt Sinnlichkeit aus.

Wie schon bei den Zeichnungen glänzt Jim in der Kolorierung nicht mit penibler Feinarbeit, dafür mit einem glücklichen Händchen für Atmosphäre. Er wählt Grau- und Blautöne für Abend- und Nachtszenen sowie frische, helle Farben am Tag. Für die Zeit dazwischen gibt es einige Panels, die vom Sonnenlicht in warmem Rotbraun richtig erstrahlen und dem Leser entgegen leuchten. Die etwas grobe Flächigkeit wird aufgefangen durch harmonische Farbabstufungen und schöne Licht- und Schattendarstellungen, so dass sie einem nie langweilig vorkommt.

Die verschieden großen Panels haben alle einen rechteckigen Zuschnitt und sind auf weißem Seitenuntergrund angeordnet. Erzähl- und Sprechtexte kommen ebenfalls in typischer Comicmanier daher, weshalb ich sie nicht näher ausführen werde. Soundwords gibt es hier keine.


Aufmachung des Comics
Der Comic verfügt über eine hochwertige Verarbeitung, egal ob bei Bindung, Druck oder Papier. Das kleinere Splitter Books-Format hätte hier meiner Meinung nach ebenso gepasst, doch der Verlag entschied sich für das übliche Großformat.
Im umfangreichen Anhang erwarten den Comicliebhaber ein Skizzenbuch mit Begleittexten von Jim sowie mehrere Seiten verschiedenster Coverentwürfe, denn nach eigenen Worten liebt es Jim, Cover zu gestalten. Zitat Seite 116: „Es ist ein Hobby von mir, ein Vergnügen. Ah, es ist Freitagnachmittag, keine Lust, eine neue Seite anzugehen? Dann eben ein Cover …“ Die Cover sind eine wahre Pracht, bei ihrem Anblick lässt sich erahnen, wie schwer es gewesen sein muss, sich nur auf eines festzulegen. Das schließlich ausgewählte zeigt Marie entspannt im duftigen Seidenunterkleid auf einem Vintage-Sofa liegend – vielleicht in einer alten römischen Villa, auf Raphael wartend? Wer weiß …

 
Fazit
Bei ‚Eine Nacht in Rom‘ denkt man sofort an Liebesgeschichte und typischen Frauencomic. Doch er ist vielschichtiger als erwartet und aus Sicht und Feder eines Mannes erzählt, definitiv auch männlichen Comicfans zu empfehlen, die sich mal auf etwas anderes als die übliche Fantasy oder Action einlassen wollen. Bebildert hat Jim die Geschichte authentisch und stimmungsvoll mit einer guten Prise Erotik.


4 Sterne


Hinweise
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