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Die Welt im Jahre 2387: Die amtliche Wetterkontrolle lässt es jeden Abend um19 Uhr für eine Viertelstund  lauwarm regnen. Wer etwas auf sich hält, macht Urlaub auf den äußeren Jupitermonden. Und Justin Time langweilt sich in einem Internat in Brighton zu Tode. Doch dann ändert eine Einladung nach London alles. Ehe Justin sich versieht, reist er auf den Spuren seiner verschollenen Eltern in die Vergangenheit. Dort versucht jemand, im Jahr 1862 die berühmte Rechenmaschine von Charles Babbage fertig zu bauen, und bringt so auf gefährliche Weise den Lauf der Geschichte durcheinander. Justin heftet sich an die Fersen des Unbekannten. Während Schornsteinfegerjungen und niederträchtige Ausbeuter, neugierige Polizisten und falsche Freunde sich ihm in den Weg stellen, gerät Justin zwischen die Fronten eines riesigen Komplotts. Denn es herrscht Krieg in der Zeit, und Justin ist der Schlüssel zu allem.

 

  Autor: Peter Schwindt
Verlag: Loewe
Erschienen: 2007
ISBN: 978-3-7855-4984-1
Seitenzahl: 330 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Justin Time, ein sogenannter Zeitwaise, lebt und langweilt sich in seinem Internat im 24. Jahrhundert, das sich nur bedingt von unserem unterscheidet. Eine überraschende Einladung seines Onkels Chester bringt ihn dazu auszureißen, denn die Internatsleiterin möchte erst mal abklären, ob die Einladung überhaupt echt ist. Natürlich ist sie dies nicht, aber ehe das geklärt werden kann, findet sich Justin auf der HMS Beagel wieder und muss verhindern, dass das Schiff mit Mann und Maus und Darwin untergeht. Kaum zurück, verändert sich die Zeitlinie schon wieder. Dieses Mal reist Chester selbst in die Vergangenheit, aber wie könnte es auch anders sein, geht wieder irgendetwas schief und Justin startet zu seiner 2. Rettungsmission. Nicht nur Onkel Chester ist in Gefahr, sondern auch seine Gegenwart! Bis die Welt (vorübergehend) gerettet ist, hat Justin einiges auszuhalten, durchzustehen und ohne Fanny hätte er nicht überlebt.


Stil und Sprache
Peter Schwindts anvisiertes Publikum sind Kinder ab 12 Jahren und er passt seinen Sprachstil diesem an. Einfach zu lesende Sätze ohne unnötige Verschachtelungen, die den Lesefluss hemmen. Zudem gelingt es ihm vorzüglich Spannung aufzubauen, zu halten und zum Schluss hin sogar noch zu steigern. Allerdings erscheint das Ende etwas übereilt, ja, fast plötzlich, als wäre dem Autor soeben aufgefallen, dass ihm nicht mehr als 300 Seiten zur Verfügung stehen. Atemlos hetzt man von Kapitel zu Kapitel um am Ende zu erfahren, dass diesmal zwar noch mal alles gut gegangen ist, aber die Welt des 24. Jahrhunderts am Abgrund steht. Justins Suche nach seinen Wurzeln und seinen möglicherweise doch noch lebenden Eltern wird weitergehen. Durch das offene Ende verlangt der Leser/die Leserin förmlich nach dem nächsten Band. Sehr geschickt gemacht!

Die Schrift ist erfreulich groß und Augenschäden wird‘s deshalb beim Lesen mit der Taschenlampe unter der Bettdecke vermutlich nicht geben. Die einzelnen Kapitel selbst sind allerdings recht lang. Der Autor hat viel recherchiert, in der Literatur und der Geschichte, und einige Anleihen bei anderen Autoren vorgenommen. Kenner der Vorlagen werden sich über die zumeist gelungene Verfremdung freuen. Schwindt kupfert nicht nur einfach ab, sondern schafft durchaus etwas Eigenes. Junge Leser dürften aber kaum z.B. Charles Dickens gelesen haben und daher manche Anspielung nicht verstehen. Das schadet dem Verständnis des Romans aber nicht. Schwierig wird’s, wenn es wissenschaftlich wird. Das Spiel mit dem “ Was wäre wenn“ … es im Jahre 1862 schon einen funktionsfähigen Computer gegeben hätte, macht Spaß. Einen Haken hat die Sache allerdings - wie baut man in einer Nacht eine Maschine fertig, die aus insgesamt ca. 25.000 Einzelteile besteht? Schwindt trickst da ein bisschen. Junge Leser werden das aber wahrscheinlich nicht merken und deshalb bin ich der Meinung, dichterische Freiheit hin oder her, wenn man schon die historischen Fakten ändert, dann könnte man sich doch auch die Mühe machen und in einem Nachwort die Dinge wieder richtig stellen. In historischen Romanen für Erwachsene tut man dies schließlich auch.


Figuren
In diesem Jugendroman begegnen uns historische Persönlichkeiten - Charles Darwin und Charles Babbage. Den ersteren kennt nahezu jeder, nur wer ist Babbage? Er war Mathematiker und der Erfinder diverser Rechenmaschinen, von denen eine im Roman eine Rolle spielt. Beiden historischen Persönlichkeiten werden Eigenschaften zugeschrieben, die sie im wirklichen Leben wahrscheinlich gar nicht hatten. Was ich durchaus legitim finde. Der Autor bedient sich außerdem u.a. in der Weltliteratur - Bertie Oxtail erinnert doch sehr an Fagin aus Oliver Twist. Auch die moderne Fantasy bleibt nicht verschont: Fanny, die Justin in der Vergangenheit kennenlernt, und Susi Tintenblau (“Schlüssel zum Königreich”), sind sich durchaus ähnlich. Zufall? Und was ist mit Justin selbst? Naja, Harry Potter lässt grüßen. Dennoch, das muss gesagt werden, sind diese Figuren nicht Eins zu Eins geklaut, der Autor macht sich schon die Mühe, sie etwas zu verändern, sie bleiben aber, wie die Nebenfiguren, noch recht blass. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.


Aufmachung des Buches
“Justin Time - Zeitsprung” gibt es sowohl als Taschenbuch, als auch gebunden. Das Cover unterscheidet sich dabei nicht. Vorder- und Rückseite ergeben aufgeklappt ein Bild. Im unteren Drittel sieht man den Kreisausschnitt einer Uhr, auf deren oberem Rand ein Junge im braunen Anzug, mit einem Zeiger als Balancierstange, vorsichtig entlang schreitet. Die großen Augen des rothaarigen Jungen blicken dabei den Betrachter etwas traurig an. Dahinter scheint es senkrecht in die dunkelblaue Tiefe, Meer und/oder Himmel, zu gehen. Etwas rechts unterhalb des Jungen segelt ein Schiff übers Meer, über Justin scheinen die Dächer Londons kopfüber zu kleben. Das Cover weist so schon auf den Inhalt hin. Die Zeit ist ein fragiles Gebilde, eine andere Dimension, die wir Menschen besser nicht betreten, oder doch? Können wir uns, kann Justin sich darin zurechtfinden? Das ungewöhnliche Cover verführt dazu, es herausfinden zu wollen.


Fazit
Die Idee, einen Zeitreiseroman für Kinder und Jugendliche zu schreiben, ist charmant und auch gut umgesetzt. Eigentlich hätte das Buch 5 Sterne verdient, wären da nicht die allzu häufigen geistigen Anleihen bei anderen Autoren. Dies finde ich etwas dreist. Bleibt zu hoffen, dass es in den Fortsetzungen dann anders wird.


4 Sterne


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