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Kategorie: Historische Fantasy

Die neunzehnjährige Léonide Géroux wächst im Arles/Südfrankreich des 19. Jahrhunderts im Haus ihrer Eltern auf. Als ihr Bruder, der Maler Willem Géroux, in der Hitze des mediterranen Sommers dem Fieberwahn verfällt, beschließt sie, den renommierten, aber ebenso gefürchteten italienischen Mediziner und Alchimisten Costantini um Hilfe zu bitten. Nach und nach beginnen Wahn und Wirklichkeit zu verschwimmen. Wer ist Costantini und welche Rolle spielt er in Willems Leben? Als Léonide sich auf die Suche nach Antworten macht, begegnet sie nicht nur der Liebe, sondern auch dem Tod.

 

Leonide 

Autor: Charlotte Schaefer
Verlag: Sieben Verlag
Erschienen: März 2013
ISBN: 978-3-864431-32-6
Seitenzahl: 228 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext gibt die grundlegende Idee des Romans sehr gut wieder. Léonide lebt in Südfrankreich mit ihren Eltern und ihrem Bruder Willem. Da erkrankt eben dieser an einer Art Geisteskrankheit, gepaart mit hohem Fieber. Kein Arzt weiß Rat. Léonide weiß sich nicht anders zu helfen, als den Alchemisten Constantini um ein „Wundermittel" zu bitten. Jetzt wird sie Willem retten können, doch er stirbt trotzdem. Ist Constantini an allem schuld? Léonide begibt sich auf eine Reise auf der Suche nach Antworten. Wird sie finden, was sie sucht? Ein ebenso verworrenes wie gleichermaßen beeindruckendes Werk erwartet den Leser.


Stil und Sprache
Der Roman ist komplett im Präsens geschrieben, was einerseits ein wenig befremdlich wirkt, andererseits dem Leser das Gefühl gibt, die ganze Geschichte „live" mitzuerleben. Die Wahl der Perspektive, in erster Person aus Sicht von Léonide unterstützt dies noch. Wir erhalten tiefe Einblicke in ihre Gefühls- und Gedankenwelt. An einigen wenigen Stellen finden sich auch Abschnitte aus Sicht von Willem, wenn er einen Fiebertraum hat oder als Léonide in seinem Tagebuch liest. Bemerkenswert am Stil ist auch der reichliche Gebrauch von Adjektiven, die Farben, Gerüche und dergleichen beschreiben. Man kann fast „den Geruch von Staub, Urin und Lavendel" (S. 5) erahnen, so bildhaft ist die Sprache. Außerdem bedient sich die Autorin gerne auch an Metaphern oder gar synästhetischer Ausdrücke wie z.B.: „Eine Stimme wie Silber und Tränen, gleißend und zugleich bedrückend." (S.35).

Das Buch beeindruckt nicht durch klassische Spannungselemente, sondern offenbart seinen wahren Charakter erst beim zweiten Blick. Es birgt subtilen Horror in sich und lässt die Grenzen von Wahn und Wirklichkeit immer mehr verschwimmen. Was ist noch echt und was nur eine Auswirkung der immer mehr zu Tage tretenden geistigen Umnachtung von Léonide? Ist Constantini tatsächlich eine Art übernatürliches Wesen, oder nur Einbildung? Auf dieses Buch muss man sich ganz bewusst einlassen, aber wenn man es schafft, wird man umso mehr beeindruckt sein. Auch wenn es in der Mitte einige Längen gibt, vermag das Ende zu überraschen und das Buch von Grund an auf den Kopf zu stellen. Dass der Roman in Frankreich 1888 spielt merkt man der Geschichte nicht unbedingt an, es trägt lediglich als eine Art „Untermalung" der Rahmenhandlung bei.


Figuren
Im Zentrum des Buches steht ganz klar die neunzehnjährige Léonide Géroux. Zu ihrem Bruder Willem hat sie ein sehr inniges Verhältnis. So trifft es umso härter, als dessen Erkrankung immer weiter fortschreitet, so schlimm, dass er sogar Terpentin trinkt, seine Farben isst und sich ein Auge aussticht. Auch wenn sie sich lieber zu Hause um ihn kümmern würde, lässt man ihn doch in eine Heilanstalt einweisen. Als Willem Selbstmord begeht, ist Léonide einerseits am Boden zerstört, aber anderseits auch ziemlich wütend auf Constantini, der ihr offenbar ein wirkungsloses Elixier verkauft hat.
Zusammen mit dem Arzt und Freund der Familie Frédéric Gagnier macht sie sich auf die Suche nach Antworten. Dabei kommen sich die beiden durchaus näher. Als Mann der Naturwissenschaft glaubt Frédéric nicht an Übersinnliches, unterstützt aber Léonide, vielleicht auch deswegen, weil er etwas für sie empfindet. Gleichzeitig aber bemerkt er, dass sie auch bei ihr ähnliche Symptome des Wahns zeigen wie bei ihrem Bruder. Wer oder was ist Constantini, der offenbar bei jeden Treffen jünger zu werden scheint?
Die Figuren sind nicht sehr zahlreich, aber dennoch glaubhaft dargestellt, soweit dies für einen Geisteskranken eben möglich ist. Auch wenn man von ihren näheren Lebensumständen nicht viel erfährt, hat man dennoch das Gefühl, ihnen nahe zu sein und sich in sie hineinversetzen zu können. Am besten gelungen erscheint hierbei die junge Léonide, die anfangs noch bei völlig klarem Verstand ist, dann aber immer mehr Auswirkungen ihres eigenen geistigen Verfalls zu spüren bekommt.


Aufmachung des Buches
Es handelt sich um ein Taschenbuch, das - für den Sieben Verlag typisch - ein wenig größer ist als „normale" Taschenbücher, dabei nicht unbedingt breiter, aber höher. Das Gestaltung ist betont Rot gehalten. Man erkennt am linken Rand eine junge Frau, deren wallendes rotes Kleid sich quer über das Cover zieht. Beim genauen Hinsehen kann man geheimnisvolle Zeichen. Insgesamt wirkt die Aufmachung mystisch und macht definitiv neugierig auf das Buch.


Fazit
Léonide ist definitiv ein Buch, das anders ist, bei dem nicht immer klar ist, was wahr ist und was Wahn. Trotzdem hat es mich wirklich beeindruckt.


4 Sterne


Hinweise
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