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Der Kampf zwischen Himmel und Hölle ist entbrannt.

Bobby Dollar ist ein Engel – und als Engel weiß er so ziemlich alles über die Sünden der Menschen. Er ist nämlich Anwalt für die Seelen der jüngst Verstorbenen, um die zwischen Hölle und Himmel erbittert gekämpft wird.

Der Auftakt der neuen Trilogie von Tad Williams um den Engel Bobby Dollar ist an Spannung und Witz nicht zu überbieten.

 

Die dunklen Gassen des Himmels 

Originaltitel: The Dirty Streets of Heaven
Autor: Tad Williams
Übersetzer: Cornelia Holfelder-von der Tann
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: 24.07.2013
ISBN: 978-3-608-93834-0
Seitenzahl: 576 Seiten

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Die Grundidee der Handlung

Bobby Dollar ist ein Engel und hat auf Erden die Aufgabe, für gerade Verstorbene die bestmöglichen Konditionen vor Gericht herauszuschlagen. Ja, er ist ein himmlischer Anwalt. Auch die Gegenseite schickt einen höllischen Vertreter und es geht darum, ob die Seele des Klienten nun in den Himmel oder in die Hölle wandert. Doch dann ändert sich alles, als zwar alle für das Gerichtsverfahren anwesend sind, außer die Seele des Verstorbenen! Natürlich musste das ausgerechnet Bobby Dollar passieren und eh er sich versieht, verlangen nicht nur seine eigenen Vorgesetzten eine Erklärung, auch einige hochgestellte Höllenvertreter setzen alles daran, Bobby Dollar in die Finger zu kriegen und schrecken auch vor Mordanschlägen nicht zurück. Bobby Dollar versucht mit allen Mitteln, hinter all die seltsamen Ereignisse zu kommen und so entspinnt sich vor dem Hintergrund des Fantasy-Settings ein Kriminalroman mit Horror-Anteilen und einem Schuss Erotik. Eine brisante Kombination, der jedoch – entgegen der Aussage auf der Buchrückseite – noch ein wenig Thrill fehlt, um vollends zu überzeugen.


Stil und Sprache
Bobby Dollar erzählt die Geschichte in seiner unnachahmlichen Art, die allein schon das Buch lesenswert macht. Locker, intensiv, frech, humorvoll und durchaus auch sarkastisch geht er dabei zu Werke und nicht selten muss der Leser laut lachen, wenn es beispielsweise heißt: "Alles in allem gab es an dieser Sache mehr Ungereimtheiten als in einem modernen Gedicht [...]" (Seite 70). Besonders auffällig ist, dass sich der Anwaltsengel sehr häufig mit dem Leser zu unterhalten scheint, diesen also direkt anspricht und somit in die Geschichte einbezieht. Das Sprachniveau des Autors ist eher anspruchsvoll, jedes Wort wohlüberlegt und treffend platziert (was auf die Worte der Hauptfigur nicht immer zutrifft, teilweise ist Bobby Dollar ein wenig zu impulsiv und forsch).

Im Prolog befindet sich Bobby Dollar in einer nicht gerade ungefährlichen Situation, bevor er im ersten Kapitel einige Zeit zurück geht. "Fangen wir mit dem Anfang an. Dann wird es klarer. Nicht gerade glasklar, aber wohl doch klarer." (Seite 14). Viele Informationen werden dabei in die aktuelle Handlung eingeflochten, um das von Tad Williams geschaffene Universum verstehen zu können. Wer den Autor kennt, weiß, dass er nichts dem Zufall überlässt und dabei sehr detailliert zu Werke geht. Das trifft auch auf die wenigen erotischen Szenen zu, die prickelnd und niveauvoll zu Papier gebracht wurden, wobei auch hier der witzige Unterton durchkommt: "[...], aber die Gräfin von Coldhands hätte selbst bei einem Toten einen gewissen Körperteil auferstehen lassen [...]" (Seite 315).

Was zunächst wie ein Fantasy-Roman anmutet, nimmt immer mehr kriminalistische Züge an, als Bobby Dollar Nachforschungen anstellt, um hinter diesen sehr ungewöhnlichen Todesfall ohne Seele zu kommen. Dass es ausgerechnet er ist, der in all diese seltsamen Vorfälle hineinschlittert, überrascht bei seiner großen Klappe allerdings nicht. Es sollte aber auch erwähnt werden, dass das Buch nichts für Zartbesaitete ist, denn teilweise geht es heftig (und reichlich blutig) zur Sache. Doch auch diese Szenen – und der bildreiche Schreibstil – können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte ein wenig mehr Tempo und Spannung vertragen hätte. Gelungen ist, dass das Buch – trotzdem es sich um den ersten Band einer Trilogie handelt – ein zufriedenstellendes Ende hat und der Leser nicht mitten in der Luft hängen gelassen wird.


Figuren
Bobby Dollars bester Freund Sam sagt auf Seite 14 recht treffend: "Darf ich vorstellen, Bobby Dollar, König der Arschlöcher." Nun, so krass würde ich es nicht ausdrücken, aber der Sympathischste ist er sicherlich nicht und es verwundert daher nicht, dass er sich im Laufe der Zeit den einen oder anderen Feind gemacht hat. Er ist nicht unbedingt die Liebenswürdigkeit in Person und doch begleitet man ihn gerne durch die Geschichte. Er ist enorm wissbegierig und dehnt die Grenzen gerne mal aus, hält von Diskretion nicht allzu viel und hat ein Händchen dafür, die ungeteilte Aufmerksamkeit äußert zweifelhafter Typen auf sich zu ziehen. Zudem hat er eine Schwäche für schöne Frauen. Auch sein bester Freund Sam schafft es nicht, ihn vor all dem Unheil zu bewahren, in das er sich selbst noch tiefer hinein manövriert.

Neben Bobby Dollar und Sam spielt Clarence, der "Azubi", eine nicht unwesentliche Rolle. "Was mir an Clarence auf jeden Fall gefiel, war, dass er genauso viele Fragen stellte wie ich. Was mir nicht gefiel, war, dass er sie laut stellte." (Seite 369; Bobby Dollar über Clarence). Natürlich gibt es auch noch einen ganzen Haufen weiterer Nebenfiguren: himmlische, höllische und menschliche, und sie alle sind facettenreich ausgearbeitet, wenn auch die eine oder andere vielleicht ein wenig übertrieben erscheint.


Aufmachung des Buches
Das gebundene und mit einem Schutzumschlag versehene Buch ist in der farblichen Gestaltung der Reihe "Das Geheimnis der Großen Schwerter" desselben Autors ähnlich, die Illustration selbst ist aussagekräftig, wenn auch nicht ganz stimmig, da die erdbasierten Engel auf Erden keine Flügel haben. Die Verarbeitungsqualität ist einwandfrei, nur ein Lesebändchen vermisst man.

Teilweise hätte das Lektorat sorgfältiger ausfallen dürfen, glücklicherweise stolpert man jedoch nur recht selten über einen holprigen Satzbau oder falsche Wörter.


Fazit
Eine ansprechende Grundidee, der es jedoch an Spannung mangelt, um vollends zu überzeugen. Dennoch ist "Die dunklen Gassen des Himmels" ein vielversprechender Auftaktband, der für die folgenden beiden Bände der Trilogie Potential nach oben ermöglicht.


3 5 Sterne


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