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Wenn niemand mehr die Wahrheit sagt, musst du alles riskieren, um sie selbst herauszufinden.
Ein tot geglaubter Auftragskiller und ein Verbrechen, das ein ganzes Land erschüttert, halten den jungen Sherlock Holmes in Atem. Und dann ist da noch sein Bruder, der irgendwie in dieser Geschichte mit drinzuhängen scheint. In seinem neuen Fall führt die Spur den jungen Meisterdetektiv an einen Ort, an dem Leben und Tod keinen Wert besitzen, die Wahrheit jedoch unbezahlbar ist.

 

Young Sherlock Holmes 2 

Originaltitel: Young Sherlock Holmes – Red Leech
Autor: Andrew Lane
Übersetzer: Christian Dreller
Verlag: Fischer FJB
Erschienen: September 2012
ISBN: 978-3-596-19301-1
Seitenzahl: 428 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der junge Sherlock Holmes wohnt nach der Abreise des Vaters und der Erkrankung der Mutter bei Tante Anna und Onkel Sherrinford auf Holmes Manor. Er wird von dem Amerikaner Amyus Crowe unterrichtet, der versucht, dem jungen Holmes das logische Denken näher zu bringen. Im Zuge eines Besuches von Sherlocks Bruder Mycroft erfährt der angehende Detektiv von einem Verbrecher, der sich in einem Haus in der näheren Umgebung eingemietet haben soll. Kurzerhand macht sich Sherlock auf, um nachzuprüfen, ob das tatsächlich stimmt und gerät in Gefangenschaft. Er kann zwar entkommen, doch sein Freund Matty, der Sherlock bei seinen Eskapaden unterstützt, wird von den Verbrechern als Geisel genommen. In Begleitung seines Lehrers Crow und dessen Tochter Virginia macht sich Sherlock auf die gefährliche Reise übers Meer, um in New York seinen Freund Matty aufzuspüren. Doch seine Widersacher warten bereits auf ihn und er braucht allen Mut und Kombinationsgabe, um seine Freunde und sich selber zu retten.

Die Idee, die Abenteuer des jungen Sherlock Holmes niederzuschreiben, ist ein spannendes Vorhaben und ein wirklich guter Einfall. Allerdings wäre eine etwas dichtere Handlung, die sich nicht nur auf Actionseffekte stützt, gerade bei einer derart bekannten Figur wie der des berühmten Sherlock Holmes sehr wünschenswert gewesen. Vor allem, wenn die Entscheidungen und Handlungen des Teenagers auch seinen körperlichen und geistigen Möglichkeiten entsprochen hätten und er nicht so sehr zum "über sich hinauswachsenden Helden in aussichtslosen Situationen" dargestellt würde.


Stil und Sprache
Die Geschichte ist in der dritten Person geschrieben und der Autor hat einige reale Personen wie zum Beispiel Graf Zeppelin und Ereignisse wie die Einwanderungeswelle nach New York in die Handlung eingeflochten. Spannend und rasant führt ein Ereignis zum anderen und Sherlock hat zu tun, um den Anschluss an die schnell aufeinander folgenden Actionszenen nicht zu verlieren. Der Schreibstil des Autors ist jugendgerecht, unkompliziert und leicht zu lesen. Auch die Dialoge und die Sprechweise der handelnden Personen klingen authentisch und wurden der angepeilten Zeit gut angepasst. Bedauerlicherweise ist der Roman - trotz der spannenden Schreibweise und der interessanten Unterhaltungen der Figuren - jedoch nur auf den ersten Blick gut recherchiert und stimmig durchkonstruiert. Bei näherem Durchlesen entdeckt man sehr bald, dass sich die Geschichte zwar interessant und flott lesen lässt, es aber mit der stimmigen und glaubwürdigen Choreografie einiger Szenen und Handlungen der Protagonisten nicht immer wirklich klappt. Manchmal hat man den Eindruck, als wären selbst einige Actionszenen fast willkürlich in die Geschichte platziert, nur um die Handlung weiter voranzutreiben und die Spannung hochzuhalten.

Bei einigen Szenen, wie etwa Mattys Entführung durch die Bösewichte, fehlt die Beantwortung grundsätzlicher Dinge, wie "Wie können die Entführer wissen, dass Matty mit Sherlock und Amyus Crowe bekannt ist und wie schaffen sie es so kurzfristig, ihn zu finden um an ihn heranzukommen? Sie kennen ihn ja nicht." Auch das "Warum" ist bei näherer Überlegung nicht wirklich ganz nachvollziehbar. Bei der Schiffsszene fragt man sich insgeheim, wie der Meuchelmörder wissen kann, auf wen er achten soll, wenn die flüchtenden Verbrecher, die ihn angeheuert haben, weder die Identität noch die Anzahl ihrer "Jäger“ kennen.

Zufälle spielen in dieser Geschichte insgesamt eine sehr große Rolle und diktieren den Protagonisten ihr weiteres Verhalten auf. Es ist jedoch sehr schade, dass Sherlock Holmes, der als DER großer Tüftler und Kombinierer, sowie als überlegte Persönlichkeit fast schon legendär ist, mit der Hauptperson dieser Geschichte (noch) nicht viel gemeinsam hat. Obwohl sich bei Sherlock als Teenager zwar schon Ansätze logischen Denkens zeigen, agiert der junge Holmes durchgehend sehr ungestüm, irrational und nur im weitesten Sinne altersgemäß. Mit seinen unbedachten Aktionen bringt er seine Freunde in Gefahr und verschlimmert die Lage manchmal auch durch seine unüberlegten Versuche, die Sache schnell wieder in Ordnung zu bringen.

Holmes Reaktionen, seine Kämpfe mit den erwachsenen Verbrechern, die er normalerweise schon aufgrund seines Alters nicht so einfach hinter sich bringen könnte, sind zwar mitreißend geschrieben aber nicht unbedingt immer glaubwürdig. Dadurch wird dem grundsätzlich spannenden Thema eine gute Portion Realität entzogen, woran leider auch die eingeflochtenen, historisch belegten Personen und Tatsachen wie Graf Zeppelin oder die Reise mit dem Schiff SS Scotia nichts ändern können.


Figuren
Sherlock Holmes ist ein sehr von sich überzeugter junger Mann, der oft impulsiv statt überlegt handelt und mit dem erwachsenen, allbekannten Sherlock Holmes (noch) nichts gemeinsam hat. Der junge Sherlock zeigt zwar die Neugier seines Älteren „Ich“, gerät jedoch dadurch in viele verzwickte Situationen, in denen er ungewollt nicht nur sich selbst, sondern auch seine Freunde Matty und Virginia, die Tochter seines Lehrers, in Gefahr bringt.

Sherlocks Bruder Mycroft arbeitet für die Regierung und seine Arbeit ist sehr geheimnisumwittert. Seine Verbindungen reichen in alle möglichen Richtungen und Länder, so bleibt es bis zum Schluss unklar, was er denn nun eigentlich genau tut. Amyus Crowe ist Sherlocks Hauslehrer, Agent der Pinkerton Agentur und gleichzeitig besorgter Vater einer quirligen Tochter. Er ist ein logischer Denker und versucht seine Art, Dinge zu sehen und Geheimnisse zu lüften auch seinem Schützling Sherlock beizubringen. Die Gegenspieler wechseln sich ab, bis gegen Ende der Geschichte der Antagonist ins Rampenlicht tritt: Baltasar, ein sehr seltsamer Mann mit ein paar unangenehmen Anschauungen und Angewohnheiten ist eine sehr harte und gefährliche „Nuss“ für den jungen Sherlock.

Durch ihre Handlungen im Lauf der Geschichte charakterisieren sich die Figuren ebenso, wie durch einige gut platzierte, in die Handlung eingeflochtene, Hintergrundinformationen. Einige der Nebenpersonen agieren recht schablonenhaft, was ihre Reaktionen bis zu einem gewissen Grad ziemlich vorhersehbar macht. Die Hauptfigur und ihre Aktionen werden das jüngere Lesesepublikum bestimmt sehr beeindrucken können. Etwas älteren Lesern mag eine gewisse Unvernunft und extreme Impulsivität im Charakter des Protagonisten auffallen, die Sherlock zwar zu überspielen versucht, die jedoch in seinen Handlungen immer wieder zum Vorschein kommen. Die Figuren in der Geschichte sind überwiegend gut motiviert, da sie die Situationen, in denen sie landen, unbedingt überleben wollen.    


Aufmachung des Buches
Das Cover des broschierten Taschenbuches passt sehr gut zum Thema und der Rückseitentext macht neugierig auf die Geschichte. Der Roman besteht aus 17 durchnummerierten Kapitel, die deutlich von einander abgegrenzt sind. Vor dem Deckblatt der Story findet man eine Kurzvita des Autors und eine Danksagung vor dem Prolog. Ein Nachwort des Autors, in dem man einige Erklärungen zu Personen und Situationen im Buch findet, beschließt die Geschichte. Auf den letzten Seiten entdeckt man noch die Vorstellungen der Bücher „Der Wächter“ von Carlos Ruiz Zafon und dem ersten Abenteuer des jungen Sherlock Holmes  „Young Sherlock Holmes – Der Tod liegt in der Luft“. Auf der Innenseite des rückwärtigen Coverumschlages ist diesmal eine bebilderte Kurzvita des Autors zu finden.


Fazit
Das Buch liest sich spannend, allerdings wäre etwas mehr Realitätsbezogenheit und zumindest die theoretische Glaubwürdigkeit gerade bei einem Krimi/Thriller, egal ob für Jugendliche oder Erwachsene, durchaus wichtig. Leser, die der Action im Buch den Vorzug geben und Spannendes mit vielen rasanten Kampfszenen lieben, werden mit dieser Geschichte viel Spaß haben. Leser, die neben Spannung und Action auch auf ein gewisses Maß Realität bei ihrer Lektüre bestehen, werden möglicherweise mit diesem Buch nicht wirklich rundherum glücklich sein.


3 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Der Tod liegt in der Luft

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