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Gutes Motorradfahren beginnt im Kopf, schlechtes auch. Der Kopf soll also das Fahren unterstützen und nicht stören. Dass sicheres und stressfreies Motorradfahren auch Kopfsache ist, stellen alle Motorradfahrer früher oder später fest. Nicht nur beim Bremsen im Regen, auch in einer etwas optimistisch angefahrenen Kurve beginnt es im Kopf zu arbeiten, nicht selten bis zum Adrenalinschub.

Hans Eberspächer befasst sich als Sportpsychologe und als Instruktor, u.a. beim MOTORRAD-Perfektionstraining, seit langem mit der mentalen Sicht des Motorradfahrens. In seinem Buch stellt er nun die von ihm entwickelten und erprobten praktischen und mentalen Trainingsmethoden für besseres Fahren vor. Theorie und Praxis verknüpfen sich darin leicht lesbar und überzeugend, gelegentlich verblüffend innovativ. Seine zahlreichen Tipps lassen sich in der Fahrpraxis von Anfängern und Wiedereinsteigern genauso gut umsetzen wie von Könnern.

 

Motorradfahren mental trainiert  Autor: Hans Eberspächer
Verlag: Motorbuch Verlag
Erschienen: 28. März 2012
ISBN: 978-3-613-03388-7
Seitenzahl: 294 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Die Zielgruppe dieses Buches wird gleich im ersten Vorwort von Helmut Dähne, bekannter Motorradrennfahrer, definiert (Seite 10): „Ja, die Motorradwelt braucht dieses Buch!“ Niemand sollte Hemmungen haben, es zu lesen. Niemand sollte sich für so gut halten, dass ihn der Inhalt nicht beträfe. Jeder findet sich an irgendeiner Stelle dieses Buches wieder. Damit richtet sich dieses Buch sowohl an Motorradfahrer – egal ob nur Gelegenheits- oder Langstrecken-, Hobby- oder Rennfahrer – als auch an (Sport)Psychologen.

Nach einem weiteren Vorwort des Autors und einer Danksagung steigt Eberspächer in seine Lektionen, Überlegungen und Anweisungen ein. Er untergliedert die Kapitel in recht kurze, einzeln passend überschriebene Abschnitte. Hierdurch stellt sich ein für ein Lehrbuch hohes Lesetempo ein. Hinzu kommt sein angenehmer Stil, der fachlich fundiert, aber dennoch – wie in einem direkten Gespräch und weniger einem nüchternen Lehrbuch – unterhaltsam ist. Der Autor bringt seine Überlegungen und Forschungsergebnisse gekonnt und fast schon in einer Art Plauderton rüber, zu der auch ein gelegentlich lockeres Vokabular beiträgt, wie z.B. Blechdose statt Auto oder Griffgrills statt Heizgriffe. Ganz klar ist erkennbar, dass ihm Verständlichkeit deutlich wichtiger ist als hochgestochenes Gefachsimpel – und das fördert die Lesbarkeit enorm. Durch Alltagsbeispiele, im Text wie in den Bildern, beschreibt er das oft typische Verhalten der meisten Motorradfahrer, stellt ihm dabei aber die ideale Vorgehensweise gegenüber.
Auch andere Koryphäen in der physischen und psychischen Forschung rund um das Motorrad oder aus dem Rennsport lässt der Autor zu Wort kommen, zitiert sie, hinterfragt oder – in einigen Fällen – wiederlegt auch ihre Thesen. Dies gibt diesem Werk ein rundes Gesamtbild.

Sehr umfassend ist die Themenauswahl dieses Buches. Die mentale Grundeinstellung des Motorradfahrers wird genauso angesprochen und zum Training aufgefordert wie die körperlichen Möglichkeiten. So nimmt sich der Autor zunächst die Blickführung vor, stellt dann die mentalen „Werkzeuge“ vor und geht diese nacheinander durch. Hierbei nennt er – z.B. bei der Stärkenanalyse – verschiedene Techniken und überlässt es dem Leser zu entscheiden, welches Vorgehen für ihn das Richtige ist. Beispiele mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Grafiken, Tabellen und Fotos unterstützen sowohl die Ratschläge des Autors, als auch die Vorstellungskraft des Lesenden. Sehr ausführlich – da nicht selten bei falscher Einschätzung auch lebensgefährlich – geht Eberspächer auf das Bremsen ein. In fast 40 Seiten beschreibt er nicht nur die Probleme und Gefahren, vielmehr greift er auch die historische Entwicklung und Technik von Bremsanlagen sowie mathematische und mentale Aspekte des Bremsens auf, um Verstehen von und Verständnis für dieses wichtige Werkzeug zu schaffen. In diesem Abschnitt fordern die Beschreibungen der Fahrphysik allerdings zum konzentrierten Lesen auf.

Deutlich knapper, aber inhaltlich völlig ausreichend spricht Eberspächer Ausweichmanöver und Regenfahren an. Entsprechend ausführlich widmet sich das Buch ab Kapitel 4 dem Zweck und der Herangehensweise an das mentale Training. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen sind auch hier klar und verständlich beschrieben und können vom Motorradfahrer ideal nachvollzogen und ausgeführt werden. Nachdem das mentale Training abgearbeitet wurde, folgt ein Kapitel zur Fahrphysik – begonnen mit Trainingsprinzipien und -grundsätzen bis hin zu Dutzenden konkreten Trainingsübungen z.B. für das Kurvenfahren oder das Bremsen unter Beachtung der zuvor aufgestellten Prinzipien. Den Abschluss bilden Kapitel über Risiken beim Motorradfahren, die Auswahl des richtigen Motorrads und der passenden Kleidung sowie eine Analyse zu den Ursachen von Stürzen und Unfällen bei Motorradfahrern.

An einigen wenigen Stellen hat sich der Fehlerteufel einschleichen können. Auf Seite 35 stach mir ein ganzer Absatz ins Auge, der von Seite 29 übernommen wurde. Ein weiterer Faupax ist in Kapitel 2 auf Seite 73 zu finden: „Ausgelöst übrigens durch den Gedankenkreislauf Bewerten-Gefühl-Bewerten, von dem ja schon in Kapitel 3 die Rede war.“ Und zuletzt wurde auf Seite 132 vor dem zweiten „Merke“-Kästchen versäumt, den Satz im Fließtext zu Ende zu führen. Hiervon abgesehen, haben die Inhalte jedoch ein sehr gründliches Lektorat erfahren.

Bleibt nur noch eine Frage zu beantworten: Kann das Buch von Hans Eberspächer – ähnlich wie Bernt Spiegels Die obere Hälfte des Motorrads – den Leser zu einem besseren und sichereren Motorradfahrer machen? Die eindeutige Antwort lautet „Ja“. Allerdings nicht durch das reine Lesen dieses Buchs, sondern nur dann, wenn man die Inhalte verinnerlicht, sie regelmäßig aufgreift und intensiv trainiert. Dies kostet einige Zeit und Mühe – wer dazu nicht bereit ist, wird keine Fortschritte mit Sieben-Meilen-Stiefeln erfahren.


Aufmachung des Buches
Fest eingebunden und im handlichen DIN A5-Format wird das Buch im Handel angeboten. Die Materialwahl des Außenumschlags und des Innenlebens sowie die Verarbeitung sind sehr hochwertig und bieten damit die ideale Basis, es immer wieder zur Hand zu nehmen. Für das schnelle Nachschlagen dient ein feingliedriges Inhaltsverzeichnis, auch die Checkliste zum Ende des Buches sollten sich Motorradfahrer regelmäßig anschauen.

Das Cover fasst das Thema in einem Bildausschnitt einer faszinierenden Fotografie, die auf Seite 25 vollständig zu sehen ist, perfekt auf. Im Innern finden sich viele Fotos, Tabellen und Abbildungen anderer Art, deren Druck selbst kleinste Details zeigen und damit bei der Analyse von Fahrsituationen helfen.


Fazit
Dieses Lehrbuch bespricht zwar auch mentales Training, darüber hinaus aber auch andere Bereiche wie physiologisches und fahrerisches Training. Begleitet von vielen guten Tipps, Anweisungen und Ratschlägen, die alle eines zum Ziel haben – zu mehr Sicherheit beim Motorradfahren zu verhelfen. Ein Muss für jeden Biker!


5 Sterne


Hinweise
Rezension von Sven Trautmann
Herzlichen Dank an die Paul Pietsch-Verlagsgruppe für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

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