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Kategorie: Historische Krimis

Palmsonntag 1840: Dem Schultheiß, Lindenwirt und Weingärtner Fritz Frank wird gemeldet, der Häfnerbauer liege mit einem Strick um den Hals im Heu. Kriminalpolizei und Kriminaltechnik sind noch nicht erfunden und die hohe Obrigkeit ist weit weg. Also muss sich die dörfliche Dreifaltigkeit aus Pfarrer, Schultheiß und Lehrer wohl oder übel des unerfreulichen Falles annehmen. Und das mitten in den Vorbereitungen zum Osterfest.
Gleichwohl machen sie sich auf die Spurensuche. Wer hat ein Motiv, den allseits beliebten Häfnerbauer umzubringen? Welche Rolle spielt der reichste Mann im Ort? Und was hat der Weinhändler August mit der ganzen Sache zu tun? Je mehr die drei selbsternannten Detektive der Lösung des Rätsels näher kommen, desto mehr Fragen tun sich auf, bis Pfarrer Abel einen Plan ersinnt, wie man das abscheuliche Verbrechen mit Schalk und Charme aufklären könnte.

 

Kaelberstrick 

Autor: Gerd Friederich 
Verlag: Silberburg
Erschienen: 3. Auflage 2012
ISBN: 978-3-87407-985-3
Seitenzahl: 216 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Im beschaulichen Enzheim hat es einen Todesfall gegeben. Der Häfnerbauer wurde mit einem Strick um den Hals in seiner Scheune aufgefunden. War es Mord? Schultes (Bürgermeister) Fritz Frank hofft, dass der Täter kein Einheimischer ist, denn ein „Blutgericht“ möchte er seiner Stadt gern ersparen. Darin ist er sich mit Pfarrer Abel und auch mit dem jungen Hilfslehrer einig und deshalb übernimmt dieses „Dreigestirn“ die Aufklärung des Falles höchstpersönlich.

Gerd Friederich entwickelt seine „schwäbische Kriminalgeschichte“ vor dem sehr gut recherchierten historischen Hintergrund des Königreiches Württemberg Mitte des 19ten Jahrhunderts.


Stil und Sprache
Die Geschichte wird überwiegend aus Sicht von Schultes Fritz Frank erzählt, der nicht nur „der erste Mann in Enzheim“ ist, sondern auch die tragende Figur der Handlung. Der Autor bedient sich dabei der Gegenwartsform (Präsens), sodass sein Publikum immer nah am Geschehen ist. Auf unterhaltsame Weise erfährt der Leser von den vielfältigen Aufgaben, die der Ortsvorsteher einer schwäbischen Kleinstadt im Jahre 1840 zu bewältigen hat, angefangen von der Einführung von Kehrpflicht und „Nachthafenverbot“ bis zur Vergabe von Gemeindearbeit an besonders bedürftige Mitbürger. Auch die Schilderung von Tradition und Brauchtum kommt nicht zu kurz, denn es ist Osterzeit, also gibt es am „Gründonnerstag“ etwas Grünes zu Mittag, am Karfreitag geht man in Trauerkleidung zum Gottesdienst und am Ostermontag findet das „Eierrugeln“ – Eierrollen – statt. 
Alles das – und natürlich auch die Suche nach dem Mörder – beschreibt der Autor so interessant und bildhaft, dass man sich sehr gut in diese Zeit hineinversetzen kann. Dabei läßt er die Leute schwätzen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist – also in ihrer heimatlichen Mundart –, wodurch die vielen Dialoge erst so richtig authentisch werden. Da kann auch schonmal das eine oder andere Kraftwort vorkommen, was den Leser auf hochdeutsch sicher nicht halb so gut amüsieren würde. Dafür nimmt man dann auch gern in Kauf, dass man ab und zu mal zum „Kleinen schwäbischen Wörterbuch“ weiterblättern muss.


Figuren
Gerd Friederich hat seine Enzheimer – vom Schultes Fritz Frank bis zum ärmsten Tagelöhner – sehr vielschichtig und glaubwürdig gestaltet und sie mit menschlichen Fehlern und Schwächen, aber auch vielen liebenswerten Zügen ausgestattet. Der Leser kann sich wirklich in die Figuren hineinfühlen und ihr Verhalten nachvollziehen. 
Der Bürgermeister regiert seine Stadt mit Herz und Verstand. Ihm liegt am Wohlergehen seiner Mitbürger und er ist stets bereit für Neuerungen, wenn sie die Lebensumstände der Menschen verbessern. Bei Pfarrer Abel findet er dafür jederzeit ein offenes Ohr und einen guten Rat. Die beiden ergänzen sich wunderbar und setzen gemeinsam in Stadtrat und Kirchenkonvent ihre Vorstellungen und Reformen durch. Wenn dem Schultes an seinem Amt etwas nicht so sehr behagt, dann ist es die viele Schreibarbeit, aber – pfiffig wie er ist – stellt er hierfür genau den richtigen Mann ein, nämlich den Hilfslehrer Albert Wilhelm. Da der als Protokollschreiber bereits über den Fall des Häfnerbauern informiert ist, liegt es nahe, ihn auch gleich für weitere Ermittlungen heranzuziehen und so gelingt es der „dörflichen Dreifaltigkeit“ dann auch wirklich, das Verbrechen mit Witz und Bauernschläue und mit einem kräftigen Schuß Humor zu lösen.


Aufmachung des Buches
Für das Cover des Taschenbuches wurde das Gemälde „Päpstliche Zollwache“ von Carl Spitzweg verwendet. Den Anfang macht ein ausführliches Personenverzeichnis, dem ein Stadtplan von Enzheim und eine kurze Einführung in die Geschichte des Enztales folgen. Die Handlung ist in datierte Kapitel unterteilt – beginnend mit Palmsonntag, 12. April 1840 – und umfasst einen Zeitraum von drei Wochen. Ein kleines Wörterbuch der schwäbischen Mundart beschließt das Buch.


Fazit
Ein Krimi zum Schmunzeln?  Gerd Friederichs „schwäbische Kriminalgeschichte“ ist wirklich urkomisch, dabei aber in ein sorgfältig recherchiertes historisch-authentisches Umfeld eingebettet und wunderbar erzählt. Bitte mehr davon!


4 5 Sterne


Hinweise
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