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Januar 1945. Das zugrunde gerichtete Deutschland opfert seine letzten Piloten am Steuer des leistungsstärksten Düsenjets des zweiten Weltkriegs: Der Me 262. Nikolaus Wedekind ist einer dieser jungen Piloten, die in aller Eile ausgebildet und in einen sicheren Tod geschickt werden.

Aber der Teufel ist auf der Hut …

 

Himmel in Truemmern 1 

Originaltitel: Ciel en ruine – Tome 1
Autor: Philippe Pinard
Übersetzer: Dr. Marcus Schweizer
Illustration: Olivier Dauger
Verlag: All Verlag
Erschienen: 09/2012
ISBN: 978-3-926970-12-1
Seitenzahl: 48 Seiten
Altersgruppe: ab 12 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Das Ende des Dritten Reichs rückt näher, die Deutschen verlieren täglich an Boden auf die vorrückenden Streitkräfte der Alliierten. Die letzten Piloten – junge Männer, unerfahren im Flug und im Kampf – werden direkt von den Universitäten geholt, um mit der Me 262 die Lufthoheit zurückzuerobern. Doch erscheint das Vorhaben aussichtslos, denn ohne gute Ausbildung sind sie dem kaum zu beherrschenden Düsenjäger mit den unzuverlässigen Triebwerken nur selten gewachsen …

Philippe Pinard hat sich den jungen Piloten der legendären Messerschmitt gewidmet, sein Szenario jedoch mit einer Mystery-Komponente ergänzt. Zudem hat er sich einige Freiheiten bei dem chronologischen Ablauf des zweiten Weltkriegs erlaubt, die auf den ersten Blick verwirren können. So hat Sophie Scholl, die von den Nazis im Februar 1943 hingerichtet wurde, hier im Februar 1945 einen Auftritt. Zunächst denkt man an einen Tippfehler bei der Zeitangabe, denn zwei Seiten später ist in einem Manifest von 1943 die Rede – vermutlich ist hiermit aber eher die Niederlage von Stalingrad gemeint, denn direkt danach diskutieren zwei Feldwebel über den Vormarsch der Alliierten auf Rhein und Oder, und da den alliierten Westtruppen die Landung in der Normandie erst im Juni 1944 gelang, wird wohl die Zeitangabe „Februar 1945“ doch korrekt sein.
Eine zweite Passage sorgt kurz für Verwirrung, denn bei seiner Verlegung auf den Fliegerstützpunkt trifft Nikolaus Wedekind auf seinen Bruder Johannes, der jedoch – so die Einleitung – bereits im Juli 1944 Selbstmord begeht. Vermutlich handelt es sich hierbei um einen kurzen Traum Nikolaus‘, der aber nicht ausreichend von dem eigentlichen Handlungsstrang abgegrenzt ist.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die Geschichte beginnt mit der Abbildung einer Comicseite, in der Mickey Mouse als Pilot seinen Jungfernflug absolviert. Das dies nicht nur für Mickey, sondern auch für den britischen Piloten – der diesen Comic bei sich hat – schlecht ausgeht, zeigen die Blutflecken am unteren Rand des Papiers. Die Szene wechselt daraufhin zu einer Luftschlacht zwischen britischen Bombern und deutschen Me 262 Jagdflugzeugen. Hierbei wird der Jagdflieger Johannes Wedekind vorgestellt.

Zwar mit feinem Strich und individuell ins Leben gerufen, haben die Figuren dennoch sehr glatte Gesichter in vereinfachter Form, was teils durch fehlende Konturlinien bzw. Falten, teils auf die Kolorierung zurückzuführen ist – der Ligne Clair-Stil ruft Erinnerungen an die Comicalben der 70er und 80er Jahre wach und weckt Assoziationen zu beispielsweise „Blake und Mortimer“ oder „Jeff Jordan“.
Die Gefühle sind jederzeit klar aus der Mimik der Charaktere herauszulesen – Begeisterung und Angst, Hoffnung und Verzweiflung sind eindeutig. Die Frisuren, Bartmoden und Kleidungen der Figuren entsprechen dem Zeitgeist und sind detailliert gezeichnet. Besonders treten an den Uniformen die erhaltenen Orden, Abzeichen und Auszeichnungen hervor.

Einen Einschlag des Mysteriösen erhält der Plot durch Fisto, einen Hund, der zu einigen Figuren spricht. Zeichnerisch einwandfrei gelungen, ist er für den Leser zunächst undurchschaubar, während seine Mimik von einem freundlichen Ausdruck bis hin zum aggressiven Zähnefletschen reicht.

Die Architektur von Gebäuden und Räumen ist überwiegend präzise wiedergegeben. Zwar setzt die zeichnerische Umsetzung oft auf einen Stil der frühen 80er Jahre, denn es gibt in den Bildern enorm viele einfarbige Flächen, auch auf Farbverläufe wird überwiegend verzichtet, statt dessen gibt es oft harte Farbübergänge. Dass er aber auch anders kann, beweist Olivier Dauger in großartig erstellten Illustrationen, wie bei den Innenräumen des Münchener Theaters auf Seite 11, in dem die Baukunst des Prunkbaus reich an Einzelheiten ist und in denen der in vielen Nuancen schimmernde Marmor gefällt. Ein nicht unbedeutender Teil der Geschichte spielt natürlich am Himmel, auch dieser wird – mit Wolken in ein, zwei Farben, die ebenfalls durch feste Linien abgegrenzt sind – ebenso überwiegend unifarben koloriert.
Sehr präzise hat der Zeichner technische Details wiedergegeben, allen voran natürlich von der Me 262. Die Formen der Schalter, Hebel, Anzeigen und Knöpfe sind dem Original exakt nachempfunden. Werden die Turbinen gestartet, flimmert die Luft durch die Hitze der Triebwerke. Vorbeirauschende Hintergründe bei Start- und Landemanövern sowie Speedlines vermitteln das gewaltige Tempo der Me 262, genauso wie ihre Unberechenbarkeit für die unerfahrenen Piloten. Aber auch bei anderen Luft-, Straßen- oder Schienenfahrzeugen geht Dauger mit der gleichen Sorgfalt ans Werk.

Wie man es bei einem Comic mit historischem Hintergrund nicht anders erwartet, sind die Panels in klassischer Form – durch weiße Ränder – voneinander abgegrenzt, nur sehr selten überlagern sich zwei Bilder. Hierdurch ist die Lesereihenfolge jederzeit eindeutig. Dialoge werden in eckigen Kästchen eingebettet, gibt es hierbei Zitate, Anspielungen oder wird über konkrete Personen geredet, führen kleine Sternchen zu erläuternden Fußnoten. Auf Geräuschworte wird vollständig verzichtet, die Bilder sind jederzeit ausreichend, um die Atmosphäre der Szene einfangen zu können.


Aufmachung des Comics
Der Verlag hat sich auch bei diesem Album für das Überformat mit 24 x 32 cm entschieden, das einen guten Kompromiss zwischen noch ausreichender Handlichkeit und viel Raum für die Entfaltung der Bilder darstellt. Der Comic selbst wird als Hardcover-Ausgabe angeboten. Der stabile Umschlagkarton, das griffige und seidenmatte Papier im Inneren und die Druckqualität überzeugen genauso wie die Verarbeitung und dürften auch nach häufigerem Lesen keine Gebrauchsspuren zeigen. Die Vorsatzpapiere zieren – auf blauem Grund mit weißen Konturlinien hervorgehoben – verschiedene Propeller- und Düsenflugzeuge, alle vermutlich aus der Ära des Zweiten Weltkriegs, darunter ist auch die Me 262 zu finden.


Fazit
Ein bedrückender Plot, der den Leser in die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs entführt, wurde vom Autor mit einigen historischen Freiheiten und mystischen Elementen ergänzt – eine spannende Mischung. Umgesetzt von Olivier Dauger in der Ligne Clair, werden seine Bilder besonders Fans der französischen Comics aus den 70er und 80er Jahren ansprechen.


4 Sterne


Hinweise
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