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Kategorie: Ab 8 Jahre

Dieses Osterfest wird Familie Hogelmann so schnell nicht vergessen, denn auf dem Küchentisch sitzt eine Art Gurke mit Armen und Beinen und einer Krone auf dem Kopf und verkündet: ‚Wir heißt König Kumi-Ori das Zweit!’
Der widerliche Fiesling, der von seinen Untertanen aus dem tiefsten Keller vertrieben wurde, wirbelt mit seinem autoritären Benehmen den Hogelmann-Alltag komplett durcheinander und stiftet nichts als Unfrieden. Da hilft nur eines: Der Kumi-Ori muss schleunigst weg!
Doch das ist leichter gesagt als getan …

 

Wir pfeifen auf den Gurkenkoenig 

Autor: Christine Nöstlinger
Verlag: Gulliver
Erschienen: 2011
ISBN: 978-3-407-74254-4
Seitenzahl: 183 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Es knallt und rumpelt in der Küche der Hogelmanns und schuld daran ist der Kumi-Ori König – eine kleine grüne Froschkartoffel. Gleich von Beginn an scheint die Familie dem Wesen mit gespaltenen Gefühlen entgegen zu treten, denn aus der freundlichen Begrüßung vom Opa wurde nix. Der Kumi-Ori ist Etikette gewöhnt und fühlt sich beim niederen Volk nicht wohl. Einzig der Papa hat Verständnis für die Situation des Gurkenkönigs, der von seinem Volk entmachtet und verstoßen wurde. Und auf einmal gibt es an Ostern keine Tradition mehr: der Papa streitet sich mit der Mama und eigentlich streiten sich alle. Nur der Gurkenkönig scheint bei seinen Zielen voran zu kommen, denn Papa ist ihm hörig. Er lässt ihn in seinem Zimmer schlafen und betüddelt ihn wo es nur geht. Nur die beiden Kinder Wolfgang und Martina scheinen zu begreifen, was der Kumi-Ori wirklich vor hat: Er will sich an seinem Volk rächen und Papa soll ihm dabei helfen. Für die Kinder wird es eng!


Stil und Sprache
Christine Nöstlingers Kinderbücher sind Klassiker. Der Gulliver-Verlag hat nun eine ihrer schönsten - ‚Wir pfeifen auf den Gurkenkönig’ - aus dem Jahr 1972 neu veröffentlicht. Von seinem Charme hat die Geschichte all die Jahre nichts verloren. Die Themen Familie, Schulprobleme, Zusammenhalt und Beeinflussung sind immer noch aktuell - vielleicht sogar aktueller denn je. Die Fantasiegestalt des Kumi-Ori - der Gurkenkönig - spielt dabei quasi den Quertreiber.

Die Geschichte selbst wird von Wolfgang - er ist 12 Jahre und das mittlere Kind - erzählt. Dabei schreibt die Autorin so, wie ein 12-jähriger eben schreiben würde: kurze, direkte Sätze ohne viele Schnörkel und nicht immer grammatikalisch korrekt, aber eben passend zum Thema. Ich denke auch, dass gerade diese einfache Sprache die Kinder das Buch leichter verstehen lässt.
Für den Gurkenkönig hat Christine Nöstlinger eine ganz eigene Kunstsprache erfunden; zum Beispiel sagt er bei seiner Vorstellung: ‚Wir heißt Königs Kumi-Ori das Zweit, aus das Geschlecht die Trippeliden!’, was erst mal etwas schwierig ist, aber später immer leichter wird. Zum Glück spricht der Kerl auch nicht wirklich viel.

Da auch die schulischen Probleme von Wolfgang ein wichtiges Thema sind und seine Schwester unbedingt meint, eine Geschichte braucht eine ordentliche Gliederung mit Nummern, werden die 15 Kapitel von Wolfgang natürlich ohne auf die Deutschlehrergliederung zu verzichten mit einer kurzen Zusammenfassung à la ‚Und wie ich dann doch eingeschlafen bin’ begonnen und chronologisch aus seiner Sicht erzählt. Mit detailreichen Beschreibungen der Orte und Szenen hilft die Autorin dem Leser, sich in die Situationen hineinversetzen zu können, was auch noch durch wunderschöne farbige Zeichnungen von Jutta Bauer unterstützt wird. So sind die einzelnen Kapitel nicht nur als Text, sondern fast auch als Bildergeschichte vorhanden. Dies lockert den Text gekonnt auf und sorgt für eine schöne Abwechslung beim Lesen, bei der die Konzentration der jungen Leser neu geweckt wird.


Figuren
Als da wären: Opa Hogelmann, Papa Hogelmann, Mama Hogelmann sowie die Kinder Niki, Martina und natürlich Wolfgang.Wolfgang ist der Mittlere und 12 Jahre alt. Er geht, wie seine ältere Schwester Martina, aufs Gymnasium, hat aber im Gegensatz zu ihr (sie ist Einserschülerin) diverse Probleme. Vor allem der Haslinger, sein Klassenlehrer, macht ihm zu schaffen. Ein Teenager mit allerlei Problemen, der nun auch noch versucht, seine Familie zu retten - denn die zerfällt seit dem Auftauchen des Gurkenkönigs. Wolfgang geht dabei vorsichtig, aber eben auch mit kindlicher Leichtigkeit vor und findet bald in seiner Schwester Martina eine Verbündete. Die hat zwar selbst genug Probleme - sie kämpft gerade mit ihrer ersten Liebe -, kann Wolfgang und ihre Familie jedoch nicht im Stich lassen. Sie ist in Wolfgangs Augen stark und eine richtig gute große Schwester.

Tja und der Kumi-Ori, er ist ein richtiger Tyrann, der seine Umgebung perfekt beobachtet und somit immer weiß, wie er wen und wann beeinflussen muss und kann. Sein Opfer ist dabei der Papa, der wohl den schwächsten Part in der Familie bildet und somit des Königs erstes Ziel ist. Doch wie jeder von sich eingenommene Charakter wird auch der Gurkenkönig irgendwann leichtsinnig und begeht Fehler.

Wunderschön gezeichnete Alltagsmenschen, die mit Schwächen und Stärken daher kommen und so für ein authentisches Bild sorgen.


Aufmachung des Buches
Das kleine handliche Buch ist als Klappenbroschur ausgelegt und zeigt auf dem farbig gestalteten Cover die Szene als Familie Hogelmann den Gurkenkönig kennen lernt. Im Vordergrund befindet sich der Erzähler der Geschichte, Wolfgang. Als Gimmick befindet sich bei dem Buch eine CD mit den schönsten Auszügen aus den Kapiteln - gelesen von Stefan Kaminski; insgesamt 88 Minuten Bonusmaterial. Seine tiefe, sonore Stimme wirkt sehr angenehm und wertet den Gesamteindruck noch einmal auf.


Fazit
Eine wunderschöne Erzählung über familiären Zusammenhalt und den Unterschied zwischen Putsch und Rebellion. Witzig und gesellschaftskritisch zugleich – also auch was für Erwachsene. Darf in keiner Kinderbuchsammlung fehlen!


5 Sterne


Hinweise
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