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Bernard Fairclough ist das Oberhaupt einer wohlhabenden und einflussreichen Familie, die ihren Sitz im Lake District hat. Nichts ist ihm wichtiger, als jeden Makel, der die schöne Fassade beschädigen könnte, zu vermeiden. Als sein Neffe eines Tages tot im See aufgefunden wird, erklärt die örtliche Polizei schnell, dass es sich um einen Unfall handelt. Fairclough, der dennoch jeden Verdacht ausräumen will, engagiert Inspector Thomas Lynley von New Scotland Yard. Und wie dieser schon bald entdeckt, gibt es einige Familienmitglieder, die einen Grund gehabt hätten, Ian Cresswell Böses zu wollen. Zusammen mit seiner Kollegin Barbara Havers in London kommt er den Geheimnissen der Faircloughs Schritt für Schritt näher – und entdeckt dabei hinter der Fassade das Trümmerfeld ...

 

Glaube der Luege 

Originaltitel: Believing the Lie
Autor: Elizabeth George
Übersetzer: Charlotte Breuer und Norbert Möllemann
Verlag: Goldmann
Erschienen: 08/2012
ISBN: 978-3442312511
Seitenzahl: 704 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext gibt schon einen recht guten Einstieg in die Handlung dieses Romans, der leider nicht die frühere Klasse der Inspector Lynley-Reihe hat. Elizabeth George hat ihrem Protagonisten schon einiges zugemutet: Nachdem er lange brauchte, um sich über seine Liebe zu Helen wirklich klar zu werden, wurde sie kurze Zeit später erschossen. Lynley hadert seitdem mit seinem Schicksal, ist nicht mehr derselbe. Und ebenso fahrig wie ihr Held wirkt die ganze Geschichte, es gibt keinen roten Faden und erst im letzten Drittel des rund 700 Seiten starken Werks kommt überhaupt so etwas wie Krimi-Feeling auf. Und auch erst dann kann man sich wenigstens für kurze Zeit an der auf dem Einband beworbenen Erzählkunst erfreuen.


Stil und Sprache
Zuerst einmal das Wichtigste: Wer hier einen spannenden, hintergründigen Krimi mit Raffinesse und einer logischen Fallaufklärung erwartet, liegt falsch. Was Elizabeth George hier abgeliefert hat, gleicht eher einer Milieustudie unter Englands reichen Familien. Es gibt auch keinen Mord, sondern nur den Verdacht, dass ein tödlicher Unfall möglicherweise keiner war. Thomas Lynley wird von seinem Chef ohne Wissen seiner direkten Vorgesetzten nach Cumbria geschickt, um in der betroffenen Familie verdeckt zu ermitteln. Also geschieht keine Polizeiarbeit, sondern stattdessen wohlerzogene Gespräche, heimliche „Tatortuntersuchungen“ mit Lynleys Freund Simon St. James und windige Undercover-Aktionen von Simons Frau Deborah. Das ist teilweise nicht nur unglaubwürdig, sondern regelrecht haarsträubend, was diese drei uns da vormachen …

Auch erzählerisch kann Elizabeth George nicht an ihre früheren Krimis anknüpfen, ausufernde Landschaftsschilderungen machen große Teile der Handlung aus, über weite Strecken gibt es nur blumige Beschreibungen statt echter Action. So kommt Spannung erst gar nicht auf und man langweilt sich rund 450 Seiten lang, bis endlich ein wenig Schwung ins Geschehen kommt. Gefühlte 14 Handlungsstränge laufen endlos nebeneinander her, die meisten davon völlig unnötig, lediglich die Passagen, in denen Barbara Havers in London ermittelt, lassen etwas von dem früheren Charme der Serie erahnen. Dabei scheint Elizabeth George so ziemlich alles an Themen zu verarbeiten, was noch auf ihrem „To-Do-Zettel“ für folgende Bände der Reihe stand, leider ergibt das zu einem Buch zusammengequetscht ein ziemlich unrealistisches Sammelsurium, das einen das Buch nach schier endlosen Stunden enttäuscht zur Seite legen lässt.


Figuren
Thomas Lynley ermittelt nun schon seit über 20 Jahren und da ist es nur gut, wenn ein Charakter nicht statisch ist und sich im Laufe so langer Zeit weiterentwickelt. Aber was nach Helens Tod aus ihm geworden ist, das ist so platt und blutleer, dass es mir in der Seele weh tut. Von Trauer liest man zwar, kann sie aber nicht nachspüren, denn der Inspector gibt sich keine Blöße, hat stattdessen eine Affäre mit seiner – mir höchst unsympathischen – Chefin, die zudem alkoholabhängig und ansonsten sehr wortkarg ist. Deborah St. James dagegen hatte sich in den letzten Jahren ziemlich gemausert, driftet nun aber wieder ab und ist in ihren Handlungen überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Simon St. James taumelt hilflos hinter ihr her, zeigt überhaupt kein Profil und keine Spur von dem trockenen Humor, der ihm sonst zu eigen war. Der einzige Lichtblick in diesem Teil der Reihe ist Barbara Havers, die gewohnt ruppig und flapsig agiert, auch mal ohne direkte Anweisung von Lynley handelt und mit ihren Kurzauftritten ein bisschen was retten kann, leider reicht es nicht für mehr.

Naturgemäß gibt es eine Menge Nebenfiguren - allesamt Verdächtige - der Familie Fairclough. Und was sich hier so an dunklen Geheimnissen tummelt, würde für mindestens drei Großfamilien reichen. Eine derart kaputte Familie, die so absurd agiert, kann man sich selbst unter den als Exzentrikern verschrienen Briten kaum vorstellen.


Aufmachung des Buches
Das schwere, über 700 Seiten starke Hardcover ist hochwertig aufgemacht und mit einem Lesebändchen versehen. Auf dem Cover ist ein von Bergen umgebenes Gewässer zu sehen, in dem eine Reihe Holzpfähle vom Betrachter wegführt. Vorn und hinten im Buchdeckel gibt es eine gezeichnete Karte von Cumbria. Innen sind die recht langen Kapitel mit dem Datum der Handlung überschrieben, außerdem sind diese in weitere Abschnitte unterteilt und mit dem Ort der Handlung versehen.


Fazit
Mindestens 300 Seiten zu dick ist dieser Roman, und leider nicht einmal im Ansatz ein Krimi; meine früheren Lieblingsermittler zeigen äußerst schwache Form und verlangen eine Menge Geduld vom Leser. Wer detaillierteste Familienstudien mag, wird dieses Buch mögen, wer einen richtig guten Krimi lesen will, soll sich an die früheren Bände der Serie halten.


2 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 12: Wer die Wahrheit sucht
Band 13: Wo kein Zeuge ist
Band 14: Am Ende war die Tat
Band 15: Doch die Sünde ist scharlachrot
Band 16: Wer dem Tode geweiht

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