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Kategorie: Liebe und Erotik

Kapitel 6 – Dritte Generation (1856-1868)

Skyvore Island. Mai 1857… Im Herzen des Sturms. Die „Desiree“ durchpflügt die Wellen vor der Küste Irlands. An Bord befinden sich aneinandergekettete Sträflinge auf dem Weg ins Exil. Julie Saintange ist zerrissen zwischen der Trauer um ihren verstorbenen Mann Bernard Sambre und dem Verlust ihres Sohns Bernard-Marie, den man ihr weggenommen hat. Doch als das Schiff sinkt, entscheidet sie sich blitzschnell – für ihr Leben.

 

Sambre 6 

Originaltitel: Sambre, tome 6 -  La mer vue du Purgatoire ...
Autor: Yslaire
Übersetzer: Marcel Le Comte
Illustration: Yslaire
Verlag: Carlsen Comics
Erschienen: Mai 2012
ISBN: 978-3-551-77947-2
Seitenzahl: 58 Seiten + Anhang
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Als eine der wenigen Überlebenden des schweren Schiffsunglücks zeigt sich zum wiederhorten Mal: Julie ist verdammt zum Leben, obwohl sie selbst sich nichts mehr herbeisehnt als zu sterben. Es erscheint wie ein Wunder, dass die einzigen zwei Bewohner des Leuchtturms auf der Insel Little Skyvore sie des Nachts, mitten im Sturm an die Klippen angespült, entdecken – mehr tot als lebend. Adam Scott Shagreen, der Leuchtturmwärter, umsorgt sie rührend, doch kann Julie auf dieser winzigen Inselklippe ihren Frieden finden, zumal die französischen Behörden schon eifrig nach jedem einzelnen überlebenden Sträfling des Schiffsunglücks suchen?

Nach dem inhaltlich eher lauen Vorgänger ist dieser Teil erfreulicherweise wieder sehr spannend und mitreißend erzählt. Ich empfand ihn als einen der besten Sambre-Bände überhaupt, ein wenig schade ist nur, dass der Handlungsstrang um Julies Sohn, Bernard-Marie, stark vernachlässigt wird. Ist seine Rolle etwa nur darauf beschränkt, mit seinen Visionen als Bindeglied zwischen den alten und den neuen Bänden zu fungieren? Die Fortsetzung wird es zeigen.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Auch im aktuellen sechsten Band von Sambre bleibt Yslaire seinem monochromen Stil treu. Dennoch fällt auf, dass die Farbe Rot nicht mehr wie früher nur zum gezielten Akzentuieren dient, sondern in Abstufungen (Rotbraun, Rost, Orange) recht häufig auch großflächig zum Einsatz kommt. Absolut erstaunlich finde ich, wie viele Nuancen Yslaire zwischen Schwarz, Grau und Rot findet, wobei Braun als ausgleichende Farbe den Kontrast zwischen Grau und Rot abmildert. So wirkt alles viel weicher und nicht mehr so hart und düster wie in früheren Bänden.

Mit dem Meer als tragendem Element erhält der Plot ebenfalls eine ganz neue Variante. Yslaire zeichnet es schön plastisch mit gewaltigen Wellen und stark aufschäumender, weißer Gischt. Wie ein Spinnennetz umzingelt Letztere das Schiff im Sturm und lässt es kentern. Und auch in späteren Szenarien sorgt das Meer für eine bedrohliche Stimmung, denn noch tagelang nach Julies Rettung peitscht der Sturm um das kleine Eiland und lässt die Brandung mit ihren weißen Schaumkronen gnadenlos an die Felsen brettern. Julie fühlt sich von der nassen, kalten Gefahr wie ein Magnet angezogen, denn ihr Geliebter Bernard ruft sie daraus mit seiner Geistergestalt zu sich. Wird sie ihm in die tosende Dunkelheit folgen?

In diesem Album macht Julie ihrer Rolle als personifizierte Verführung und Sünde wieder mal alle Ehre, nachdem die Erotik im Vorgängerband eher unbedeutend war. Mit ihrem hauchdünnen Baumwollunterkleid, das im rötlichen Schein des Kaminfeuers mehr zeigt als es verbirgt, ist sie für den Leuchtturmwärter ein so reizender Anblick, dass der nicht widerstehen kann. Da die Liebesszenen zum Teil sehr explizit gezeichnet sind, würde ich den Band nicht für unter Sechzehnjährige empfehlen.

Die Panels von meist mittlerer Größe sind ganz klassisch in einigen Millimetern Abstand auf weißem Seitenuntergrund angeordnet. Genauso bietet auch die Textdarstellung mit Großbuchstaben in länglichen Sprech- und Erzählblasen nichts Neues. Soundwords werden in dem Comic keine verwendet.


Aufmachung des Comics
Wie alle Sambre-Bände zuvor, ist auch dieser sehr hochwertig verarbeitet und lässt keine Wünsche offen. Er hat matte Umschlagdeckel, auf denen der Titel mit glänzendem Spotlack angebracht ist. Die Coverillustration in verschiedenen Rottönen zeigt vorn Julie in verzweifelter Pose, dahinter den geisterhaften Bernard und noch weiter hinten den Leuchtturm von Little Skyvore. Die Rückseite ist analog zu  Band 5 gestaltet.
Vor- und Nachsatzblätter sind grau marmoriert, in der linken (vorne) und rechten (hinten) unteren Ecke zieht eine rote Blutspur die Blicke auf sich. Im Anhang gibt Yslaire seinen Fans anhand eines Dialogs zwischen Bernard-Marie und seiner Tante Sarah einen Vorgeschmack auf den nächsten Band. Außerdem befinden sich im Anhang noch ein Familien-Stammbaum der Sambres und ein Überblick aller bereits erschienenen Alben der Reihe. Als Letztes erwartet einen ein Schwarz-Weiß-Porträt von Hugo Sambre mit nachdenklichem, verdrossenem Blick.


Fazit
Statt nach 25 Jahren langsam Rost anzusetzen, bekommt Sambre mit diesem 6. Band von seinem Schöpfer eine Frischzellenkur verpasst. Sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch setzt Yslaire neue Impulse und lässt das Fan-Herz höher schlagen.

 
4 5 Sterne


Hinweise

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Backlist:
Der Krieg der Sambres - Zyklus Hugo & Iris:
- Band 1
- Band 2
- Band 3

Sambre - 1. Zyklus:
Sammelband 1-4: Der Krieg der Augen

Sambre - 2. Zyklus:
Band 5: Verflucht sei die Frucht ihres Leibes!