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1666: Der Schongauer Medicus Simon und seine Frau Magdalena, die Tochter des Henkers, brechen zu einer Wallfahrt ins Kloster Andechs auf. Dort lernt Simon den mysteriösen Frater Virgilius kennen, der Uhrmacher und Erfinder ist. Simon ist fasziniert von den unheimlichen Automaten, die Virgilius erschaffen hat. Als der Frater verschwindet und sein Labor zerstört wird, ahnt Simon Böses und ruft Jakob Kuisl, den Schongauer Henker herbei. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach einem wahnsinnigen Mörder ... 

 

Der Hexer und die Henkerstrochter 

Autor: Oliver Pötzsch
Verlag: Ullstein
Erschienen: 16. April 2012
ISBN: 978-3548281155
Seitenzahl: 624 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Dies ist der vierte Teil der Reihe um die Schongauer Henkerstochter Magdalena Kuisl und ihre Familie. Mittlerweile mit dem Medicus Simon Fronwieser verheiratet und Mutter zweier Söhne, begibt sie sich mit ihrem Mann auf eine Wallfahrt zum Kloster Andechs. Dort tragen sich merkwürdige, unheimliche Dinge zu, die die frommen Mönche sich nur als Hexenwerk erklären können und in die Simon und Magdalena hinein gezogen werden. Schnell ist ein Schuldiger gefunden, aber als sich dieser als alter Freund des Henkers Jakob Kuisl entpuppt, scheint es Simon geraten, seinen Schwiegervater zu Hilfe zu rufen.

Mit diesem neuen Band der Henkerstochter-Serie kann Oliver Pötzsch nicht ganz an die Spannung der Vorgänger anknüpfen. Vieles ist einfach zu langatmig, manches nicht glaubwürdig und nachvollziehbar - z.B., dass so viele einfache Leute lesen und schreiben können.


Stil und Sprache
Es ist nicht unbedingt notwendig, die drei Vorgängerbände zu kennen; alles Wissenwerte über die bisherigen Vorkommnisse lässt der Autor in die Handlung mit einfließen. Die Sprache ist recht einfach, mit bildhaften Weg- und Naturbeschreibungen, die manchmal etwas zu ausführlich sind. Die Dialoge haben ab und zu eine leicht bayerische Färbung, sind aber gut verständlich.

Das „Dreihostienfest“ wird noch heute im Kloster Andechs begangen. Oliver Pötzsch baut seine Geschichte auf diesem - im 17ten Jahrhundert im streng katholischen Bayern bedeutenden - Ereignis auf. Der Leser erfährt Manches über Heiligen- und Reliquienverehrung, die Machtkämpfe innerhalb der Klosterbruderschaft und der weltlichen Obrigkeit, aber auch darüber, wie schnell aus Glauben Aberglauben werden kann, denn es ist die Zeit der Hexenverfolgung, die 20 Jahre nach dem langen Religionskrieg noch einmal einen Höhepunkt erreichte.
Der hier gesuchte „Hexer“ scheint tatsächlich über magische Kräfte zu verfügen, manches wirkt ein wenig unglaubwürdig, z.B. dass – egal, wohin der Henker sich mit Tochter und Schwiegersohn auch zurückzieht – ihre geheimen Besprechungen wirklich immer vom Hexer oder seinem Vertrauten „[…] aus seinem Versteck heraus belauscht" werden. Auch sonst weist das Buch einiges an Wiederholungen auf: Die „Ehrlosigkeit“ des Henkers und seiner Familie wird beinahe überstrapaziert, ebenso die Szenen mit den ständig „greinenden“ Kindern. Dadurch wird der Spannungsbogen des öfteren unterbrochen, sodass doch ein paar Längen entstehen.


Figuren
Entgegen der Titelgebung ist die eigentliche Hauptperson dieser Serie Jakob Kuisl, der Henker von Schongau. Dieses Amt galt als „ehrlos“ und wurde früher - gezwungenermaßen - vom Vater auf den Sohn vererbt, da es diesem nicht erlaubt war, einen ehrenhaften Beruf zu ergreifen. Dass es möglich war, diese grausame Tätigkeit mit Mitleid und Menschlichkeit auszuüben, zeigt Oliver Pötzsch - der ein Nachfahre der Kuisls ist – an der Darstellung seines Urahns. Unter der grimmig-bärbeißigen Schale verbirgt sich ein kluger und gerechter Mann, ein liebevoller Familienvater und ein treuer Freund, der im Leser Interesse und Sympatie weckt. 
Sein Schwiegersohn Simon steht ihm in nichts nach. Er nimmt seinen Beruf als Berufung und opfert sich für die Kranken auf, was seine Ehefrau Magdalena ihm – unverständlicherweise - sehr übel nimmt. Aus ihr hat Ehe und Mutterschaft leider eine nörgelnde, unzufriedene und mit sich selbst beschäftigte Zicke gemacht. Ihr Benehmen und ihre unbedachten Handlungen, mit denen sie sich und andere immer wieder in Gefahr bringt, sind teilweise kaum nachvollziehbar und muten bei einer Frau ihrer Zeit etwas zu emanzipiert an.


Aufmachung des Buches
Im Gegensatz zu den drei ersten Bänden - die als Taschenbücher erschienen sind - handelt es sich hier um ein Hardcover. Rückseite und Buchrücken sind in schwarzem Halbleinen mit weißen und roten Buchstaben gehalten. Die Vorderseite zeigt einen Priester und eine gefesselte, betende Frau vor dem Hintergrund eines Stiches vom Kloster Andechs, den man in etwas anderer Form auch auf den beiden Innendeckeln findet. Auf eine Karte des Klosters, eine Landkarte mit der Umgebung des Ammersees und ein Personenverzeichnis folgt der Prolog vom 12. Juni 1666. Die 20 Kapitel und der abschließende Epilog sind ebenfalls datiert und umfassen einen Zeitraum von 10 Tagen. Ein Nachwort des Autors und ein ausführlicher „Andechser Klosteralmanach“ vervollständigen die gute Ausstattung des Buches.


Fazit
Dieses Buch ist mit Abstand das Schwächste der Serie. Vieles ist einfach zu vorhersehbar. Die schöne Charakterzeichnung des Henkers Jakob Kuisl überzeugt jedoch und der recht anrührende Schluss lässt auf eine spannendere Fortsetzung hoffen.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Backlist:
Band 1: Die Henkerstochter
Band 2: Die Henkerstochter und der schwarze Mönch
Band 3: Die Henkerstochter und der König der Bettler

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