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Schon immer hatte Nele die Fähigkeit, ihre Träume selbst zu steuern. Doch als sich nach dem Umzug in eine andere Stadt ein geheimnisvolles Wesen in ihre Traumwelt schleicht, ist sie verunsichert. Weit weg von ihren Freunden vertraut sie sich Jari an, einem Außenseiter an der neuen Schule. Auch er hat etwas zu verbergen, und beide fühlen sich zueinander hingezogen. Aber dann verschwindet Jari wie vom Erdboden verschluckt. Seine Spur führt Nele hinter das Nachtglas – dorthin, wo es nichts anderes als Träume gibt …

 

Wenn die Nacht in Scherben fällt 

Autor: Anika Beer
Verlag: cbj
Erschienen: Mai 2013
ISBN: 978-3570402023
Seitenzahl: 413 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Für Nele waren Träume schon immer von besonderer Bedeutung, denn sie kann sie selbst steuern, aber der erste Traum nach dem Umzug nach Erlfeld ist ganz anders. Auf einmal findet sie sich nicht in einer gewohnten Traumwelt wieder und begegnet einem Fremden, der weit mehr über die schlafende Welt zu wissen scheint und versucht sie tiefer zu ziehen. Während sie also in der neuen Schule erste Freunde findet und sich dem Außenseiter Jari anvertraut, sucht sie in den Träumen nach dem mysteriösen Fremden. Dabei ahnt sie nicht, dass er sie längst beobachtet und dass die ganze Welt ins Wanken gerät, als Jari plötzlich verschwindet. Und nur Nele kann Jari wiederfinden, in der mysteriösen Traumwelt hinter dem Nachtglas …

Anika Beer erzählt in „Wenn die Nacht in Scherben fällt“ eine fantastische Geschichte, die eine faszinierende Traumwelt mit unserer Realität verbindet. Sie geht dabei so geschickt vor, dass man keinen Moment an ihrer Darstellung zweifelt und zugleich vor Spannung förmlich an den Seiten hängt.


Stil und Sprache
Die Handlung in Anika Beers Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven jeweils in der dritten Person geschildert. Nele und Jari kommen dabei ebenso zu Wort wie verschiedene Wesen aus der Traumwelt hinter dem Nachtglas. Die unterschiedlichen Blickwinkel ermöglichen es der Autorin, verschiedene Handlungsstränge zu verweben und immer wieder nutzt sie Perspektivenwechsel geschickt zum Spannungsaufbau. Der Spannungsbogen braucht generell eine Weile, bevor er den Leser wirklich fesselt. Der Anfang und die Einführung in Neles Gedankenwelt erfolgen relativ gemächlich. Sobald Jari verschwunden ist, folgt dann jedoch ein Ereignis direkt auf das Vorherige und der Leser kann das Buch kaum aus der Hand legen. Das Finale ist dann etwas weniger actionreich als erwartet, passt aber trotzdem gut zur Handlung und bietet einen durchaus zufrieden stellenden Abschluss. Der Weg dahin ist für die einzelnen Charaktere und besonders für Nele mit einigen Herausforderungen gepflastert, bis zum Schluss tatsächlich das Fortbestehen der Welt, wie man sie kennt, auf dem Spiel steht. Bei all der Handlung bleibt die emotionale Entwicklung zwischen Nele und Jari leider ein wenig auf der Strecke, zumal sie über weite Teile des Buches getrennt sind. Dank der gefühlvollen Beschreibung der wenigen Szenen, die sie gemeinsam haben, sieht man darüber aber gerne hinweg. Generell ist der Schreibstil von Anika Beer sehr gut und passend zur ernsten Grundstimmung des Romans. Sie beschreibt sehr dreidimensional, so dass sich das gesamte Buch angenehm lesen lässt.


Figuren
Nele ist kein gewöhnliches Mädchen. Ihr Äußeres mit bunten Haaren und einem Lippenpiercing hebt sie sowieso aus der Menge hervor, aber auch ihr Charakter ist etwas Besonderes. So freundet sie sich vor allem deswegen mit dem zurückhaltenden Jari an, weil sie sich bei ihm für die erste Begegnung entschuldigen will. Sie erscheint von Anfang an als grundgütiger Mensch und ist dem Leser mit ihrer freundlichen, unkomplizierten Art schnell sympathisch. Die Herausforderungen der Handlung meistert sie mit ein wenig Glück, jeder Menge Mut und Charakterstärke. Alles in allem eine sehr gelungene Hauptfigur, die dem Leser schnell ans Herz wächst.
Jari, durch dessen Perspektive man ebenfalls einen Teil der Handlung erlebt, hat kein einfaches Leben. Seine familiäre Situation ist mit schwierig noch sehr wohlwollend umschrieben und in der Schule ist er ein Außenseiter. Trotzdem man viele Passagen aus seiner Sicht liest, bleibt er deutlich ungreifbarer als Nele. Er kommt eher wie eine sehr gut ausgearbeitete Nebenfigur rüber, was aber nicht störend wirkt, sondern Nele mehr Entfaltungs- und Handlungsspielraum gibt. Es ist schön zu lesen, wie die wilde Nele seine Schutzmauer umgeht, gleichzeitig war die Geschwindigkeit der Gefühlsentwicklung zwischen den beiden jedoch ein wenig unglaubwürdig. Man gönnt es ihnen von Herzen, aber ein bisschen mehr Zeit zum Kennenlernen hätte nicht geschadet.

Die Nebenfiguren aus der Welt hinter dem Nachtglas - allen voran das männliche Wesen, das Nele in ihren Träumen trifft - sind sehr gut ausgearbeitet. Vielschichtig und authentisch werden sie beschrieben. Die Schulfreunde von Nele bleiben im Vergleich mehr im Hintergrund, werden aber ihrer Rolle entsprechend ausgearbeitet. Lediglich die Rolle der besten Freundin aus der alten Heimat wird nicht ganz klar, denn nach wenigen Szenen am Anfang taucht sie nicht mehr auf.


Aufmachung des Buches
„Wenn die Nacht in Scherben fällt“ erschien als Klappbroschur. Das Cover ist nicht aufdringlich gestaltet und fällt doch ins Auge: vor einem Nachthimmel balanciert eine Katze in der Baumkrone umrahmt von Scherben. Das zurückhaltende Blau entspricht durchaus der Stimmung im Roman und das Bild selbst spiegelt eine wichtige Szene wieder. Auch im Inneren setzt sich das Katzenmotiv fort und bildet den Auftakt jedes neuen Kapitels. Zusätzlich unterstützt die Kursivstellung einzelner Textpassagen die sofortige Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Erzählperspektiven. Es handelt sich also um ein rundum schön und passend gestaltetes Buch.


Fazit
Anika Beer ist mit „Wenn die Nacht in Scherben fällt“ ein beeindruckendes Jugendbuch gelungen, was trotz kleiner Schwächen vor allem durch die herausragende Idee und die spannende Einbindung der fantastischen Traumwelt in unsere Realität überzeugt.


3 5 Sterne


Hinweise
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