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Nonnenkloster nennen die Leute das Haus, in dem Amalia, Ellen und Hildegard wohnen. Ohne männliche Mitbewohner geht es hier recht idyllisch zu – bis zu dem Tag, als es klingelt und ein Fremder vor der Tür steht, der behauptet, ein Halbbruder von Ellen zu sein. Nach einigem Hin und Her, einer Familienfeier und einem Eklat sticht man gemeinsam in See, um sich näher kennenzulernen. Über Bord geht dabei so allerlei …

 

Ueber Bord 

Autor: Ingrid Noll
Verlag: Diogenes
Erschienen: 24. Juli 2012
ISBN: 978-3257068320
Seitenzahl: 331 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Endlich, wie gewohnt im 2-Jahres-Rhythmus, ein neuer Noll! Dies denken sich wohl alle Fans der Autorin, von der man leichte, lockere Unterhaltung mit dem gewissen „Etwas“ gewohnt ist. Feine Ironie, schwarzer, aber subtiler Humor - das ist es, was Ingrid Nolls Bücher auszeichnet.
In der Kurzbeschreibung des Buches ist der Inhalt sehr gut zusammengefasst und suggeriert eine spannende Geschichte. Mit Vergnügen wird man sich mit dem neuen Roman ans Lesen machen – um dann letztendlich das Buch ziemlich enttäuscht zuzuklappen. All das, was man sich von einem „Noll-Buch“ erwartet, erwartet man umsonst. Die Geschichte - Krimi wäre übertrieben -  plätschert dahin, keine Höhepunkte, keine witzigen Einfälle, keine überraschenden Vorkommnisse oder Wendungen, in einem Wort zusammengefasst: öde. Das Buch enttäuscht auf der ganzen Linie und der Leser, der die Autorin kennt, wird das Buch wohl nur aufgrund dessen zu Ende lesen, weil er sich bis zum Schluss erhofft, die „großartige Noll“ doch noch zu finden.


Stil und Sprache
Sprachlich ist auch dieses Buch, wie bei Ingrid Noll üblich, schlicht, aber stets der Erzählung angepasst und ihre Pointen unterstreichend. Locker leicht steigt der Leser - wie bei Noll gewohnt - als stiller Beobachter ins Geschehen ein.

In der liebevoll „Nonnenkloster“ genannten Villa leben drei Generationen ganz glücklich zusammen, obwohl das Geld stets knapp ist. Als nun dieser Gerd, der vermeintliche Halbbruder Ellens, in die Geschichte mit einsteigt, ist man voller Erwartung, dass es nun auch spannender und etwas skurriler wird. Aber man wartet umsonst. Die Geschichte dümpelt dahin mit ereignislosen Familienfeiern, langweiligen Gesprächen und ebensolchen Vorkommissen. Alleine, bis es nun dem Titel nach endlich an Bord geht, kommt die nächste Enttäuschung, hat man doch erwartet, dass mehrere Familienmitglieder sich auf ein Schiff begeben, nicht nur zwei oder drei, je nach dem wie man's nimm0t. Aber auch das wäre kein Problem, wenn durch das Geschehen an Bord nun endlich Tempo in die Erzählung kommen würde – was aber nicht der Fall ist. Erst ca. 60 Seiten vor Schluss gibt es ein Ereignis, das an die gewitzten und smarten Geschehnisse wie in den Büchern „Die Apothekerin“, „Der Hahn ist tot“ oder auch „Ladylike“ erinnern. Endlich, denkt man sich, geht's los – aber leider nur sehr kurzfristig und ein einmaliges Ereignis war es auch. Am Schluss ist man etwas fassungslos, hat man doch nur durchgehalten, weil es Ingrid Noll ist, die das Buch geschrieben hat, ansonsten hätte man das Buch schon wesentlich früher abgebrochen.


Figuren
Nolls Figuren sind wie gewohnt vielschichtig, aber ohne großen Tiefgang gezeichnet. Zu der lockeren Art der Autorin Geschichten zu erzählen würden aber ausgefeiltere Figuren gar nicht passen. Die Darsteller sind zahlreich und die Schilderung ihrer Charaktere vermittelt eine Vorfreude auf spannende Ereignisse – die aber leider nicht folgen. Da ist Hildegard, Mutter von fünf Kindern, die mit Ellen, ihrer jüngsten Tochter und ihrer Enkelin Amalia im „Nonnenkloster“ lebt. Störenfriede sind Uwe, Amalias Freund, und Gerd Dornfeld, der plötzlich aufkreuzt und die Familienidylle ganz schön durcheinanderwirbelt. Ellens Geschwister mit ihren Partnern und auch noch jede Menge Figuren auf dem Kreuzfahrtsschiff böten Grundlage für eine bissige und sarkastische Geschichte, für die die Autorin so bekannt geworden ist. So manche Figur hätte man besser ausarbeiten können, um dem Leser den zu erwartenden feinen schwarzen Humor und die subtilen Spitzfindigkeiten bieten zu können. So vielen wunderbaren Figuren man im Roman aber auch begegnet, lediglich eine einzige „darf“ ihrem inneren Drang nachkommen und etwas „Böses“ tun.


Aufmachung des Buches
Die gebundenen Ausgaben von Diogenes sind stets von bester Qualität. Typisch natürlich der naturweiße Schutzumschlag mit dem feinen schwarzen Rahmen und zum Inhalt passendem Motiv. Dunkelblauer Leinenbezug auf kartonierten Umschlag, Fadenbindung und gute Papierqualität komplettieren die edle Aufmachung.
27 Kapitel führen durch die Geschichte und Buchtipps vom Verlag findet man noch auf den letzten beiden Seiten.


Fazit
Leider ein Buch, das auf der ganzen Linie enttäuscht. Wäre dieses Buch von einem unbekannten Autor, würde es sich weder verkaufen, geschweige denn, dass ein Leser noch ein zweites Mal zu einem Buch von ihm greifen würde. Schade, denn Kenner wissen, welches Potential die Autorin hat, und werden so noch mehr enttäuscht sein. War schon „Kuckuckskind“ nicht mehr der große Wurf, so stellt sich einem die berechtigte Frage, ob es noch einmal einen Roman geben wird, der qualitativ in die Nähe ihrer Paradebücher kommt.


1 Stern


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