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Nachts im idyllischen alpenländischen Kurort: Dunkle Gestalten schleppen eine leblose Person zur Höllentalklamm. Kommissar Jennerwein muss einen verschwundenen BKA-Ermittler finden, aber niemand darf von seinem Auftrag wissen. Die Einheimischen erzählen düstere Legenden von Flößern, die einst das Wildwasser in eine Höhle sog, ein neugieriger Numismatiker entdeckt kryptische Zeichen auf einer Goldmünze, und ein Scharfschütze lauert am Bergbach. Kommissar Jennerwein gerät beinahe ins Strudeln …

 

Oberwasser 

Autor: Jörg Maurer
Verlag: Fischer
Erschienen: 2012
ISBN: 978-3-596-18895-6
Seitenzahl: 396 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Das letzte, was man in einem idyllischen alpenländischen Kurort vermutet, ist eine geballte Ladung organisiertes Verbrechen. Doch eben dieses tummelt sich bereits seit Jahren in diversen Jennerwein-Fällen. Auch im 4. Fall muss der Kriminalhauptkommissar mit seinem Ermittlerteam in die Bresche springen. Sein Vorgesetzter Dr. Rosenberger betraut die Truppe mit einem äußerst prekären Fall: Ein BKA-Team, das im Kurort ermittelt, wurde unterlaufen und bereits zwei der Beamten werden vermisst. Um ebenso verdeckt ermitteln zu können, erfindet Jennerwein einen Wildererfall, der die Bevölkerung und mögliche Ganoven vom eigentlichen Zweck der Ermittlungen ablenken soll. Das Team gibt alles und kommt durch das Schauspiel sogar an wertvolle Informationen, um die Vermissten zu finden. Doch immer wieder sind die Verbrecher der Mannschaft um Jennerwein einen Schritt voraus. Viele Aktionen verlaufen in der Sackgasse, doch als der entscheidende Hinweis kommt und die Kriminaler der Lösung immer näher kommen, wird es auch für die Ermittler extrem gefährlich. Schließlich haben sie es mit einer international operierenden Organisation zu tun, die sich nicht gerne in die Suppe spucken lässt.

Jörg Maurer hat es perfekt geschafft, den ruhigen, malerischen Kurort mit den nervenaufreibenden, spannenden Hetzjagden nach den Verbrechern zu verbinden. Mit kuriosen Charakteren und kinofilmartigen Szenen erzeugt er die perfekte Atmosphäre.


Stil und Sprache
Es ist nicht selten der Fall, das Serien mit der Zeit – respektive den Fällen – etwas die Luft ausgeht. Doch bei Jörg Maurer läuft das anders. Er hat sich mit jedem neuen Fall weiter gesteigert und sich jeweils selbst übertroffen. Dabei bleibt er seiner einmal eingeschlagenen Richtung treu. Wir befinden uns immer noch im beschaulichen, malerischen alpenländischen Kurort an der Grenze zu Österreich und auch die Personen sind zum großen Teil alte Bekannte. Man fühlt sich also wohl beim Lesen und das ist ja bereits die halbe Miete.

MaurersThema ist auch wieder international – eine Gruppe des organisierten Verbrechens, aktiv in Waffenschmuggel und Geldwäsche, hat sich den Kurort als Basis ausgewählt und hält die ermittelnden BKA-Beamten auf Trab. Da diese mit der Situation nicht zurechtkommen, darf Jennerwein sich mit seinem Team, das sich perfekt in und um den Kurort auskennt, auf die Jagd nach den Verbrechern und den vermissten Beamten machen. Der Autor nutzt die schroffe Berglandschaft sowie den traditionell mit Touristen überlaufenen Kurort und baut darum seine mit viel Liebe zum Detail beschriebenen Szenen auf. Alle Beschreibungen wirken sehr authentisch und helfen dabei, dem Leser diese einmalige Stimmung, die zwischen Schuhplattlhumor und Gangsterkalkül variiert, schmackhaft zu machen. Vor allem bei den extrem atmosphärischen Beschreibungen der Landschaft, der schroffen Bergwelt des Wettersteingebirges mit dem höchsten Berg, der Zugspitze, der wildromantischen Höllentalklamm, die eine Hauptrolle bekommt oder den verträumten Bergseen kommt Fernweh auf. Fast schon malerisch entstehen die Bilder vor dem inneren Auge des Lesers und transferieren ihn quasi in die Geschichte hinein.

Doch das Buch ist nicht nur mit Lokalhumor gespickt, von Beginn an zieht sich ein rasant ansteigender Spannungsfaden durch den Fall, der auf Schluss zu eine enorme Geschwindigkeit aufnimmt und fulminant endet. Ein Hilfsmittel für die Spannung ist der kapitelweise Wechsel zwischen den einzelnen Erzählsträngen. Mal erfährt der Leser von den Ermittlungen des Jennerwein-Teams, mal bekommt er Nebenschauplätze präsentiert die scheinbar nichts mit dem Fall zu tun haben, sich dann aber im Laufe der Geschichte zusammenfinden. Dadurch erzeugt er filmartige Sequenzen, die sein Können als Regisseur zeigen. Trotz der vielen Seiten ein wirklich dichter, vielseitiger, spannungsgeladener und humorvoller Krimi.


Figuren
Da fängt man am besten beim Chef an: Hubertus Jennerwein ist Kriminalhauptkommissar und leitet ein Team in und um einen beschaulichen Kurort in Bayern. Er ist ein Vollprofi, mit allen Wassern gewaschen und von nichts so leicht zu beeindrucken. Hat er doch die letzten Jahre gerade mit dem organisierten Verbrechen so einiges erlebt. Aber auch der charismatische Denker der Truppe hat eine Schwäche, Akinetopsie, eine Störung der visuellen Wahrnehmung von Bewegungen. Vor allem in Stresssituationen überkommen ihn die Anfälle, mit denen er mit den Jahren allerdings immer besser zurecht kommt. Er hat gelernt, damit zu leben. Auf sein Team, bestehend aus Nicole Schwattke, Dr. Maria Schmalfuß, Hansjochen Becker sowie die beiden örtlichen Wachtmeister Hölleisen und Ostler lässt er nichts kommen. Sie sind alle eingespielt und können sich blind aufeinander verlassen. Eine wirklich sympathische Truppe, die alle möglichen Charaktereigenschaften und Fähigkeiten in sich vereint. Gemeinsam quasi unschlagbar.

Das Böse in Form der organisierten Verbrecher bleibt lange im Dunkeln und tappt quasi nur schemenhaft durch die Szenen. Aber wie es sich gehört, treten sie skrupellos und ohne Gewissen auf und verfolgen ihr Ziel ohne Rücksicht auf Verluste. Der Krimi lebt aber auch von den vielen skurrilen Nebendarstellern, wie dem Politiker Harrigl, einem Erzfeind von Jennerwein, der keine Gelegenheit auslässt, über die Polizei zu wettern, oder auch Peter Hartl, einem sagenumwobenen Urgewächs, das gerne grantelt und ansonsten alles gerne tut, was eigentlich verboten ist – wie schwarz räuchern oder Schnaps brennen. Besonders schön ist das Wiedersehen mit Ignaz und Ursel Grasegger, die endlich wieder in den Kurort zurückgekehrt sind und quasi den entscheidenden Tipp geben. Kauzige, urige aber auch gestandene Bergbevölkerung, der Garant für viel Lesefreude.


Aufmachung des Buches
Auch der 4. Fall aus dem Fischer Verlag hinterlässt einen optisch guten Eindruck auf den Leser. Das Cover wird von einem Bild geziert, das ein Eichhörnchen auf einem Hut schwimmend auf einem Alpengewässer zeigt. In bunten Farben weist das Cover schön auf den humoristischen Inhalt hin. Auf den ersten Seiten des Buches ist ein Interview mit dem Autor zu finden, das durch diverse Anhänge wie einer Liste mit den Fremdgängern im Kurort, den Regeln für Retroschach und einer mehrseitigen Danksagung abgerundet wird. Natürlich darf auch die Werbung zum Schluss nicht fehlen.


Fazit
Mit Abstand Jennerweins bester Fall. Mitreißende Spannung und schenkelklatschender Humor, geballt auf fast 400 Seiten. Der Lesegeschwindigkeitsrekord für dicke Schinken wird definitiv fallen.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist
Fall 1: Föhnlage
Fall 2: Hochsaison
Fall 3: Niedertracht

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