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TS Orgel klein


Zwei Brüder – zwei Fraktionen: Unter dem Pseudonym „T.S. Orgel“ haben Tom (Jahrgang 1973, selbstständiger Grafik-Designer und Texter) und Stephan (Jahrgang 1976, arbeitet in der Verlagsbranche - unter anderem als Redakteur für ein Fachmagazin) Orgel im Oktober ihren Debutroman „Orks vs. Zwerge“ auf den Markt gebracht. Er stand auf der Frankfurter Buchmesse neben Werken von Autoren wie Asimov oder Hohlbein – Grund genug, den rollenspielerfahrenen Orgel-Brüdern ein paar Fragen zu stellen. 


Hallo Tom, hallo Stephan! Schön, dass ihr Zeit für ein Interview habt. Störe ich beim Schreiben, oder feiert ihr noch die neueste Veröffentlichung?

Tom: Hallo auch, Steffi. Nein, du störst natürlich nicht. Die Buchmesse ist vorbei, die erste Euphorie auch und der Alltag hat uns wieder. Es ist natürlich immer noch schön, dass der Roman jetzt in den Buchhandlungen steht, und als ich das letzte Mal auf Amazon geschaut habe (also vor 4 Minuten *g*) stand er auch dort ganz gut – aber inzwischen sind wir doch wieder zurück beim Plotten und Schreiben. Der nächste Roman schreibt sich ja nicht von allein.

Stephan: Und vor 2 Minuten stand der Roman bei Amazon immer noch gut da (pausenlos nachschauen ist eine dieser typischen Autorenkrankheiten, wie ich inzwischen erfahren habe).

Tom: Ja. Das stört auf jeden Fall mehr beim Schreiben als Interviews. ;)


Besagter Roman - euer Erstling „Orks vs. Zwerge“-  ist vor Kurzem bei Heyne erschienen. Die Frage ‚wie fühlt man sich‘ kennt ihr sicher. Aber erinnert ihr euch noch an eure ersten Worte (alternativ: Geräusche), als ihr das Buch in den Händen hattet?

Stephan: Eigentlich wollte ich das Buch ja am Erscheinungstermin in der Buchhandlung heraussuchen und triumphierend in die Höhe halten, um das Ereignis im Anschluss gebührend zu feiern. Aber mein Bruder musste ja am Wochenende davor schon seine Belegexemplare bekommen und sie mir unter die Nase halten. Dementsprechend zurückhaltend fiel die Reaktion wohl aus. Ich vermute, ich habe so etwas wie „Och nööö!“ gesagt.

Tom: Und nicht nur er war über meine euphorische Reaktion nur mäßig begeistert. Meine Frau auch. Meine Reaktion auf das Erste-Mal-in-der-Hand-halten war wohl: „Ja. Doch. Hat was.“ Was ja auch stimmt. Das hat was.


Wie kam das Thema zustande, warum ausgerechnet Orks und Zwerge?

Tom: Das Thema ‚Orks gegen Zwerge‘ kam tatsächlich im Gespräch mit unseren Agentinnen und unserem Heyne-Lektor Sebastian Pirling zustande. Wir hatten eine Geschichte geplant, die sich aus beiden Blickwinkeln erzählen ließ und griffen den Vorschlag auf, zwei der bekannteren Fantasyrassen dafür zu verwenden. Die Entscheidung auf genau diese Rassen fiel eher aufgrund persönlicher Vorlieben. Stephan und ich mögen beide sowohl Orks als auch Zwerge. Nicht nur, weil sie wohl die beiden handfestesten Fantasyrassen sind, die beide gern mit groben Schlaginstrumenten in der Hand diskutieren – wir haben in der Vergangenheit mehrere Jahre als Gestalter einen Bereich im deutschen Online-Spiel Unitopia betreut, in dem Zwergenspieler ebenso wie Orkspieler vorkamen. Die beiden Völker waren uns also ans Herz gewachsen und wir hatten genug Erfahrung mit ihrer Art zu denken. Und außerdem eine Ahnung, was wir an der Darstellung beider Völker anders machen würden, wenn wir die Gelegenheit hätten.


Im Buch geht es um Kriegsstrategien und Schlachten, Hauen und Stechen. Ist „Orks vs. Zwerge“ Fantasy für Jungs?

Stephan: Ich würde sagen: Jein. Auf den ersten Blick sieht „Orks vs. Zwerge“ natürlich wie ein ordentlicher Hau-Drauf-Titel für Jungs aus, aber es steckt mehr dahinter als bloßer Schlachtenlärm. Die Schlacht ist im Grunde auch nur das Hintergrundrauschen für die eigentliche Geschichte, die doch um einiges tiefsinniger ist, als man annehmen sollte. Schon allein die beiden unterschiedlichen Perspektiven verhindern eine simple Gut-gegen-Böse- oder Schwarz-gegen-Weiß-Geschichte. Zartbesaitet sollte man deswegen trotzdem nicht sein, wenn man unser Buch lesen will – andererseits ist George R.R. Martin ja auch nicht ohne. Und der ist ja nun wirklich keine reine Jungs-Fantasy.


Wie lief euer Schreibprozess ab: Wurde immer dann gewechselt, wenn einer nicht mehr weiter wusste? Oder hat jeder eine Rasse übernommen und es wurde probegeprügelt, wenn es zu Kampfszenen kam?

Tom: Es hat tatsächlich jeder eine der Rassen übernommen: ich die Orks, Stephan die Seite der Zwerge. Wobei probeprügeln nicht notwendig war: Es gibt ja beinahe keine Gefechtsszenen, in denen die Protagonisten sich direkt miteinander prügeln. Statisten aus den Reihen der jeweils anderen Mannschaft zu ‚verheizen‘, das ging auch hervorragend ohne den anderen. Und direkte Konfrontationen, wie zum Beispiel die Stelle in der Küche, hat einer von uns vorgeschrieben, der andere dann überarbeitet und ergänzt. Dann ging das wieder zurück und noch ein oder zweimal hin und her, bis beide mit der Szene zufrieden waren. Da wir allerdings einen ähnlichen Geschmack und beide das gleiche Ziel hatten, gab es auch da kaum Streitigkeiten um Details.


Gab es dann auch keine Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Story, die erst einmal ausdiskutiert werden mussten?

Stephan: Der grundsätzliche Ablauf der Geschichte stand ziemlich schnell fest. Wie Tom schon gesagt hat, haben wir ja ähnliche Geschmäcker, was das Fantasy-Genre angeht. Im Detail gab es dann natürlich immer wieder mal ein paar Meinungsverschiedenheiten, die wir aber auch ziemlich flott aus der Welt schaffen konnten. Wir kennen uns beide schon lang genug um zu wissen, dass irgendwelche Einwände nicht grundlos kommen, sondern an den betreffenden Stellen wohl wirklich etwas nicht stimmt oder unklar formuliert ist. Aus dem Grund haben wir auch keine Probleme damit, im Text des jeweils anderen herumzukorrigieren.

Tom: Diskussionen um das große Ganze gab es an der Stelle ohnehin nicht mehr: Wir haben ja beide vorher schon gemeinsam den Ablauf der Geschichte geplant und festgelegt, wer bei welcher Schlüsselszene hauptfederführend sein musste. So gab es kaum eine Szene, bei der wir uns noch uneinig waren, als wir im Schreibprozess dort angekommen sind.


Man orientiert sich ja oft am Bekannten … Habt ihr Charakterzüge oder Eigenheiten von Freunden oder Familie für eure Charaktere im Buch genutzt? Oder gar eure eigenen?

Tom: Ich in diesem Fall tatsächlich nicht, nein. Ich habe keine Bekannten, die wirklich für Charakterzüge von Orks herhalten könnten. ;) Es waren diesmal eher Figuren aus Büchern oder Filmen, oft nur kurze Einzelszenen, die Inspirationen für verschiedene Figuren lieferten. Die Skrag, besonders ihre Art, sich zu bewegen und zu kämpfen, sind zum Beispiel von Filmen über Gorillas und Schimpansen beeinflusst. Ragroth und Gorotak sind interessanterweise beide von ein und demselben Ork aus der „Herr der Ringe“-Verfilmung inspiriert.

Stephan: Irgendwie orientiert man sich beim Schreiben ja immer auch an existierenden Personen, deren Charakterzüge oder Eigenheiten einem irgendwann mal aufgefallen sind. Aber jemand Bestimmtes könnte ich in diesem Buch jetzt auch nicht benennen. Am ehesten findet man vielleicht Züge von Spielcharakteren wieder, die irgendwann einmal in meiner Rollenspielrunde aufgetaucht sind. Wenn ich äußerliche Merkmale suche, blättere ich ganz gern mal in den Metal-Zeitschriften meiner Freundin. So viele Orks und Zwerge wie da herumlaufen, findet man nirgendwo sonst.


500 Seiten ist der Roman stark. Gibt es Stellen, Szenen oder Wendungen, die ihr besonders mögt?

Tom: Von meinen eigenen, den Ork-Szenen, mag ich im Nachhinein zum Beispiel die Vorstellungsszene von Ragroths Trupp auf dem Turm und die Szene, in der Krendar zusammen mit Ragroth zum ersten Mal auf Gorotak trifft. Die Charakterisierungen der Figuren haben mir hier besonders Spaß gemacht. Eine meiner Lieblingsstellen von der Zwergenseite ist sicherlich Talus’ Ansprache vor dem Gefecht an der Brücke oder die sehr intensive Szene mit der Feuerprobe bei Navorra.

Stephan: Esses Armbrustschützen-Szenen haben sich beinahe von allein geschrieben. Ich wollte so etwas mal aus einem ganz anderen Blickwinkel zeigen – und hoffe, dass es einigermaßen gelungen ist. Von Toms Sachen mag ich die allererste Szene gleich am Anfang des Buches, weil ich mir das Gerenne beim Angriff sehr gut filmisch umgesetzt vorstellen kann.


Stellt euch vor, Hollywood setzt alles daran, um euren Roman zu verfilmen, und bittet euch um Casting-Vorschläge für die (Haupt-)Figuren. Irgendwelche Ideen?

Tom: Schwere Frage. Einer unserer Wunschkandidaten für einen der Orks wäre auf jeden Fall Arnold Schwarzenegger. Allein schon, weil wir ihn sagen hören wollen: „I bin an Oaak!“. Davon abgesehen hat Jason Momoa schon mal Größe und Statur eines guten Orks. Er ist aber zu jung für Ragroth und zu alt Für Krendar. Und Andy Serkis bräuchten wir für das motion capturing der Skrag. Seine Darstellung von „Caesar“ in „Planet der Affen - Prevolution“ war perfekt dafür.

Stephan: Ist Andy Serkis nicht auch Smeagol im HdR? 

Tom: Jep.

Stephan: Der ist prädestiniert für solche Rollen. Vielleicht kann man ihn ja gleich mehrere Charaktere übernehmen lassen. Aber der ideale Ork ist in meinen Augen immer noch Danny Trejo („Machete“), weil der noch nicht mal eine Maske braucht. Und beim Wolfmann habe ich immer den jungen Donald Sutherland in „Stoßtrupp Gold“ vor Augen. Schade nur, dass der inzwischen auch schon weit über 70 ist. Ersatzweise würde ich mich mit Hugh Jackman oder Christian Bale zufrieden geben. Aber nur wenn Quentin Tarantino und Peter Jackson zusammen die Regie übernehmen.


Was steht als nächstes auf dem Programm – wird es ein neues Werk a la „Trolle vs. Drachen“ geben?

Stephan: Momentan gibt es ein paar Gespräche mit unserer Agentur und Heyne. Es wird auf jeden Fall etwas Neues geben, aber ob es ein Nachfolger wird oder etwas völlig anderes, können wir noch nicht sagen. Lust auf „Orks vs. Zwerge 2“ hätte ich aber auf jeden Fall. Die Charaktere sind mir ziemlich ans Herz gewachsen und es ist ja tatsächlich noch nicht alles erzählt, was es zu erzählen gibt.

Tom: „Trolle vs. Drachen“ klingt aber auch danach, als würde es richtig krachen. Aber wenn schon richtig blutig - wie wär’s mit „Hippies vs. Blumenelfen?“


Was treibt ihr denn so, wenn ihr nicht schreibt?

Tom: Zuerst einmal haben wir beide natürlich einen Vollzeitjob, mit dem wir unseren Lebensunterhalt verdienen. Stephan arbeitet als Verlagskaufmann, während ich selbständiger Grafik-Designer bin. Das nimmt wohl schon mal einen Großteil der Zeit ein. Dann habe ich auch noch Familie mit Kind, die ebenfalls noch ein wenig von meiner Zeit haben will. Daneben wird, wenn ich die Zeit finde, auch noch gelesen und rezensiert - und eigentlich sollte ich auch noch etwas Sport unterbringen. Was ich in den letzten zwei Jahren allerdings sträflich vernachlässigt habe, muss ich zu meiner Schande gestehen. Da fällt viel zu oft die Entscheidung zugunsten noch einer Serienfolge von ‚Doctor Who‘ bis ‚Misfits‘ aus.

Stephan: Wir haben glücklicherweise bei uns im Ort ein kleines, sehr schönes Kino, das wir ganz gern nach Feierabend besuchen und das uns nicht arm macht, weil es noch echt humane Preise hat. Und da ich notorisch faul bin, bin ich ganz froh, dass meine Freundin jedes Jahr mindestens ein bis zwei richtig coole Urlaube plant bei denen ich nur mitreisen und irgendwelche Mietautos selbstmörderisch durch den Linksverkehr lenken muss.


Zum Schluss noch ein paar Empfehlungen: Was sollte man außer „Orks vs. Zwerge“ noch lesen, wenn man Fantasy mag?

Tom: Meine Empfehlungen: Der neueste Scheibenweltroman von Terry Pratchett ist großartig. Und im Moment erwarte ich sehnsüchtig mein Rezensionsexemplar des neuen Abercrombie-Romanes „Red Country“.

Stephan: Abercrombie ist ein absolutes Muss, ja. Obwohl ich sonst Bücher gern im englischen Original lese, bin ich begeistert von der deutschen Übersetzung von Kirsten Borchardt. Daneben würde ich noch Richard Schwartz empfehlen, auch wenn der nicht jedermanns Sache ist. Ich mag aber seine sehr gelungene Erzählweise aus der Ich-Perspektive des Protagonisten.


Vielen Dank euch beiden!

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