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August ist zehn Jahre alt und lebt mit seinen Eltern und seiner großen Schwester Via in New York. Weil er seit seiner Geburt so oft am Gesicht operiert werden musste, ist er noch nie auf eine richtige Schule gegangen. Aber jetzt soll er in die fünfte Klasse kommen. August ist es gewöhnt, angestarrt zu werden, und er weiß, dass die meisten Schüler nicht absichtlich gemein zu ihm sind. Sie sind bloß verunsichert. Natürlich ist es sein sehnlichster Wunsch, nicht weiter aufzufallen, ein ganz normaler Junge zu sein, Freunde zu finden. Doch nicht aufzufallen ist nicht leicht, wenn man so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig, klug und großzügig ist wie August.

 

Wunder 

Originaltitel: Wonder
Autor: Raquel J. Palacio
Übersetzer: André Mumot
Verlag: Carl Hanser
Erschienen: Januar 2013
ISBN: 978-3446241756
Seitenzahl: 384 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
August selbst erzählt dem Leser, dass er schrecklich aussieht. Durch eine seltene Genkombination ist sein Gesicht furchtbarer anzusehen, als alles, was der Leser sich ausmalen könnte. Seit er geboren wurde, hatte er unzählige Operationen deswegen und an ein normales Leben war nie wirklich zu denken. Aber jetzt ist er zehn Jahre alt und soll erstmalig in die Schule gehen. Die Schüler einer Middle School können sehr verletzend sein, unabsichtlich oder auch absichtlich grausam, und trotzdem kämpft sich August durch. An sein Gesicht werden sie sich schon gewöhnen und irgendwann hinter der Fassade den wunderbaren, witzigen und klugen Jungen erkennen, selbst wenn das ein kleines Wunder wäre.

Raquel J. Palacio erzählt eine an sich alltägliche Geschichte – ein Jugendlicher muss sich an einer neuen Schule mit neuen Mitschülern zurechtfinden – und macht aus ihr etwas ganz Besonderes. Durch die herausragenden Charaktere lässt sie den Leser das durchschnittliche Setting vergessen und stattdessen vollständig in die Welt eines ganz besonderen Menschen eintauchen. Der Autorin gelingt es sehr gut, kleine Nebenschauplätze und -probleme mit der eigentlichen Handlung zu verweben, so dass ihr Roman eine Vielzahl von bedeutenden Themen anspricht und den Leser weit über Augusts Schicksal hinaus nachdenklich stimmt.


Stil und Sprache
Die Geschichte von „Wunder“ wird von verschiedenen Charakteren jeweils in der ersten Person erzählt. Der Autorin gelingt es dabei, den Stil den einzelnen Erzählern sehr gut anzupassen, so dass jeder von ihnen eine eigene Stimme erhält, die zum Alter, Geschlecht und den bisherigen Lebenserfahrungen passt. Einige Passagen sind dadurch allerdings schwieriger zu lesen, da der kindliche Erzählstil ersteinmal ungewohnt ist. Hat man sich eingelesen, ist man aber so von August gefesselt, dass das nur noch in sehr wenigen Passagen auffällt.
Der Großteil der Handlung wird aus Augusts Sicht beschrieben, denn er ist die Hauptperson des Buches. Die kurzen Passagen aus einem anderen Blickwinkel ermöglichen es dem Leser, seine Erzählungen zu objektivieren und gleichzeitig zu erkennen, wie unterschiedlich die selbe Situation für die einzelnen Charaktere wirkt. Wiederholungen treten dadurch zwangsläufig auf, halten sich aber in Grenzen und vermitteln dem Leser immer auch zusätzliche Einblicke, so dass es nicht langweilig wird. Allgemein ist „Wunder“ kein Buch, das über einen starken Spannungsbogen überzeugt. Zwar fühlt man mit August und will wissen, wie seine Geschichte weitergeht, aber nur in wenigen Szenen ist es die fesselnde Spannung der Handlung, die den Leser dazu bringt, das Buch nicht aus der Hand zu legen. Stattdessen wird viel Wert auf die Gefühle der Charaktere und die langsame Entwicklung ihrer Persönlichkeiten gelegt. Was in vielen anderen Romanen langweilig oder gar störend gewirkt hätte, passt hier perfekt zur Handlung und den Charakteren. Durch ihre Einzigartigkeit und die Art, wie der Leser mit ihnen mitfühlen kann, binden sie ihn auch ohne Spannung in der Handlung selbst an das Buch.

Neben der eigentlichen Geschichte kann der Leser zu Beginn jedes neuen Erzählabschnittes ein zur Handlung passendes Zitat lesen. Am Ende des Buches sind als Extra noch die im Englischunterricht behandelten Maximen abgedruckt, sowohl die des Lehrers, die zum Nachdenken anregen, als auch die der Schüler, die größtenteils sehr lustig die Handlung nochmal aufgreifen.


Figuren
Im Zentrum des Romans steht August. Er erzählt selbst den Großteil der Handlung und auch die Erzählungen der anderen Charaktere drehen sich beinahe ausschließlich um ihn. Auf der einen Seite hat sein Schicksal ihn zu einem sehr reifen Jungen gemacht, der durch seine detaillierten Beobachtungen vieles durchschaut, was man einem Zehnjährigen noch nicht zutrauen würde. Auf der anderen Seite hat die Abgeschiedenheit seines bisherigen Lebens ihn recht naiv werden lassen und viele Selbstverständlichkeiten für andere Schüler sind ihm völlig fremd. Diese zwei Seiten werden sehr glaubwürdig vermittelt und August wirkt trotz seiner Geschichte in vielen Situationen wie ein normaler kleiner Junge. Dabei wächst er dem Leser sehr schnell ans Herz, nicht durch sein Schicksal, sondern durch sein gesamtes Wesen. Diese Sympathie bleibt über das Buch erhalten und lässt den Leser mit August leben, leiden, weinen und lachen.

Die Nebencharaktere könnten neben August leicht untergehen, aber die Autorin schafft es, jedem von ihnen eine eigene Geschichte mitzugeben. Zu Wort kommen zwei seiner Mitschüler, seine Schwester und zwei ihrer Mitschüler, aber auch die anderen Figuren sind sehr gut und authentisch dargesellt. Dadurch, dass keiner von ihnen eindimensional rüber kommt, bleiben ihre Handlungen nachvollziehbar und der Leser kann sich mit den meisten Figuren identifizieren. Auch wenn ihre Probleme Nebenhandlungen bleiben, kann man so mit ihnen mitfühlen und viele von ihnen berühren den Leser weit über das Buch hinaus.


Aufmachung des Buches
„Wunder“ ist als Hardcover mit Schutzumschlag erschienen. Das Cover zeigt einen Jungen, der sein Gesicht in einer Kiste versteckt, und in großen Kreisen die einzelnen Buchstaben des Titels. Die Kreise sind auch im Buch um die ersten Kapitelbuchstaben und die Abschnittsnummern gezeichnet. Die farbliche Gestaltung des Covers ist zurückhaltend und durch die Mischung doch auffällig, passend zur stillen und gerade dadurch bewegenden Handlung des Buches.


Fazit
Raquel J. Palacio erzählt in ihrem Roman eine wunderschöne Geschichte, die nicht mit einer fesselnden Handlung sondern herausragenden Charakteren überzeugt. Ein wirklich gelungenes Jugendbuch, das zu vielen Themen zum Nachdenken anregt und den Leser noch lange nach der letzten Seite beschäftigt.


4 Sterne


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