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Eine der letzten Holocaus-Zeitzeuginnen erzählt ihre Geschichte.

Eva Mozes Kor ist zehn Jahre alt, als sie mit ihrer Familie nach Auschwitz verschleppt wird. Während die Eltern und zwei ältere Geschwister in der Gaskammer umkommen, geraten Eva und ihre Zwillingsschwester Miriam in die Hände des KZ-Arztes Mengele, der grausame medizinische Experimente an den Mädchen durchführt. Für Eva und ihre Schwester beginnt ein täglicher Überlebenskampf …

Die wahre Geschichte einer Frau mit einem unbezwingbaren Überlebenswillen und dem Mut, die schlimmsten Taten zu vergeben.

 

Ich habe den Todesengel ueberlebt 

Originaltitel: Surviving the Angel of Death. The Story of a Mengele Twin in Auschwitz
Autor: Lisa Rojany Buccieri
Übersetzer: Barbara Küper
Verlag: cbj Verlag
Erschienen: 01/2012
ISBN: 978-3-570-40109-5
Seitenzahl: 222 Seiten

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Inhalt, Stil und Sprache

Lisa Rojany Buccieri, erfolgreiche Autorin von über 100 Kinderbüchern, hat es übernommen, die Biographie von Eva Mozes Kor aus Sicht des Auschwitz-Opfers zu verfassen. Sie hat eine fast einzigartige Art zu schreiben. Schon im Prolog, in dem sie Eva und Miriam Mozes' Eintreffen in Auschwitz schildert, liest sich der Bericht durch die feingliedrigen Erinnerungen Eva Mozes an Details, Gefühle und Dialoge ähnlich einem Roman. Besonders dominierten in diesen Stunden die Angst und Verzweiflung, welche die Zwillinge schon bei der Selektion erlebten.
Nach dem Prolog geht sie zurück in die Kindheit der Schwestern, die zunächst glücklich begann, bis die Gerüchte über die Judenverfolgung immer mehr zunahmen wie herannahende, dunkle Wolken vor einem schweren Sturm. Sie erzählt von der Verbrüderung der ungarischen Armee und der rumänischen Eisernen Garde mit Hitler und den zunehmenden Denunzierungen, der Isolierung und Verschlechterung ihrer Situation als Juden, die Eva Mozes schon früh bis in ihr kleines Heimatdorf spüren konnte.

Wichtig ist an Buccieris Schreibstil, dass sie auf Augenhöhe, aus der Perspektive eines Kindes, und nicht nur für Erwachsene, sondern besonders auch für jüngere Leser schreibt. So werden Begriffe, die vielen Jugendlichen und Teenies vielleicht nicht mehr geläufig sind, direkt erklärt: „Dennoch verbreitete sich schon fast seit unserer Geburt der Antisemitismus in Rumänien, unserem Land. Das bedeutete, dass die meisten Menschen um uns herum keine Juden mochten, ganz einfach, weil sie Jugend waren“ (S. 20). Dies spricht an, fesselt und lässt den Leser unglaublich nah bei der Zehnjährigen sein, so als schaue man ihr über die Schulter – was wichtig ist, damit man dieses Buch nicht einfach nur liest, sondern auch versteht. Die Schilderungen sind sehr persönlich, der Einblick in die Erlebnisse sehr direkt. Der Fokus liegt bei Eva Mozes und ihrer Schwester Miriam, doch geht sie auch immer wieder auf Einzelschicksale und den Überlebenskampf von Mithäftlingen ein, besonders auf das anderer Zwillingspaare.

Der Bericht von der Unbarmherzigkeit der deutschen SS ist eindringlich und geht nahe, und der Leser findet sich ein in die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit von Eva Mozes. Besonders als sie – durch die Autorin – das tägliche Überleben im Lager schildert, spürt man ihr Leid. Geradezu schockierend sind jedoch die Passagen über Mengeles Experimente, über den Massenmord und die Verbrennung der Leichen. Und doch gelingt es der Autorin in Mozes' Namen - trotz all diesem Leid, diesen furchtbaren Erlebnissen - mit einer gewissen Sanftmut ganz ab von Zorn oder Verbitterung zu schreiben. Hiermit gibt sie auch viele Jahrzehnte nach den Experimenten Dr. Mengeles an den Zwillingen die Willenskraft von Eva Mozes weiter, die sie hat Schmerzen, Krankheiten und Elend überleben lassen.
Packend und mitreißend erzählt sie von den dramatischen Tagen im Januar 1945, als die Nazis das Lager Birkenau auf der Flucht vor den heranrückenden Alliierten räumen mussten. Und wieder liest sich dieser Bericht mit den durchlebten Emotionen, den Ängsten von Eva Mozes, ihre Schwester endgültig verloren zu haben, fast wie ein Roman, so dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe.

Den Abschluss bildet Buccieri mit einem Nachwort. Hierin beschreibt sie den Weg, den Prozess, den Eva Mozes Kor (nach dem Krieg verheiratet, hat sie den Familiennamen ihres Manns hinter ihren Namen gestellt) gegangen ist, um den Lagerärzten und insbesondere Dr. Mengele zu vergeben und mit ihrer Vergangenheit im Rahmen des denkbar möglichen abzuschließen. So schreibt sie auf Seite 190: „Zorn und Hass sind die Saat, aus der Krieg erwächst. Vergebung ist ein Same des Friedens. Sie ist der letzte Akt der Selbstheilung.“


Aufmachung des Buches
Die Biographie wurde als Taschenbuch vom cbj-Verlag aufgelegt. Das Cover ist so gestaltet, dass es nicht nur aussagekräftig den Inhalt repräsentiert, sondern auch direkt anspricht. Vor dem verwischenden Hintergrund einer von Mengeles Behandlungslisten stellen vier Reihen Stacheldraht die Zäune des Lagers Auschwitz dar, in ihnen hängt ein Foto, welches bei der Befreiung des Konzentrationslagers entstand.

Ergänzt wird Eva Mozes Kors Biografie durch einige Karten von Osteuropa, Fotos ihrer Familie, dem KZ Auschwitz und Josef Mengele. Im Anhang finden sich neben Anmerkungen der Autorin,Kurzbiografien von Eva Mozes Kor und Lisa Rojany Buccieri und Bildnachweisen eine Zeitleiste, welche den Aufstieg und das Ende des Nationalsozialismus‘ mit den wichtigsten Ereignissen von Eva Mozes verknüpft. Abschließend folgen in einem Glossar Erläuterungen zu Begriffen, Orten und enigen Persönlichkeiten, unter anderem zu Dr. Mengele.


Fazit
Dieses Buch – geschrieben für junge Leser – ist ein schockierendes Zeitzeugnis, eine Biografie fassungslosen Leids, aber auch eines unbeugsamen Willens beim täglichen Überlebenskampf während der NS-Zeit. Ein wirklich wichtiges Werk!


5 Sterne


Hinweise
Rezension von Sven Trautmann
Herzlichen Dank an den cbj-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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