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„Erinnerst du dich nicht mehr an mich, Nete? Doch, das tust du. Du erinnerst dich noch sehr genau an mich.“ Da war es wieder, dieses Gefühl aus den verzweifelten Tage auf Sprogø, als das Meer und die Wellen sie lockten, ihrem elenden Leben ein Ende zu bereiten …

Eine Insel für ausgestoßene Frauen. Eine Frau, die Rache nimmt an ihren Peinigern. Der vierte Fall für Carl Mørck.

 

Verachtung 

Originaltitel: Journal 64
Autor: Jussi Adler-Olsen
Übersetzer: Hannes Thiess
Verlag: dtv
Erschienen: 08/2012
ISBN: 978-3423280020 
Seitenzahl: 544 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Wie immer läuft es eher ruhig im Dezernat „Q“, Carl Mørck ist gewohnt lustlos, da schleppt dieses Mal Rose eine Akte an. Ein Vermisstenfall aus dem Jahr 1987, damals verschwand die „erotische Tänzerin“ Rita Nielsen spurlos. Schnell wurde der Fall als Selbstmord abgetan, aber es gibt Unstimmigkeiten in den Akten und Rose und Assad sind der Meinung, dass etwas an dieser Theorie nicht stimmt. Denn im gleichen Monat sind ungewöhnlich viele Menschen verschwunden, ein Zufall? Oder besteht ein Zusammenhang zwischen ihnen? Widerwillig beginnt Carl zu ermitteln, stößt aber bald auf Widerstand aus einer Richtung, die ihm wirklich Angst macht …

Der aktuelle Fall für das Dezernat „Q“ befasst sich mit einem Thema aus der dänischen Vergangenheit, das trotz seiner schockierenden Details kaum bekannt ist. Zwischen 1923 und 1961 wurden auf der Insel Sprogø mehrere tausend Frauen gegen ihren Willen festgehalten und teilweise zwangssterilisiert. Landläufig mit dem Attribut „schwachsinnig“ versehen, handelte es sich hauptsächlich um junge Mädchen, die in irgendeiner Weise nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen. Um diese wahre Geschichte herum spinnt Jussi Adler-Olsen seinen neuesten Fall. Leider leidet durch die Umsetzung der Idee in Form von Rückblenden etwas die Spannung, kennt man doch als Leser recht schnell den vermeintlichen Täter.


Stil und Sprache
Wie schon erwähnt, gibt es zwei unterschiedliche Handlungsebenen, zwischen denen der Autor hin- und herspringt. Einmal ist das natürlich die Gegenwart des Jahres 2010, in der Carl Mørck immer noch in seiner etwas schrägen WG lebt und versucht, seine bevorstehende Scheidung möglichst unbeschadet zu überstehen. Er erzählt in der dritten Person, ebenso wie Nete Hermansen, die in den Kapiteln, die 1987 spielen, über ihr Leben berichtet. Durch diese Abschnitte ergibt sich relativ schnell, was passiert sein muss und leider weiß man als Leser immer mehr als die Ermittler. Das nimmt viel Spannung aus der Handlung und über weite Strecken dümpelt der aktuelle Fall etwas vor sich hin. Natürlich ist die Hintergrundgeschichte erschreckend, bedrückend und immer wieder in ihren grausamen Details erschütternd, vor allem wenn man weiß, dass sie wirklich so stattgefunden hat, dennoch reicht es nicht, um an die drei ersten Fälle für das Ermittlertrio anzuknüpfen. Lediglich die klare, knappe Sprache des Autors und die oft wirklich witzigen Dialoge zwischen Carl, Assad und Rose peppen das Ganze etwas auf.

Erst im letzten Viertel des immerhin rund 600 Seiten umfassenden Krimis nimmt der Fall dann Fahrt auf, Carl Mørck und sein Team geraten selbst in Gefahr und am Ende steht dann noch eine Überraschung, mit der auch der gewiefteste Krimileser so wohl nicht gerechnet hat. Das ist wirklich klasse gemacht und rettet einiges!


Figuren
Carl Mørck hat wieder einmal einen Haufen Probleme: Seine Frau will die Scheidung und sich ihren Hausanteil auszahlen lassen, es tauchen Hinweise in einem alten Fall auf, die ihn belasten, und zudem ist da immer noch sein Kumpel Hardy sowie sein Stiefsohn Jesper, der Probleme macht. Seine Freundin Mona versteht er nach wie vor nicht wirklich und dann soll er sich auch noch um einen derart hoffnungslosen Fall kümmern. Karl hat also wie gewohnt ständig schlechte Laune, was genauso konsequent von seinen Mitarbeitern ignoriert wird. Knapp und teilweise nur angedeutet beschrieben, bildet sich dennoch von allen ein Bild im Kopf des Lesers und es gibt kleine Entwicklungen, die die Spannung auf weitere Fälle ansteigen lassen.

Nete Hermansen wird umso ausführlicher beschrieben, in langen Rückblenden entfaltet sich ihr unterdrücktes, von Anfang an durch Gewalt bestimmtes Leben. Selbst grausame Begebenheiten schildert sie nüchtern und fast unbeteiligt, aber trotzdem spürt man als Leser von Seite zu Seite, wie sich der unbändige Hass auf ihre Peiniger in ihr zusammenbraut.

Es gibt außerdem eine Menge Nebenfiguren, auch sie werden alle gut dargestellt, so dass sie vor dem inneren Auge des Lesers zum Leben erwachen.


Aufmachung des Buches
Der vierte Teil der Reihe ist nach drei großformatigen Taschenbüchern nun als Hardcover erschienen, was sicher der zunehmenden Popularität des Autors geschuldet ist. Bei Menschen, die gern einheitliche sortierte Bücherregale haben, wird diese Veränderung aber sicher nicht auf Gegenliebe stoßen. Optisch dagegen gleicht die Aufmachung den Vorgängern, wiederum dominiert ein einzelner Gegenstand – eine blutige Schere – das Bild, darüber befinden sich lediglich noch der Titel und der Autorenname. Innen gibt es einen Prolog, 46 nummerierte Kapitel, die außerdem mit der Zeit der Handlung überschrieben sind, sowie einen Epilog.


Fazit
Leider ist es Jussi Adler-Olsen nicht ganz gelungen, an die Qualität seiner bisherigen Romane anzuknüpfen. Der Fall ist interessant und verfügt auch über einige unerwartete Wendungen, die absolute Spannung stellt sich jedoch lange nicht ein. Trotzdem bietet „Verachtung“ überdurchschnittliche Unterhaltung und bekommt für die Überraschung am Ende einen halben Stern extra.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Erbarmen
Band 2: Schändung
Band 3: Erlösung

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