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Konrad und Paul tauchten erstmals 1990 in der Zeitschrift Magnus auf und ihre Erlebnisse aus dem schwulen Alltag sind Kult – nicht nur in der Kernzielgruppe! Diese Perle des Bücherschranks enthält alle schwarzweißen Bände Konrad und Paul 1-3 aus den Jahren 1990-1998. Veredelt von einem Vorwort von Frank „Spong“ Plein und einem farbigen Comic-Vorwort von Ralf König!

 

Konrad und Paul Ist der Ruf erst ruiniert 

Autor: Ralf König
Illustration: Ralf König
Verlag: Ehapa Comic Collection
Erschienen: Mai 2013
ISBN: 978-3-7704-3725-2
Seitenzahl: 160 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Konrad und Paul gelten in der Szene als „das“ schwule Comicpaar. Zusammen mit Ralf Königs Überflieger ‚Der bewegte Mann‘ (Rowohlt) leisteten die beiden sicher keinen geringen Beitrag, die Schwulenszene in Deutschlands breiter Öffentlichkeit zu etablieren.

Der etwas klein geratene Paul ist nicht der Intelligenteste, dafür strotzt er vor Selbstbewusstsein und  reger Potenz, um es mal dezent auszudrücken. Nicht umsonst gehört er den „Lederjungs“ an, die in der Szene als „echte Kerle“ gelten, im Gegensatz zu den „Tunten“. Seine bessere Hälfte Konrad ist groß, gebildet, liebt klassische Musik und spielt sogar selbst Klavier. Konrads größte Stärke dürfte aber seine Toleranz sein, denn Pauls ständige Eskapaden mit anderen Männern kosten ihn nur ein müdes Lächeln. Tja, da fragt man sich zu Recht, was die Zwei, die unterschiedlicher nicht sein könnten, eigentlich zusammen hält? Nun, der aufmerksame Leser findet vielleicht ein, zwei eingestreute Hinweise, der Rest wird wohl für immer ihr Geheimnis bleiben.

So viel anders, als jede normale Heterobeziehung, ist die von Konrad und Paul auch nicht, das wird einem beim Lesen schnell klar. Ralf König versteht es, ihre kleinen und großen Dramen des Beziehungsalltags mit seinem unverwechselbar prolligen Humor zu durchsetzen, dass man sich nur so kringelt vor Lachen, ohne auf die ernsten und nachdenklich stimmenden Zwischentöne (z.B. beim Thema Aids) zu verzichten. Es ist erstaunlich, wie viel Substanz und mitunter auch Tiefgang die meist ein- bis zweiseitigen Kurzgeschichten vorweisen können.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
In seinen frühen Werken, zu denen ‚Konrad und Paul‘ sicher noch gezählt werden darf, sind – anders als in den späteren Comics – Ralf Königs Wurzeln zu seinem großen Vorbild Claire Bretécher noch deutlich heraus zu sehen, denn schon nach wenigen Seiten fühlte ich mich an Bretéchers ‚Die Frustrierten‘ (entstanden 1974-1980) erinnert: der minimalistische, Cartoon ähnliche Zeichenstil in schwarz-weiß, Umfang und Aufbau der Strips, die individuellen, handgeschriebenen Texte, ja sogar die Art und Weise, wie man im engeren Freundeskreis jammernd und diskutierend auf dem Sofa sitzt, wurde von der berühmten Französin abgekupfert, trotzdem besitzen die Zeichnungen schon so viel Eigenes, dass es eine Beleidigung wäre, würde man Ralf König billiges, inspirationsloses Kopieren unterstellen.
Ganz typisch für den cartoonhaften Zeichenstil ist eine starke Konzentration auf die mit wenigen charakteristischen Linien wiedergegebenen Protagonisten. Hintergründe in den ohnehin recht kleinen Panels bleiben meist leer oder sind nur spärlich ausgearbeitet. Selbst Zubehör, wie einzelne Einrichtungsgegenstände oder bei Außensettings mal ein Haus, wird nur hie und da zur Orientierung eingestreut.

Der Personenkreis ist in dem Comicband groß, denn Paul hat zahlreiche Freunde und auch Familienmitglieder werden in die Alltagsgeschichten mit einbezogen. Sie mir alle einprägen zu wollen, wäre mühselig geworden, aber dies ist auch nicht nötig, leben die kurzen Strips doch eh nur von der Situationskomik. Dafür lernt man die zwei Hauptpersonen umso eingehender kennen und lieben. Gerade ihre äußerlichen und charakterlichen Gegensätze machen den Reiz am Ganzen aus.
Der zu kurz geratene Paul mit seiner Knollennase, Stoppelfrisur und Dreitagebart ist ein ungehobelter Proll. Das Einzige, was ihn interessiert, ist sein Dödel in der Hose. Wenn er zu Hause nicht gerade Konrad nervt oder anmacht, befindet er sich auf der Pirsch. Deshalb sollte man sich diesbezüglich auf viele offenherzige Zeichnungen und ebensolche Dialoge einstellen, was aber nur wieder zu herrlicher Situationskomik führt.
Mit seiner Vorliebe für klassische Musik, Politik und anderem langweiligem Kram erscheint Konrad als Pauls Gegenpart auf den ersten Blick ziemlich reizlos. Doch schnell wuchs er mir in seiner Ausgeglichenheit und Zurückhaltung ans Herz. Er ist der einzige Ruhepol inmitten der ganzen Krisen und Neurosen der anderen. Bezeichnend für seinen intelligenten Charakter sitzt eine randlose Brille auf der großen Nase, durch die wache, freundliche Augen schauen, während ein nachsichtiges Lächeln seinen Mund umspielt. Doch er kann auch mürrisch und streng sein, wenn es mit Paul gar nicht anders geht …


Aufmachung des Comics
Wie schon der Verlagstext auf der Buchrückseite aussagt, handelt es sich hier um eine Neuauflage der in den 90er Jahren bei Carlsen erschienenen Softcoverausgaben 1-3 als großformatiger, gebundener Sammelband. An Extras erwarten die Fans ein mehrseitiges illustriertes Vorwort von Frank Plein und eine eigens für diesen Band gezeichnete und kolorierte Konrad und Paul-Episode, die gekonnt die Brücke schlägt zwischen heute und damals.

Die Coverillustration zeigt vor einem gelben Hintergrund Konrad entspannt im 'Kamasutra' lesend, während Paul wohl gerade eine der Übungen aus dem Buch ausprobiert, wobei der Aufkleber mit dem Titelzusatz „… lebt es sich ganz unzensiert“ gutplatziert gewisse Körperpartien verdeckt. Der arme Kerl hat sich wohl schon so verausgabt bei seinen Verrenkungen, dass ihm die Zunge triefend aus dem Mund hängt. Die Buchrückseite ist ebenfalls gelb grundiert. Hier sind die drei Coverillustrationen der Erstausgaben von ‚Konrad und Paul‘ zu sehen (zwar etwas klein im Format, aber immerhin), darunter wurde der Verlagstext abgedruckt.


Fazit
‚Konrad und Paul‘ in der schmucken Hardcover-Neuauflage bietet all denen, die in den 90er Jahren noch nicht das Vergnügen mit Ralf Königs schwulem Kult-Paar haben durften, nun die beste Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen.


5 Sterne


Hinweise
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