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Riesige unterirdische Bunkeranlagen, verrostete Stahltüren, ausrangierte Luftschutzsirenen und verblichene NS-Parolen, Kriegslokomotiven und Blindgänger – inmitten der pulsierenden Großstadt Wien zeugen noch heute zahlreiche bizarre Relikte von den Schrecken des Krieges. Robert Bouchal und Marcello La Speranza führen den Leser an Orte, deren Existenz nur wenigen Menschen bekannt sein dürfte, sie dokumentieren vergessene Luftschutzkeller und vergessenen Stollen, sie präsentieren die gigantischen Flaktürme und sprechen mit Zeitzeugen. Eine packende Dokumentation, die dem Leser die Monstrosität der NS-Gewaltherrschaft eindrücklich vor Augen führt.

 

Wien Die letzten Spuren des Krieges 

Autor: Marcello La Speranza
Fotograf: Robert Bouchal
Verlag: Pichler Verlag
Erschienen: 27. März 2012
ISBN: 978-3-85431-593-3
Seitenzahl: 237 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Das Sachbuch bietet eine sehr gut gelungene Kombination zwischen einem sachlich-informativen Text und einprägsamen Bildern. Die gut recherchierten und interessanten Erklärungen ermöglichen den LeserInnen einen gut vorstellbaren Einblick der Probleme, Wünsche und Zwänge in der Vorkriegszeit und in den Kampfhandlungen des 2. Weltkrieges.

Das Buch beginnt mit einem Vorwort und einem kurzen Abriss über Wien in der NS-Zeit. Im folgenden ersten Kapitel erfahren die LeserInnen in Wort und Bild viel Informatives über das Leben im totalitären Staat, sowie vom Aufstieg und Fall des NS-Regimes. Sachlich, gut vorstellbar und dadurch besonders intensiv, harmoniert der Text mit den Bildern und zeigt ein Wien, das viele Menschen so nicht kennen und von jenen, die sich noch daran erinnern, am liebsten vergessen werden würde. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Bombenkrieg und den Versuchen, sich vor den tödlichen Angriffen der Alliierten zu schützen. Vom „Führer-Sofortprogramm“ über die Errichtung von Stollen, Splitterschutzgräben und Bunkern, von denen auch heute noch einige als warnendes Mahnmal zu sehen sind oder als geheimes Vermächtnis ignoriert und „vergessen“ wurden, bis zu noch heute sichtbaren Wandmarkierungen als Warnung an die Nachwelt. Sämtliche erwähnten Bauwerke wurden mit Standort und vorgefundenem Intaktheitsgrad bzw. eventueller neuer Verwendung genau beschrieben. Alle durch den bevorstehenden Krieg notwendigen baulichen Veränderungen wie Luftschutzbunker, Splitterschutzgräben und Schutzbauten aller Art im Stadtgebiet Wiens, die Propagandaschriften oder gefundenen Waffen und Kriegsgeräte eröffnen den LeserInnen durch dieses Buch eine bedrückende, deutlich sichtbare Wirklichkeit.
Mit den Kapiteln drei und vier - „Militaria in Museen und Studiensammlungen“ und „Flakbatterien“ - geht es weiter zum fünften und gleichzeitig dunkelsten Abschnitt der Österreichischen Vergangenheit, den Orten der NS-Verbrechen. Das entsetzliche Thema macht, wie auch hier,  immer wieder fassungslos und betroffen. Im letzten Teil erfahren die LeserInnen etwas über Schicksalsorte und Zeitdokumente, bevor eine Danksagung das Buch beschließt.

Durch die spannende Schreibweise, die viele Informationen auf unauffällige Art an den Leser bringt, erweitert man sein Wissen, ohne dass es selbst auffällt. Besonders die Verflechtung von sachlichen Informationen mit gut vorstellbaren, glaubwürdigen Szenen und Augenzeugenberichten, in Verbindung mit den teilweise bedrückenden, aber sehr gut passenden Bildern, machen das Sachbuch zu einem ganz besonderen und  intensiven Leseerlebnis. So werden nicht nur die Bewohner von Wien viel Neues über ihre Stadt erfahren, sondern sich interessierte Leser aller Altersgruppen einiges mitnehmen können. Jeder, der sich mit unserer Vergangenheit auseinandersetzt, wird mit diesem Sachbuch eine Fülle von interessanten Informationen in der Hand halten.

 
Aufmachung des Buches
Das Buch ist fest gebunden und mit einem Schutzumschlag versehen. Auf der vorderen Innenklappe des Umschlages entdeckt man eine etwas längere Einführung in das Thema, als der Rückseitetext anbietet, auf der rückwärtigen Innenklappe findet man die bebilderten Kurzvitas des Autors Dr. Marcello La Speranza und des Fotografen Robert Bouchal. Die Innenseite des Vorder- und Rückendeckels ist mit einer Fotografie, die sich über die ganze Breite des hochwertig verarbeiteten Buches erstreckt, bebildert. Das Coverbild passt, ebenso wie das Bild auf der Buchhinterseite, optimal zum Thema, und der Rückseitentext gibt einen kurzen, informativen Einblick in das Thema.

Das Inhaltsverzeichnis ist gut gegliedert und macht das Navigieren im Buch zum Kinderspiel. Die sechs Kapitel, von denen das zweite den größten Platz beansprucht, sind durch ein doppelseitiges Bild und der Kapitelbenennung deutlich vom restlichen Text abgegrenzt. Auch die Unterkapitel sind mit einer Überschrift versehen und die kleineren Abschnitte, in denen z.B. Bunker und Luftschutzkeller beschrieben sind, wurden ebenfalls meist mit einer groben Ortsangabe ausgestattet. Zahlreiche aktuelle Bilder zeigen die beschriebenen Orte und alte Fotos, Pläne oder auch Propagandamaterial lassen die Vergangenheit lebendig werden. Eine Danksagung, der ein Bildnachweis folgt, rundet das Buch ebenso ab, wie das reichhaltige Quellen- und Literaturverzeichnis. Ein Nachwort des Forschers und Fotografen Robert Bouchals und des Autors und Historikers Dr. Marcello La Speranza geben dem Buch den allerletzen Schliff.


Fazit
Das informative und kurzweilig geschriebene Sachbuch wurde auf hervorragende Weise mit sehr aussagekräftigen Bildern kombiniert. Alle LeserInnen, die sich für Wien oder das Leben in der NS-Zeit  interessieren, werden in diesem Buch sowohl einen sachlich-spannenden und gut recherchierten, aber auch sehr bedrückenden Einblick in die Kriegsvergangenheit der Stadt Wien gewinnen, deren dunkles Vermächtnis bis in die heutige Zeit reicht.


5 Sterne


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