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William Grove, soeben als Stipendiat an der Dorset Academy angenommen, tut sich schwer im Kreis seiner neuen Mitschüler. Er kann seine proletarischen Wurzeln nicht verbergen – doch genau das soll er an diesem Hort englischer Erziehungstraditionen lernen:
Seine Mutter hofft, dass ihrem Sohn sich so die Türen zur höheren Gesellschaft öffnen, die ihr, der großen Künstlerin, verschlossen geblieben sind, trotz aller Bemühungen.

 

Eine gute Schule 

Originaltitel: A Good School
Autor: Richard Yates
Übersetzer: Eike Schönfeld
Verlag: DVA
Erschienen: 03.09.2012
ISBN: 978-3-421-04394-8
Seitenzahl: 230 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Dafür, dass sich die Handlung des Romans in einer Schule abspielt, gibt sie doch erstaunlich wenig vom Schulalltag und noch weniger vom Unterricht selbst preis, vielmehr widmet sie sich den Sorgen und Nöten der Protagonisten – Schüler wie Lehrer – sowie den Beziehungen untereinander. Ist es anfangs nur das Minderwertigkeitsgefühl vieler, an einer Schule zu sein, die nicht einmal über eine „richtige“ Schulsportmannschaft verfügt, sorgen später die Schatten des Zweiten Weltkrieges und die drohende Schließung der Schule für einen bedrückenden Unterton. Zuletzt bleibt die Frage, wie stark die autobiografischen Einflüsse bei diesem Roman wohl sind.

Richard Yates zeichnet ein genaues Bild von der kleinen, unbekannten Privatschule Dorset Academy, die in den 40-er Jahren nicht nur Image- und Geldsorgen plagen, sondern die auch unter den Vorzeichen der Rekrutierung ihrer Jungs in den Krieg steht. Schwächen im Handlungsaufbau aufgrund der Vielzahl an Personen hätte ich von einem so hochgelobten Autor wie Yates allerdings nicht erwartet.


Stil und Sprache
Zunächst sind es die üblichen Ränkespiele, Hänseleien und das Buhlen um Anerkennung und Freundschaft der Jugendlichen, die die Handlung ausmachen. Außenseiter William Grove wird dabei zur Zielscheibe pubertärer Gemeinheiten. Dazwischen lernt man auch das Lehrpersonal kennen. Es ist ein verhältnismäßig großer Personenkreis, was bei nur 240 Seiten nicht unbedingt für den Roman spricht. Schnelle Wechsel zwischen den Personen machten es nahezu unmöglich, mir die Namen und den Charakter dahinter einzuprägen. In der zweiten Hälfte nimmt der Autor dann weniger Personen ins Visier, widmet sich ihnen ausgiebiger und William Grove wandelt sich allmählich zur zentralen Figur. Mein Eindruck war, Yates könne sich nicht recht entscheiden, ob er den Blickwinkel auf alle gleichmäßig verteilen oder Grove plus eventuell ein, zwei Personen in den Mittelpunkt stellen soll. Darunter leidet vor allem der erste Teil des Romans und verwirrt den Leser unnötig.
Dafür versteht es Richard Yates wirklich ausgezeichnet, die Vorgänge und die Grundstimmung an dieser kleinen Privatschule einzufangen. Es verwundert nur, dass der Unterricht und die Erziehung eine so untergeordnete Rolle spielen. Der Autor hat eine leise, bildhafte Sprache, mit der er auch ohne viele Worte den Punkt trifft. Ich fand den Roman trotz manchen langen Sätzen angenehm zu lesen.


Figuren
Wie ich schon schrieb, hatte ich mit dem großen Personenkreis und den schnellen Perspektivenwechseln meine (Anfangs-)Schwierigkeiten, weniger wäre hier mehr gewesen. Nichtsdestotrotz schafft es Yates mit wenigen, dafür einfühlsamen Worten, dem Leser von jeder Person und ihren speziellen Eigenheiten ein Bild zu entwerfen. Gut gefiel mir, dass auch die Lehrer und der Rektor beleuchtet werden, so dass der Roman durch die verschiedenen Blickwinkel mehr Bandbreite erhält.
William Grove, Hauptperson in der 2. Romanhälfte, ist höchstwahrscheinlich Richard Yates' Alter Ego. Zunächst ganz der schrullige Außenseiter, gelingt es ihm durch seinen Fleiß bei der Schülerzeitung, allmählich Anerkennung und Freunde unter der Schülerschaft zu gewinnen. Er und so manch anderer unter den Schülern wird beim Leser Erinnerungen an den eigenen, längst vergessen geglaubten Schulalltag wecken, denn bei so vielen verschiedenen Charakteren ist für jeden einer zur Identifizierung dabei.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch mit Schutzumschlag hat fein geriffelte, hellgraue Buchdeckel, die seiden glänzen. Fast meint man, es wäre ein Leinenüberzug. Das Cover zeigt oben links ein Sprungbrett vor strahlend blauem Himmel, der Pool darunter wird dem Betrachter vorenthalten. Es ist ansprechend, keine Frage, doch mit der Handlung hat dieses Motiv absolut gar nichts zu tun und wurde vermutlich rein verkaufsstrategisch ausgewählt.


Fazit
Der wiederentdeckte amerikanische Autor Richard Yates ließ viel Autobiografisches einfließen, als er das Bild von der Dorset Academy, einer kleinen Privatschule in Neuengland zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, entwarf. Vor- und Nachwort lassen zumindest darauf schließen. Einerseits sensibel und schön erzählt, andererseits wird besonders die erste Hälfte von der Vielzahl an Personen erdrückt. Weniger wäre hier mehr.

 
3 Sterne


Hinweise
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