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 „Hallo?“ Freyr beugt sich über den Schreibtisch und schaute durch den Türspalt. Im Flur blinkte nur die defekte Deckenlampe. „Hallo?“ Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, als eine vertraute Stimme eine Antwort flüsterte. Eine Stimme, die stets Lebendigkeit, Sanftheit und Fröhlichkeit ausgestrahlt hatte, aber jetzt kalt und tot klang. Eine Stimme, die so nah wirkt und gleichzeitig so unendlich weit entfernt: „Papa.“

Ein menschenleeres Dorf im Nordwesten von Island: Drei junge Leute werden in einem maroden Sommerhaus von seltsamen Geräuschen und Erscheinungen in Angst und Schrecken versetzt. Und viele Kilometer entfernt, in Ísafjördur, gibt der Selbstmord einer alten Frau den Behörden Rätsel auf. Was haben die unerklärlichen Phänomene miteinander zu tun – und wie gefährlich ist es, ihnen auf den Grund zu gehen?

 

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Originaltitel: Ég man ðig
Autorin: Yrsa Sigurdardottir
Übersetzerin: Tina Flecken
Verlag: Fischer
Erschienen: 29. September 2011
ISBN: 978-3596192731
Seitenzahl: 356 Seien

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Die Grundidee der Handlung
Der als Volkswirt tätige Garðar, seine junge Frau Kathrin und ihre gemeinsame Freundin Liv möchten die karge Winterzeit dazu nutzen, eine alte Immobilie zu einem schmucken Gästehaus umzubauen. Mit Baumaterial und Lebensmitteln ausgerüstet, begeben sie sich in das kleine Dorf Hesteyri, wo sie eine arbeitsreiche Woche in völliger Abgeschiedenheit verbringen wollen. Doch die zehn Häuser umfassende Ansiedlung ist nicht so menschenleer, wie es ihnen ein alter Kapitän bei der Überfahrt prophezeit hat. Denn neben seltsamen Stimmen und unheimlichen Geräuschen tauchen Kinderspuren im Schnee auf und jagen den drei Städtern eine Menge Angst und Schrecken ein.

Aber nicht nur in Hesteyri geschehen merkwürdige Dinge, auch in der isländischen Stadt Ísafjörður werden Menschen mit seltsamen Vorkommnissen konfrontiert. So findet ein Gerichtsmediziner auf dem Rücken einer durch Selbsttötung gestorbenen Frau deutliche Narben eines eingeritzten Kreuzes, deren Muster ihm bereits bei früheren Obduktionen aufgefallen ist; oder der Psychiater Freyr hält plötzlich einen Brief von einer Patientin in den Händen, der eindeutige Hinweise auf seinen vor drei Jahren spurlos verschwundenen Sohn Benni gibt. Ereignisse, die niemand erklären kann und trotzdem scheinen sie in einem merkwürdigen Zusammenhang zu stehen.


Stil und Sprache
Mit „Geisterfjord“ hat die Autorin Yrsa Sigurdardottir einen überaus spannenden, wie auch geheimnisvollen Thriller geschrieben, der die Grenzen des Wirklichen überschreitet, sich aber trotzdem glaubhaft präsentiert. Mit einer Stimmung, die von Beginn an bedrückend und düster erscheint und Figuren, deren Wahrnehmungen zweifelhaft sind, lässt sie den Leser ein Horrorszenario erleben, das Angst erregend vonstatten geht und 356 Seiten lang anhält.

Dabei wird die Geschichte eines alten Geheimnisses abwechselnd in zwei Strängen erzählt und so erlebt der Leser zum einen drei junge Menschen, die gefangen auf einer kargen Insel durch die Hölle gehen. Zum anderen verfolgt er die Geschehnisse rund um den Psychiater Freyr, der mit dem Verlust seines sechsjährigen Sohnes und einer Menge Schuldgefühlen umzugehen hat. Menschen, deren Schicksale auf eine unbekannte Art und Weise zusammenführen, deren Ursache sich aber erst sehr spät herauskristallisiert.

Der Schreibstil der isländischen Autorin Yrsa Sigurdardottir ist sehr lebendig und mit bildhaften Beschreibungen versehen. Ohne, dass es dem Leser bewusst ist, sieht er neben den gut beschriebenen Landschaften, die in ihr handelnden Figuren jederzeit vor sich oder erlebt deren Ängste hautnah mit. Eine Erzählweise, die zugleich fesselt und unterhält.


Figuren
Passend zu den zwei Erzählsträngen begegnen dem Leser vier Hauptakteure, die den Großteil der Handlung bestreiten. Dabei setzt sich die Freundesgruppe, die auf einer Insel Schreckliches erlebt, aus der Lehrerin Kathrin, ihrem Ehemann Garðar und der gemeinsamen Freundin Liz zusammen. Drei Menschen, deren miteinander verwobene Beziehung ausreichend Stoff für Konfrontationen bietet. Und während die bodenständige und klug agierende Lehrerin Kathrin auftretende Probleme angeht und deren Für und Wider in vernünftigem Maß gegeneinander abwägt, tritt die atemberaubend gutaussehende Liz vor allem durch ihr Sprunghaftigkeit und unnatürlich starken Angstzustände in Erscheinung. Gegensätze, die zwangsläufig Unruhe in die kleine Gemeinschaft bringen und nur durch Garðars besonnenes Auftreten gemildert werden.

Der zweite Erzählstrang wird vorwiegend von dem Psychiater Freyr bestritten, der neben einem ausgefüllten Arbeitsleben im Bezirkskrankenhaus von Ísafjörður ab und an für die Polizei tätig ist. So stößt er schon bald auf merkwürdige Todesfälle, muss sich aber auch mit dem Verlust seines Sohnes und dem Scheitern seiner Ehe auseinandersetzen. Geschehnisse, die den renommierten Mediziner zunehmend in Bedrängnis bringen und seine Urteilsfähigkeit stark beeinträchtigen.

Alle weiteren Figuren treten nur am Rande der Ereignisse auf, sind aber trotzdem ausreichend gut beschrieben, um die Handlung zu untermauern und das Verhalten der Hauptfiguren  glaubwürdig in Erscheinung treten zu lassen.


Aufmachung des Buches
„Geisterfjord“ ist als Taschenbuch erschienen und wartet mit einer gelungenen Gestaltung auf. So bildet den Mittelpunkt des Covers ein verwittertes und an Land gezogenes Boot, das mit seiner abgeblätterten roten Farbe einen guten Kontrast zum tristen Hintergrund darstellt. Ein Arrangement, in dem sich die Kälte und Einsamkeit Islands wunderbar widerspiegelt und das es ohne Mühe versteht, den Blick des Betrachters lange gefangen zu halten. Darüber hinaus gibt der auf der Rückseite des Buches aufgebrachte Klappentext einen ersten Einblick in die geisterhafte Thrillerhandlung und macht Lust darauf, das Buch sofort zu verschlingen.


Fazit
Voll gepackt mit alten Geheimnissen und subtiler Spannung präsentiert sich „Geisterfjord“ seinen Lesern und lässt sie nicht mehr los. Ein Thriller, der das Gruseln lehrt und dabei gekonnt unterhält.

 
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Hinweise
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